Kapitel 7:

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Am Tag danach:

„Du hast getrunken und bist trotzdem hierhergekommen?!”, fragte ich fassungslos. Er kam wortlos rein und machte es sich auf meiner Couch gemütlich. Viel zu gemütlich.

„Du kannst gar nicht glauben, wie sympathisch mein neuer Nachbar ist und als ich ihn das erste Mal gesehen habe, dachte ich, dass er ein arroganter Schnösel ist”, sagte er und sein Mundgeruch verteilte sich im Wohnzimmer.

Whisky. Die braune Brühe, die mein heißgeliebter Bruder so gerne trank wie seinen Milchkaffee.

„Durch ihn würde ich sogar schwul werden”, plapperte er weiter und grinste über beide Ohren. Er war definitiv betrunken, denn anders konnte ich es nicht beschreiben. Seine Wangen glühten und seine Augen waren kugelrund, begeistert von seinem Nachbarn. Genervt verdrehte ich meine Augen und verschränkte mein Arme leicht säuerlich.

„Du verflixter Mistkerl”, sagte ich knurrend und warf ihn mit einem Kissen ab.
Er lachte, wobei dies ziemlich bescheuert klang und dazu auch aussah. Sein Lachen ging in ein Glucksen über.

„Was hat er denn so gesagt?”, fragte ich kleinlaut und ärgerte mich gleichzeitig, dass ich so neugierig war und mich nicht zurückhalten konnte.

„Wir haben eigentlich nur über Sport geredet und sonst haben wir nur paar Dinge über unsere Familie ausgetauscht”, sagte er locker und zuckte mit seinen Schultern, als wäre dies das Selbstverständlichste überhaupt.

„Du hast was?”

Er kannte den Kerl nicht länger als eine Woche und erzählte ihm schon etwas über unsere Familie. Familie. Mir wurde bei diesem Wort übel.
Zwar wusste er, wo die rote Linie war, dennoch zweifelte ich an seinem Verstand, wenn er betrunken war. Mason könnte zügellos werden, wenn er zu viel Whisky zu sich nahm.

„Wir haben beschlossen, zusammen zum Fitnesscenter zu gehen”, sagte er begeistert und griff nach dem Orangensaft auf dem Tisch, doch fasste zunächst daneben.
Mason war ein totaler Sportfanatiker, weswegen es mich nicht wunderte, dass er so begeistert war und Feuer und Flamme war, dass er jemanden gefunden hatte, mit dem er sich unglaublich gut zu verstehen glaubte.

Ich hatte die Weingläser mit Absicht fein säuberlich gesäubert und nun verwendete er einen von ihnen, um sich darin Saft einzuschenken und das auch nicht gerade mit einer ruhigen Hand.
Wenn das auf meiner Tischdecke landet, bringe ich ihn um, beschloss ich in Gedanken und schickte Gebete in den Himmel.

„Du hast mir nie erzählt, dass die Menschen hier so unglaublich sympathisch sind”, sagte er begeistert und säuselte etwas vor sich hin, bevor er innehält und seinen Kopf hob, mir mit großen Augen und ein3m fetten Grinsen in das Gesicht sah.

„Ist dir dieser Typ jemals aufgefallen, als du beim Haus warst?”, fragte er  und trank einen ganzen Zug aus dem Weinglas. Fassungslos starrte ich meinen Bruder an, der eindeutig nicht mehr ganz bei Sinnen war.

„Und wenn?”, fragte ich und versuchte nicht zu ihm zu schauen. Ich brauchte dringend einen anderen Punkt zum Anstarren, da dieser Anblick mich zur Weißglut brachte. Nein, ich hatte noch keinen Nachbarn in der Nähe vom Haus kennengelernt, wenn ich ehrlich war.

„Ich hatte das Gefühl, als würdet ihr euch kennen, da er so viel über dich gefragt hatte. Also naja er hat so viel über meine Schwester, die natürlich du bist, gefragt”, sagte er unbekümmert.

Ein Kloß bildete sich in meinem Hals. Was für einen Psycho hatte mein Bruder bloß als Nachbarn und nun leider auch als neugewonnenen Freund?
Vielleicht wäre es besser, dass er in Zukunft Abstand von ihm hält. 

„Halt dich besser von ihm fern. Ich habe kein gutes Gefühl, was deinen Nachbar betrifft”, sagte ich vielsagerisch und schaute ihn ernst an, wobei ich versuchte ruhig zu bleiben,  doch als er sich erneut etwas Saft in das Glas einschenkte sog ich die Luft scharf ein.

,,Du bist nur paar Sekunden älter", spottete er und fuhr sich durch die schokobraunen Haare, ließ das Glas wippen und ein wenig von der orangenen Flüssigkeit über den Rand schwappen. Ich lenkte mich ab und dachte an die guten Zeiten, die uns prägten.
Meine Gesichtszüge wurden durch diese Geste weicher und ich erinnerte mich noch daran, als wir die besten Bauklotzhäuser gebaut hatten und wie wir uns immer geärgert hatten. Egal, was Mason auch Böses sagen oder tun würde, ich würde ihm verzeihen. Er war mein kleiner Bruder und so würde es auch bleiben.

,,Und? Trotzdem bin ich älter", sagte ich und streckte ihm die Zunge aus. Er schüttelte seinen Kopf und bevor er seinen Mund erneut am Glasrand ansetzten wollte, drehte ich mich um.

,,Dein Abendessen ist in der Mikrowelle", sagte ich und ging zum Bad. Heute war garantiert nicht mein Tag. Die Arbeit war wiedermal anstrengend gewesen und ich hatte eigentlich einen gemütlichen Abend mit Mason geplant, doch der werte Herr hatte andere Pläne gehabt.

Dass ich ihn betrunken alleine ließ und sogar erwartete, dass er sich selbst etwas zu essen nahm, war nicht gerade gastfreundlich.
Doch die Tatsache, dass wir uns heute erst nach Monaten wieder sahen und er nun in einem nicht gerade vernünftigem Zustand war, machte mich sauer.

Mein bescheuerter Bruder hatte mich, wegen einem Fremden, versetzt.

 
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Ein einfacher Füller :D
Noch einen schönen Tag ❤

LG
Taz

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