Der Epilog ist da und der erste Teil der "Diagnose"-Reihe ist beendet. Ich hätte da noch einen Teil auf Lager, den ich euch in ein paar Tagen bringen würde. Also: Wer den Teil lesen möchte, der behält doch bitte seinen Eintrag der Geschichte - ich aktualisiere noch einmal.
Danke für all eure Sterne und Rückmeldungen, das bedeutet mir viel!
„Du hättest den Mann beinahe umgefahren!", lachte Bill empört, als er die Wohnungstür aufschloss und wir in die Wohnung traten.
„Habe ich gar nicht. Der hatte da außerdem nichts zu suchen.", argumentierte ich.
„Deswegen musst du ihn aber nicht gleich umfahren, Lynn!", Bill stemmte seine Hände in die Hüften und sah mich grummelig an.
„Ich habe ihn auch nicht umgefahren! Und auch nicht fast, beinahe oder knapp!", ich stemmte ebenso meine Hände in die Hüfte und sah ihn provozierend an.
„Ey, ey...", ertönte plötzlich die Stimme von Tom hinter uns. „Bevor ihr euch den Kopf einschlagt...der Mann lebt noch, nehme ich an?", ein Nicken unsererseits. „Okay...also hat Lynn ihn auch nicht umgefahren. Mag ja sein, dass sie es fast getan hätte – Lynn, schweig! -, aber die Hauptsache ist, dass er lebt und unserer kleinen Lynn das Autofahren nicht zum Verhängnis geworden ist.", versuchte Tom uns zu beruhigen. Ich schnappte kurz nach Luft, da ich wieder gegen argumentieren wollte, doch Tom stoppte mich, indem er seinen Arm ausstreckte und mich warnend ansah.
„Pscht.", machte er. „Seit wann hast du eigentlich einen Führerschein?"
„Seitdem ich 18 bin!", grummelnd schmiss ich mich auf die Couch.
„Okay, das ist noch nicht lange. Vielleicht hat Bill ja doch..." - „Klappe, Tom!", fauchte ich ihm dazwischen, bevor er aussprechen konnte, was er wollte.
Ich hasste es, wenn jemand an meinen Fahrkünsten nörgelte. Ich war vielleicht wahrlich nicht die beste Autofahrerin, aber ich kam immer heile und ohne jeglichen Unfall, Strafzettel oder Punkt in Flensburg zu Hause an. Was wollte ich also mehr?
„Okay, beruhigen wir uns einfach alle wieder. Lynn fährt gut Auto.", versuchte Bill die Situation zu retten. Ich musste grinsen. „Geht doch.", triumphierte ich nur.
„Blah, blah, blah...", äffte mich der Schwarzhaarige jedoch nur nach und nahm sich eine Tasse Kaffee.
„Habt ihr euch gestern und heute auch so super verstanden?", Tom zog skeptisch seine Augenbrauen in die Höhe.
„Wir haben uns zu gut verstanden, jetzt muss die aufgestaute Wut erst mal raus gelassen werden.", Bill sprach in einem warnenden Ton und kam währenddessen zur Couch, wo er sich neben mir niederließ. „Nicht wahr, Schnuckel.", kicherte er und drückte mir einen Kuss auf meine Schläfe. Ich streckte ihm einzig und allein die Zunge raus. Irgendwer musste ja irgendwann mit den Sprüchen – wenn sie auch nicht ernst gemeint waren – aufhören; so schwer das Ganze auch fiel.
„Ich geh duschen.", teilte ich den Zwillingen noch mit, ehe ich aufstand und den Wohnraum verließ. Zuerst machte ich in Bills Zimmer halt, um mir passende Klamotten zusammen zu suchen und ging dann mit eben diesen bepackt in das große Badezimmer.
Langsam entledigte ich mich meiner Klamotten und stieg in die Dusche. Als ich den Hahn aufgedreht hatte und der Wasserstrahl auf meine Haut prasselte, seufzte ich einmal wohlig auf. Es tat gut, entspannte, und ich hatte das Gefühl, dass nach dem gestrigen Abend nun auch noch die letzte Last von meinen Schultern fiel, die die letzten Tage und Wochen auf mir ruhte. Ich war mir sicher, dass ich nun unbeschwert in ein neues Leben starten konnte. Die Überraschung von Bill, die Zeit, die ich seit gestern erlebt hatte, war ein guter Einstieg. Ich genoss es jetzt schon. Ich konnte mit dem Verlust meiner Mutter umgehen, dem Verlust meiner Schwester. Ich konnte mein komplettes Leben zurücklassen, denn nichts ließ mich mehr an ihm festhalten. Dass mein Vater noch irgendwo da draußen war und mir jederzeit auflauern könnte, mir in irgendeiner Weise mein neues Leben zur Hölle machen konnte, beunruhigte mich nicht. Bill und Tom hatten mir versprochen, dass mir nichts passieren würde. Und ich vertraute ihnen. Ich vertraute ihnen blind; so sehr, wie noch keinen anderen Menschen vorher.
Ich war diesen beiden Menschen so dankbar. Ich konnte diese Dankbarkeit gar nicht in Wort fassen; es war unfassbar. Sie hatten, seitdem sie im Krankenhaus aufgetaucht waren und meiner kleinen Schwester ihren letzten Wunsch erfüllt haben, so fiel für mich getan, dass ich mich wahrscheinlich in meinem kompletten Leben nicht dafür revanchieren konnte. Sie haben mich auf dem wohl schwersten Weg meines Lebens begleitet; standen mir immer beiseite und hielten mich fest, wenn ich wieder kurz vor dem Fallen war.
Ihre Hand war immer in meiner und drückte sie; sie waren da, ließen es mich spüren. Ich lernte sie als Tokio Hotel kennen, doch schon nach zwei Stunden, als ich mit Bill auf dem Balkon stand, wusste ich, dass jeder von ihnen ein ganz anderer Mensch war, als der, der sich vor dieser Fassade verbarg. So schnell ich sie als die vier Jungs von Tokio Hotel kennenlernte, wurden mir diese vier Musiker auch schon wieder fremd; dann lernte ich die echten Jungs kennen, die sich dahinter verbargen. Ich war froh darüber, dass ich es durfte. War froh darüber, dass mein Leben mit vier solchen wunderbaren Menschen bereichert wurde. Und besonders froh war ich darüber, dass mein Leben mit diesem schwarzhaarigen Jungen bereichert wurde. Nicht eine Sekunde entfernte er sich in der schweren Zeit von mir – nein, er kam mir immer näher!
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Diagnose Blutkrebs - Dein letzter Wunsch veränderte mein Leben
Fanfic[1. Teil der Diagnose-Trilogie.] - "Es ist mein letzter Wunsch, Lynn. Ich will die Vier einmal treffen, bitte...", hauchte die 11-jährige ihrer großen Schwester entgegen. Meine Schwester war seit 11 Jahren mein Ein und Alles und ich wich ihr nie län...