Kapitel 23

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Hallo! :)

Ich grüße euch recht herzlich und wünsche euch einen wunderschönen Abend.

Ich habe ein neues Buch veröffentlicht! Es heißt "The After Storm" und spielt in Österreich. Das Cover ist natürlich von xDreamingFirex , ihre Premades sind der reine Wahnsinn. Wenn ihr also mal keine Inspiration habt oder einfach etwas Schönes sehen wollt - tut euch einen Gefallen und schaut in ihr Premadebuch oder ihr Coverbuch! :D So, jetzt habe ich aber genug (echte) Begeisterung abgelassen.

Wenn ihr meinen Schreibstil mögt und auf außergewöhnliche Lovestorys mit #LGBT steht, würde ich mich wirklich riesig freuen, wenn ihr mal rein lesen würdet. Es ist mein Sommerprojekt, dass heißt, das ich es wahrscheinlich auch innerhalb meiner Sommerferien beenden werde.

Ansonsten wünsche ich euch ganz viel Spaß mit diesem neuen Kapitel von "Victim"! <3

Liebe Grüße, Jean xxx

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Ich fragte mich, wer außer mir noch an einer Kurt-Cobain-Phobie litt. Echt ätzend.

Da hätte ich ja lieber Angst vor Spinnen wie Valerie, als nicht mehr meine Lieblingsmusik hören zu dürfen. Frustriert ließ ich mich auf mein Bett fallen und starrte an die weiße Decke.

Es gab so viel, was ich tun könnte und gleichzeitig hatte ich nichts zu tun. Eine grauenvolle Situation.

Gestern, am Montag, waren Margot und Nikki doch noch länger geblieben als eigentlich geplant. Irgendwann, nach ein Uhr morgens, hatte ich sie schließlich abwimmeln können, ohne unhöflich zu erscheinen. Man konnte sich meine Erleichterung kaum vorstellen, als ich endlich hinter der lustig giggelnden Yoko und der dauerhaft plappernden Margot die Tür hatte schließen können.

Doch jetzt vermisste ich ihre Gesellschaft  merkwürdigerweise etwas.

Ich spielte erst mit dem Gedanken, die vielen Kartons auszupacken, die noch in der hintersten Ecke meines neuen Zimmers auf mich warteten. Den letzten Rest an Büchern und Klamotten würden Mama und Papa in der nächsten Woche vorbeibringen, da mein Umzug ja doch recht überstürzt gewesen war.

Diese Idee verwarf ich rasch wieder. Es hätte nämlich bedeutet, dass ich endgültig zu Hause angekommen war. Was definitiv nicht stimmte. Auch wenn Valerie alles Mögliche tat, damit ich mich wohl fühlte, kam ich mir noch immer wie ein vorübergehender Gast vor.

Vielleicht war Zuhause auch kein Ort, sondern eine Person. Wer war mein Zuhause?

Jemand unter 7 Milliarden Menschen. Jemand, den ich noch nicht kannte. Jemand, der irgendwo da draußen war und sich fragte, wer sein Zuhause war.

Schließlich war ich es leid, auf dem Bett zu liegen und wirr vor mich hin zu grübeln. Gerne wäre ich laufen gegangen, um den Kopf frei zu bekommen. Mein Bett gab ein knautschendes Geräusch von sich, als sich mein Körper von der Matratze erhob.

Normalerweise hätte ich nun meinen Umzug nach Köln vorbereitet, vom Kaufen der Möbel bis hin zum Lesen der Juralehrbücher. Hinzu wären auch die Planungen für den Abiball gekommen, mit meinen Freundinnen hätte ich mich über unsere Kleider ausgetauscht und als eine der Jahrgangsbesten an meiner Rede geschrieben.

Ich hätte wahrscheinlich kaum Zeit zum Luftholen gehabt. Und jetzt? Jetzt wusste ich vor Langeweile nicht, was zu tun war.

Im Leben kam alles anders, als man dachte. Mal besser, mal schlechter.

Aber hatten wir die Dinge nicht selbst in der Hand? Warum war es uns Menschen nicht vergönnt, selber über unser Schicksal zu entscheiden?

Entschlossen griff ich zum Telefon und wählte Nikkis Festnetznummer. Gespannt wartete ich ab, doch je mehr Zeit verstrich, desto schneller sank mir der Mut. Das Piepen wurde unerträglich laut in der Stille, sodass ich schließlich mit dem stark zitternden Zeigefinger meiner rechten Hand auf den roten Knopf drückte.

Ich brachte es nicht über mein zerbrochenes Herz, noch einmal anzurufen. Der Kloß in meinem Hals schwoll immer weiter an und hatte schon eine gefährliche Größe erreicht. Nikki wollte mich nicht sprechen.

Nikki. Wollte. Es Nicht.

Die Verzweiflung trieb mir bittere Tränen in die Augen. Ich fühlte mich so hilflos gegenüber dem Umstand, dass ich dabei war Nikki zu verlieren. Nicht einmal den Grund zu kennen machte mich rasend, am liebsten wäre ich auf der Stelle zu ihr gefahren und hätte an ihrer Tür Sturm geklingelt.

Ein Schluchzen entwich mir und ich presste verbissen die Hand auf den Mund.

Doch es war beinahe unmöglich, die Tränen zurückzuhalten, sie kamen einfach, unaufhaltsam rollten sie über meine Wangen und lösten eine wahre Überflutung meiner Gefühle aus.

Ich stürmte ins Badezimmer, wo die Dusche mich bereits sehnsüchtig erwartete. Heute brauchte ich besonders lange, um alles abzuwaschen. Zu viel war in den letzten Tagen passiert, als dass man es mit einer einzigen Dusche hätte reinigen können. Der Scham zwang mich beinahe in die Knie, der Schmutz war hartnäckig.

Nachdem ich mich abgetrocknet hatte, ging ich mit langsamen Schritten in die Küche zurück und machte mir dort einen Tee. Ich hatte ja gemerkt, wie prima das geholfen hatte. Mensch, so ein Wundermittel aber auch.

Wenigstens schmeckte es.

Mit einem von Tränen verschleierten Blick wandte ich mich Valeries Bücherregal im Wohnzimmer zu und dachte an den Rat von Grace, mir ein neues Hobby zu suchen. Warum eigentlich nicht lesen? Was sprach dagegen? Immerhin bestand keine Gefahr, dass mir dabei der Schweiß ausbrach und mich in einen Flashback zurückwarf.

Ich schluckte schwer und trat zögernd an das große, weiße Regal heran. Mit zwei Fingern fuhr ich langsam und bedächtig über die vielen dicken Buchrücken und musste grinsend feststellen, dass meine große Schwester hauptsächlich romantische Kitschromane las, die Nikki mit ihrem Blick tiefster Verachtung bestraft hätte.

Schon wieder wanderten meine Gedanken zu Nikki und ich merkte, wie mein Grinsen verblasste. Mit einem Stoßseufzer suchte ich weiter nach Büchern, deren Cover nicht rosarot leuchtete. War es denn zu viel verlangt, einen Roman lesen zu wollen, deren Titel nicht die Wörter 'Herz' und 'Schmerz' enthielt?

Gerade wollte ich schon verzweifelt ein besonders dickes, pinkes Buch zurück ins Regal wandern lassen, als ich einen genaueren Blick auf die Überschrift warf: Sherlock Holmes - Gesammelte Werke (von Arthur Canon Doyle).

Na, wenn das nicht mal eine willkommene Abwechslung zu all dem Kitsch um mich herum war, dann wusste ich auch nicht.

Fast liebevoll strich ich über das pinke Cover des Sammelbandes, auf dem die rauchende Silhouette des Detektivs abgebildet war.

Das war perfekt. Nicht zu grausig und auch nicht zu romantisch. Entschlossen nahm ich auf der Couch Platz und tauchte ein ins späte 19. Jahrhundert in England.

Erst als Valerie am frühen Abend in unsere Altbauwohnung zurückkehrte, verabschiedete ich mich schweren Herzens wieder von London und der Baker Street 221B.


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