Kapitel 33:

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Dylan

Ich trug die Tassen zu unseren Tisch und beobachtete, wie sie ihren Schal um ihrem Hals lockerte und nervös auf ihrer Unterlippe kaute.

Als ich die Tassen auf den Marmortisch ablegte, zuckte sie auf und blinzelte mehrfach. Nun war Katelyn im Hier und Jetzt, was sie nicht sonderlich zu mögen schien. Zumindest verstand ich ihr voreiliges Handeln nicht. Sie griff nach der Tasse und schob sie mit dem Teller zu sich, jedoch mit solcher Geschwindigkeit, dass ein wenig Kaffee über den Rand schwappte und sogar auf dem dunklen Marmor landete. Sie wisperte ein leises 'Oh gott' und hatte vor sich zu erheben.

„Katelyn, ich habe Servietten", sagte ich
und ließ diese in der Luft schwanken. Sie blickte mich zweifelnd an und zwang sich ein Lächeln. Ihre Wangen röteten sich und sie setzte sich mit leicht gesenktem Kopf. Ich wusste nicht, was in ihrem Köpfchen passierte, doch es musste etwas Besorgniserregendes sein, denn einem Menschen, der so neben der Spur war, hatte ich noch nie so zu Gesicht bekommen. Gut, bei mir hatte auch die äußere Härte und ein diszipliniertes Verhalten größeres Gewicht gehabt als die unnötigen Gedanken, die man sich machte. Mir waren die vielen One-Night-Stands ausreichend. Sie waren es.

Ich wischte den Kaffee vom Tisch und warf ihr hin und wieder einen Blick zu. Sie hatte ihren Kopf zur Scheibe gewandt, die Wange dennoch gerötet, zumindest hatte ich nur den Blick auf ihre rechte Partie und ich könnte schwören, dass sie so aussah als würde sie beinahe erneut in Tränen ausbrechen.

Vielleicht hatte ich den falschen Weg eingeschlagen. Ich war es nicht gewöhnt gewesen, eine Frau zum Kaffee einzuladen, von der Arbeit natürlich abgesehen. Weder wusste ich, warum ich mich fehl am Platz fühlte. Ich tat nicht das Übliche, stattdessen schmiss ich meinen Job gerade nahezu in den Mülleimer.
Lächerlich, ich wusste-

„Sie liebt den Regen."

Was?
Ich legte die benutzen Servietten zur Seite und folgte Katelyns Blick. Die Sonne schien jedoch hell und erläuchtete sogar die dunkelsten Gassen aller.

„Jetzt verstehe ich auch warum", wisperte sie und wandte sich ihrer Tasse zu. Kurz blickte sie mich an, schien wissen zu wollen, ob ich verstand. Ich meinte, weshalb redete sie jetzt über das Wetter? Ich meinte ich hatte noch einge Meetings vor mir, die ich bestmöglich nicht verpassen wollte. Ich wurde nicht aus ihr schlau.

„Durch die Sonne vergisst man das Schlechte. Während viele Lächeln, weil die Sonne so wundervoll strahlt, verdursten andere, die sicherlich auch verhungern. Die Sonne vertuscht Schlechtes. Vertuscht, dass möglicherweise gerade jemand stirbt, vielleicht durch Zufall...vielleicht...vie.." .
Katelyn hielt inne und sie biss die Zähne fest aufeinander, eine Träne kumlerte ihre Wange runter.

Ich blickte in grüne Augen. Ihre Augen waren glasig, doch ein leichtes Lächeln war auf ihren Lippen. Sie schnaubte verächtlich.

„Doch nichts ist gut. Wir reden uns den ganzen Scheiß nur ein."

„Das tun wir, doch so ist es nun einmal. So ist das Leben."

Sie trank einen kurzen Schluck bevor sie erneut schwach lächelte, sodass ihre verdammt schlechte Laune kaum zu übersehen war.

„Also kann man es auch dem Leben zuschreiben, wenn man psychisch nicht mehr ganz bei Sinnen ist? Oder ist es normal, wenn man.."

Natürlich konnte man nicht. Sie hatte gewissermaßen recht, doch sie sollte verdammt noch mal nicht um den Brei reden. Sie atmete laut aus und lehnte sich vor. Ihre Augen spiegelten mein Gesicht, so unfassbar glasig waren diese.

„...so unfassbar zerbrechlich ist und nichts Anderes mehr vor Augen sieht, als den Selbstmord. Können wir dies alles auf den Satz 'So ist das Leben' einschränken?"

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