Kapitel 29:

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Ich malte in das heiße Wasser Kreise, die kurz danach wieder verschwanden. Das Gefühl der Schwere wurde stärker, sodass ich mich mehr in dem Schaum und dem heißen Wasser suhlte. Das heiße Wasser umhüllte meinen Körper und wirkte unfassbar angenehm. Doch dennoch hangen die Müdigkeit und die Erschöpfung in der Luft, denn ich fühlte mich mehr, als nur ein wenig, ausgelaugt. Baden tat ich nie, sehr selten sogar. Es kostete zu viel, weswegen ich festgelegt hatte, dass ich nur in Notfällen badete. Ich hatte heute das dringende Bedürfnis gehabt, das Gefühl der Schwerelosigkeit spüren zu müssen und erst recht meine Gedanken sortieren zu müssen.

Ich schloss die Augen und tunkte mich ins Wasser, ließ mich vollkommen vom Wasser und dem Badeschaum umhüllen. Ich brauchte Zeit zum Überlegen, zum Überdenken, denn ich wusste nicht, was dieses seltsame Flattern in mir verursachte. Allein nur, wenn ich an ihn dachte, wurde dieses Flattern stärker.

Ich kniff die Augen zusammen, denn ich verstand mich nicht. Ich verstand nicht, wie ich den Mann mögen konnte, der mir etwas Wichtiges nehmen wollte und der mich vor Publikum bloßgestellt hatte. Wie konnte ich den Mann mögen, der mit meinem Ex-Ehemann befreundet war, sogar sehr gut befreundet war, denn Kyles Nähe hatte ich niemals wieder spüren wollen. Als der Druck stieg und mein Verstand nach Luft rief, mir Wasser in die Nase kam, ließ ich meinen Kopf an die Oberfläche gelangen.

Laut atmete ich aus und fuhr überfordert über meine nackten Arme, lehnte mich dann gegen den Badewannenwand, der sich angenehm auf meiner Haut anfühlte.

Als ich aus dem Haus gegangen war, hatte sich Masons Haus gegenüber von mir erstreckt. Ich hatte erstmal in Schockstarre verharrt und hatte erst nach kurzer Zeit realisiert, dass Mr. Wayne tatsächlich sein Nachbar war und somit auch der war, der direkt gegenüber vom Haus wohnte. Mason hatte mir mal von einem 'coolen' Nachbar erzählt. Hatte er Dylan gemeint? Hatte ich Dylans Augen voller Sehnsucht angeschaut, als ich an meiner Geburtstagsnacht an der Scheibe gestanden hatte?
Fragen, die mich, seit dem ich Dylans Haus verlassen hatte, nicht loslassen wollten. Mir wurde heiß und kalt zugleich, sodass ich auch langsam das Gefühl verspürte, mitten in der Pubertät zu sein. Oh Gott, Rosalie!

Verzweifelt ließ ich einige Tropfen auf dem Rand tröpfeln und beobachtete die Tropfen, die die Decke und somit auch das Licht spiegelten.
Ich mochte Dylan. Ich mochte ihn sogar sehr und er hatte mir bewiesen, dass auch er etwas Fühlte, oder ich naive Frau hatte dies geglaubt, doch mich bekam die Vermutung nicht los, dass er mich hatte küssen wollen. Vielleicht war ich auch einfach nur zu überfordert gewesen.

Mir graute es, an den Moment zu denken. So graute es mir erst recht, ihm noch einmal vor die Augen zu treten. Ich hatte mich zum einen blamiert und zum anderen wusste ich nicht so recht, wie unser Verhältnis nun war.

Ich zog meine Beine zu mir und umschloss diese mit meinen Armen. Das Wasser begann zu schwanken, doch hatte nicht das Bedürfnis die Badewanne zu verlassen, worüber ich extremst glücklich war, weil ich nicht vorhatte, den Badezimmerboden zu schrubben.

Ich nahm ein Klingeln im Hintergrund war, weswegen ich meine Augen schloss und mein Kinn zwischen meine Knie tat und den rosigen Duft einatmete. Rief Kate etwa an? Oder, noch besser, Dylan?

Doch ruckartig öffnete ich meine Augen, als mir klar wurde, dass ich keinen Klingelton hatte, der der meines Haustürklingeltons so sehr ähnelte.

So stand ich schnell auf, sodass ich die Flüssigkeit zum Schwanken brachte, öffnete mit Gewalt die stopfung. Ich wusch mich kurz mit warmen Wasser, trockene mich ab und schlüpfte so schnell wie nur möglich in den Bademantel. Dies hatte ich in zwei Minuten geschafft und das Klingeln hatte, gott sei dank, noch nicht aufgehört.

Schnellen Schrittes lief ich auf meine Haustür zu und sperrte die Tür auf. Ich hielt die Luft an, als ich Designerschuhe ausfindig machte. Zuerst hatte ich gedacht, dass Mrs. Cliff irgendeine Zutat für ihre Bäckereien benötigte, da die ältere Dame dies oft tat, wenn sie backte, doch dass Mrs. Cliff keine Designerschuhe trug, und auch erst recht keine, die für die Männerabteilung gedacht waren, hatte meine Vermutung unwahrscheinlich werden lassen.

Mein Kopf schoss in die Höhe, so wuchs auch das Lächeln, das sich auf meinen Lippen befand.

Doch schlagartig vereiste mein Körper. Mein Puls frierte sich ein und auch mein Herz hatte aufgehört zu schlagen. Stattdessen fing es an, wegen des Drucks, zu zersplittert. Ich war nun nicht mehr länger eine Marionette.

Ich war nun eine Statue, die zuließ, dass Kyle sich den Weg durch die Tür machte und noch nicht einmal Anstalten machte, die teuren Schuhe auszuziehen, die bestimmt einen blutigen Boden berührt hatten.

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