Josh

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Wochen lang versteckte ich mich in meinem Zimmer. Tomman und Jennet, meine Pfleger und Ärzte, versuchten mich irgendwie aus meinem Loch der Trauer raus zu locken... aber keine Chance. Mein Vater fand wegen mir keinen Frieden, was hatte ich mir bitte dabei gedacht?! Ich versuchte durch Luana an Informationen über das Jenseits oder "Die andere Seite" zu kommen. Leider fand sie weder heraus, was mit meinem Vater passierte, noch was dort alles vor sich ging... Nichts von Belang. Aufgeben kam für mich aber nicht in Frage. Ich war es ihm doch schuldig oder? Es ist meine Schuld. Aber wie zur Höhle soll ich ihn finden, wenn selbst er gesagt hatte, dass wir uns nie wieder sehen würden? Mein Schädel tat von meinen ganzen Überlegungen und Problemen weh und ich entschied daher, mir eine lange und heiße Dusche zu gönnen. Das Wasser ließ mich entspannen und lockerte meine verspannten Gelenke. Ich verdrängte meine Gedanken und allmählich ging es mir wieder besser. Meine Heilung sollte nicht darunter leiden, dass mein Vater mich abermals verlassen hatte. Klar irgendwie hatte ich den Abschied verschlimmert, aber was soll's ich kann nicht ewig Trübsal blasen... Ich schlang ein Handtuch um meinen Körper und machte mich auf den Weg zurück in mein Zimmer. Mein Zeichenblock wartete schon ungeduldig auf mich. "NA Prinzessin?" Oh man... er ließ mich wohl nie in Ruhe. Josh stand breit grinsend vor meiner Tür und lehnte an meinem Rahmen. "Was ist Josh?" fragte ich ihn genervt. "Darf ich dich etwa nicht mit meiner Gesellschaft entzücken?" er grinste noch breiter und zwinkerte mich auch noch schämig an. "Klar, warum auch nicht..." , ich gab mich lieber geschlagen, als eine endlose Diskussion zu provozieren. Er ließ mich durch und folgte mir in mein Zimmer. "Könntest du dich bitte umdrehen?" "Warum sollte ich?" "Weil du meine Faust nicht ins Gesicht bekommen willst..." gab ich zuckersüß zurück. "Ach ganz ruhig Prinzessin. Da gibt es eh nichts zu sehen." lachte er. "Du wärst überrascht, Arschloch." jetzt bekam ich einen ungläubigen Blick geschenkt. "Ich bin sowieso von dir überrascht." Ich verdrehte meine Augen und zwang ihn sich umzudrehen. Idiot. Ich tippte ihm auf die Schulter, um ihm klar zu machen, dass ich fertig sei. Er sah sich interessiert in meinem Zimmer um. "Du kannst echt gut zeichnen..." sagte er und sah meine dunkelste Zeichnung an, die ein Mädchen an einem Baum zeigte. Sie starrte traurig und mit Wut in den Augen hoch... Dort hang ein Mann... mit einer Schlinge um den Hals... Man sah wie das Leben aus ihm wich. Alles nur mit Schwarz und grauen Farben gezeichnet. Ja es war die erste Zeichnung, die ich hier aufgehängt hatte. Klar kein gutes Zeichen für die Ärzte, aber das war mir immer egal. Ihre Meinungen interessierten mich einen Dreck. Er sah immer noch auf die Zeichnung und war wohl komplett weg mit seinen Gedanken. Vorsichtig ging ich zu ihm und ließ meine Hand auf seiner Schulter ruhen. Kurz zuckte er zusammen und sah meine Hand gebannt an. "Was ist?" fragte ich ihn ängstlich. "Nichts... es ist nur, Niemand hat mich seit Jahren so angefasst." Schnell zog ich meine Hand weg, doch er kam mir zu vor und drückte sie wieder an ihren Platz. Ich sah ihn verwirrt an, doch er lächelte nur warm. "Das tut echt gut." Jetzt lächelte ich auch. "Das freut mich." Er sah mich mit seinen blauen Augen an und wollte wohl tief in meine Seele schauen, doch ich ließ ihn nicht. Dort lauerte so viel Schmerz und Leid... ich bin nicht bereit ihm sie zu zeigen. Ich ging zu einer anderen Zeichnung. Sie war heller und fröhlicher, als die Anderen. Sie stammt aus der Zeit, wo ich meinen Vater wieder hatte. Es war ein Abbild von der Wiese aus meinem Traum. Haargenau hatte ich sie nachgezeichnet. Mit allen Farben... mit allen Gefühlen die ich verspürt hatte. Conner, der Junge aus diesem Traum stand am Rand des Waldes und ließ das Bild wiederum beängstigend wirken... er starrte direkt aus dem Bild heraus. Josh bemerkte ihn auch sofort. "Schönes Bild, wirklich, aber was soll der Typ da?" Tja das konnte ich mir damals auch nicht erklären, aber jetzt weiß ich es. Er hat mir schon damals mitgeteilt, dass ich meine Gabe erhalten hatte. Ich schwieg, weil ich ihm keine plausible Antwort geben konnte. "Okay du musst es mir nicht sagen, wäre nur interessant gewesen..." "Ja für dich." Damit war für mich das Gespräch über das Bild vorbei. Ich ging zu meinem Bett und kuschelte mich in die Laken. Er kam vorsichtig näher und ich gewährt ihm neben mir Platz zu nehmen. Wir unterhielten uns über unwichtige Themen und verstanden uns langsam besser. Klar er war immer noch ein Arsch , aber mit diesem Josh konnte ich leben. Er erzählte mir, dass er früher Schlagzeug gespielt hatte und wie er Lieder für seine Schwärme geschrieben hatte... er sang mir sogar eines vor. Ich war so gerührt, dass mir eine Träne runterkullerte. Es war so mitreißend und ich konnte alles mit fühlen, was er damals gefühlt hatte. Ich konnte kaum glauben, dass diese Worte aus seinem Mund kamen. Am Ende klatschte ich laut und wischte meine Träne fort. Ab diesem Abend sollte es für mich keine Tränen mehr geben... Josh und ich wurden Freunde. Er war für mich da und ich für ihn und so erzählte er mir eines Tages, warum er hier eingeliefert wurde... Das auch er eine schmerzhafte Vergangenheit hinter sich hatte, kam mir so unwirklich und falsch vor. Ich wollte nicht dass noch Jemand so litt wie ich. Seine Mutter hatte ihn und seinen Vater verlassen, als er drei Jahre alt wurde. Sie ließ ihr Leben hinter sich und ließ einen weinenden Josh bei ihrem Alkohol abhängigen Ehemann. Verantwortungslos! Ich meine was soll das? Wie kann man ein Kind nur so ausliefern!? Ich konnte sie nicht verstehen... Sein Vater schlug ihn soweit, dass er irgendwann im Krankenhaus landete... Das erinnerte mich auch an mich, wie ich von James... egal. Die Ärzte entzogen seinem Vater dann das Sorgerecht und verfrachteten ihn in ein Heim, ab da beging er Straftaten und kam kurze Zeit in den Jugendknast, bis... bis er einen Jungen fast tot prügelte und die Ärzte bei ihm psychische Störrungen diagnostizierten... da brachten sie ihn hier her. Ich konnte in seinen Augen die Reue und den Schmerz sehen. Es war nicht seine Schuld, sondern die seines Vaters... "Das tut mir so leid..." flüsterte ich ihm ins Ohr und nahm ihn fest in die Arme. "Mir auch..." ich hörte wie er weinte und sich windete. Es muss für ihn so unerträglich sein... Die Welt war gegen ihn, zumindest dachte er das, doch ich versprach ihm , dass alles sich zum besseren wenden wird, schließlich haben wir noch unser ganzes Leben vor uns. Wir können noch so viel anders machen und bessere Menschen werden, obwohl Josh für mich schon besonders ist, er brauch sich nicht zu ändern... Die Vergangenheit ist vergangen... darauf kommt es an. Seine Lebensgeschichte erinnerte mich auch an meine, doch ich war nicht bereit für die Wahrheit. Ich wollte es mir selbst nicht eingestehen, ich wollte nicht das der Albtraum real wird... doch das würde passieren, wenn ich mich Jemanden anvertrauen würde... "Ich glaube die halten mich für einen Sadisten" Josh fing an zu lachen. "Denkst du?" fragte ich ihn ungläubig. "Klar, wie oft die mich schon in eine Gummizelle oder Zwangsjacke gesteckt haben... Nur weil ich manchmal austicke." Jetzt lachte ich. "Glaub mir, dann müssen sie von mir genau das gleiche denken." "Warum?" "Am Anfang stand ich unter strengster Beobachtung... Ich bin öfters ausgerastet." Er hielt mir grinsend seine geballte Faust hin. Ich drückte daraufhin meine gegen seine und wir lachten über uns. Vielleicht sind nicht wie die verrückten, vielleicht sind es die Pfleger. "Wenn ich 18 bin hau ich hier ab Sophi." Er hatte mich Sophi genannt! Sonst nannte er mich nur Prinzessin... Moment. Er will weg? "Josh... ich will aber nicht das du fort gehst." meine Stimme drohte zu brechen. Die letzten Monate waren so unbeschwert und ich will sie nicht aufgeben! Josh nahm mich in seine starken Arme. "Es sind noch zwei Jahre... und wenn die um sind und ich gehen kann... nehme ich dich mit Sophi." flüsterte er liebevoll in mein Ohr. Ich konnte seinen Herzschlag an meinem Rücken spüren und augenblicklich schlich sich eine Gänsehaut auf meinen Körper. Er war so nah... sein Atem strich mein Ohr. "Versprochen?" murmelte ich zurück. "Ich schwöre es." Zwei Jahre. Dann würden wir gemeinsam verschwinden. Besser konnte es nicht werden... doch ich hatte mich stark geirrt, denn Josh drehte mich zu sich um, nahm mein Gesicht in seine Hände und küsste mich. ER küsste mich! Mein erster richtiger Kuss... ohne Zwang, nur aus Liebe. Liebe? Wusste ich überhaupt was Liebe bedeutete? Meine Mutter und mein Vater hatten sich geliebt. Bei ihnen konnte man die Liebe in der Luft greifen... Aber war zwischen mir und Josh, Liebe überhaupt möglich? Ich meine mit unserer Vergangenheit? Wären wir in der Lage wieder zu lieben und zu vertrauen? Ich hoffte es aus tiefsten Herzen... Ich drängte meine Gedanken zurück, denn jetzt war nur Josh und unser Kuss wichtig...

Lunatic AsylumWo Geschichten leben. Entdecke jetzt