» Überraschung

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  „Lynn, bist du nun endlich fertig?", hörte ich Bills Stimme, als ich meine Haare gerade noch einmal durchbürstete und mich in dem großen Ganzkörperspiegel in Bills Zimmer betrachtete. Ich hatte mir eine helle durchlöcherte Jeans angezogen, schwarze Chucks und dazu einen warmen dicken Pullover.
„Ja, ich komme.", rief ich zurück, schnappte mir noch meine Umhängetasche, welche ich seitlich über meine Schulter warf und verließ, nachdem ich noch einmal durch das Zimmer gesehen hatte, den Raum um in den Wohnraum zu gehen.
„Wo willst du denn nun mit mir hin?", grummelte ich, als ich auf ihn zuging und mich vor ihn stellte.
„Lass dich doch mal überraschen.", grinste Bill nur breit. „Aber wir müssen auch los."
„Oh, Bill.", ich stellte mich vor ihn und piekste ihn in seinen Bauch, worauf er leicht zusammen zuckte und meine Hände in seine nahm, um sich vor meinen Attacken zu schützen.
„Bill...", jaulte ich. „Sag doch."
„Nö.", grinste er, drehte meine Arme bestimmend aber dennoch sanft auf den Rücken, drückte mir einen Kuss auf die Stirn und ging zur Couch, um sich seine Jacke zu schnappen. Verdutzt sah ich ihm dabei zu.
„Dann lass uns jetzt wenigstens ganz schnell fahren, damit ich endlich weiß, was hier abgeht.", ich verschränkte meine Arme vor der Brust und schob meine Unterlippe vor.
„Du bist süß.", lachte er. „Aber ich warte wie gesagt schon seit zehn Minuten auf dich. Wir könnten schon fast da sein.", leicht streckte er mir die Zunge raus.
„Nun komm.", sagte ich und tapste in schnellen Schritten an ihm vorbei zur Tür, um endlich die Wohnung zu verlassen und meiner Überraschung näher zu kommen.
„Wie lange noch?", ungeduldig rutschte ich auf dem Beifahrersitz hin und her, sah nebenbei aus dem Fenster um ja nicht zu verpassen, wenn mir etwas bekannt vorkam. Doch hier draußen – abgeschieden wie eh und je – verließ mich die Hoffnung auf einen mir bekannten Ort schier.
„Moment...", sagte Bill nur konzentriert, setzte seinen Blinker mit dem Zeigefinger nach rechts und bog in eine Einfahrt ein. Verwundert sah ich mich um.
Der Audi fuhr durch ein geöffnetes Tor und befand sich nun in einer Art Innenhof. Um uns herum erstreckte sich eine große Mauer aus roten Backsteinen.
„Da wären wir.", teilte Bill mir mit.
„Ähm...", sagte ich nur, entwich seinem Blick und sah nach draußen. Ich kam mir leicht verarscht vor. War das seine Überraschung? Ein dreckiger Innenhof einer Lager- oder Fabrikhalle? Ich wollte und konnte ihn nicht ansehen, da ich viel zu viel Angst davor hatte, dass mein Blick mehr Enttäuschung präsentierte als mir lieb war.
„Steig erst mal aus.", versuchte er mich zu beruhigen und machte es mir vor. Leicht schüttelte ich meinen Kopf, kniff meine Augen zusammen und stieg dann aber doch aus. Meine Tasche warf ich mir wieder über meine Schulter.
Als ich die Autotür hinter mir zuwarf, richtete ich meinen Blick gen Himmel und sah an der alten Fabrikhalle hoch. Sie sah alt, aber dennoch modern und keineswegs heruntergekommen aus. Ihr Eingang war eine große Tür mit Milchglas und einem schwarzen Holzrahmen. Neben der Tür standen zwei volle Buchsbäume.
„Komm mit rein.", Bill streckte seine Hand nach mir aus, als ich mit nur kleinen Schritten auf ihn zuging und nach seiner Hand griff. Mein Bauch machte mir seltsamerweise ziemlich zu schaffen, da ich tierisch aufgeregt war, was mich hier erwartete. Zumal ich nicht einen Funken Vorahnung hatte.
Als Bill mich in die Halle führte präsentierte sie sich vor mir ganz anders, als sie von draußen den Anschein machte. In dem Raum in dem wir uns nun befanden stand eine schwarze Ledercouch, eine Garderobe und ein paar Gitarrenkoffer. Aus dem Raum führten zwei andere Türen in die nächsten Zimmer. Eine Tür davon öffnete Bill und schob mich sanft in den Raum, welcher sich als Küche herausstellte.
„Wo sind wir hier?", ich räusperte mich kurz, da es das erste Wort nach einigen Minuten von mir war und sich ein kleiner Frosch in meinem Hals gebildet hatte.
„Unser Studio. Aber komm...", wir gingen quer durch die Küche, ich sah mich rechts und links um, um auch alles genau unter die Lupe zu nehmen und jeden Quadratmeter von dieser wunderschönen Küche zu begutachten.
Vor der nächsten Tür blieb Bill stehen und drehte sich zu mir um.
„Dreh dich mal um.", grinste er und nahm ein schwarzes Tuch, welches über der Klinke der Tür hing und wedelte damit kurz vor meinem Gesicht rum.
„Öh, okay.", lachte ich kurz auf und drehte mich um 180° um meine eigene Achse. Kurz nachdem ich mich umgedreht hatte, spürte ich auch schon das schwarze Tuch vor meinen Augen, welches mir wenige Sekunden später am Hinterkopf zusammen gebunden wurde.
Es war komplett schwarz vor meinen Augen, was mich noch nervöser machte.
„Bill, was hast du vor?", ich kicherte leicht, um meine Nervosität und Unsicherheit ein wenig zu überspielen.
„Wirst du gleich sehen.", ich vernahm ein leises Quietschen, was wohl die Türklinke auslöste. „Komm mit.", leicht griff Bill nach meiner Hand und zeigte mir somit den Weg, den ich gehen sollte.
Es war still und die Geräusche, welche unsere Schritte verursachten, hallten abnormal laut für eine Wohnung wider. Ein lauer Wind blies, was mich kurz frösteln ließ. Ich rümpfte meine Nase und zog meine Augenbrauen leicht zusammen. Wo war ich hier?  

Diagnose Blutkrebs - Dein letzter Wunsch veränderte mein LebenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt