Kapitel 20

1K 51 9
                                    

Zwei Tage hatte ich es geschafft allen aus dem Weg zu gehen. Ich hatte etwas Zeit für mich gebraucht.

Ich lag auf dem Dach des Clubs und die Sonne schob sich immer weiter am Himmel entlang. Es war schon fast vormittags und es wurde immer wärmer. Schon länger tat meine Haut weh, doch ich genoss die Hitze zu sehr, um mich davon loszureißen. Durch meine Aufgaben hatte ich selten Zeit, einfach mal in der Sonne zu liegen.

Ich hörte Schritte auf der Treppe und fluchte leise. Es war vorbei mit meiner Einsamkeit. Ich hätte zwar flüchten können, doch langsam wollte ich das nicht mehr. Die Tür zum Dach wurde geöffnet und jemand näherte sich. "Ich wollte alleine sein, Genosse." 

Dimitri blieb neben mir stehen und versuchte mich weiter auf den Himmel zu konzentrieren. "Du kannst dich nicht ewig verstecken."

Leider hatte er damit recht. "Na gut. Du hast mich gefunden und ich höre auf damit", versprach ich und schaute eine vorbeiziehende Wolke zu. Dimitri setzte sich neben mich. Er hielt weniger Abstand, als ich erwartet hatte.

Ich drehte meinen Kopf zu ihm, um ihn anzusehen. Obwohl er saß, wirkte er immer noch viel größer als ich. Ich lächelte kurz und schaute wieder ins weite Blau über uns.

"Ist die Sonne unangenehm für dich?", fragte er und ich merkte, dass sein Blick auf mir heftete. "Ziemlich, aber ich mag es hier. Normalerweise kann ich hier alleine sein." Niemand hier bevorzugte diesen Ort wirklich. Vielleicht lag es an der Höhe oder daran, dass ich mich hier hin zurückzog. Beides war mir recht.

"Wir müssen reden. Über die Nacht, als ihr wieder kamt", sagte er und schien auf meine Reaktion zu achten. Sein Blick schien mein Gesicht zu scannen. Ich hatte es mir schon gedacht, dass Christian alles sofort berichtet hatte. "Rose, was ist passier?" Dimitri klang ruhig, aber auch besorgt. Eigentlich wollte ich nicht darüber erzählen, doch irgendwie hatte ich das Gefühl es ihm schuldig zu sein.

"Ich denke das Grobe habt ihr schon alleine herausgefunden", stellte ich fest und er nickte zur Bestätigung. Und so erzählte ich es ihm. Wie ich alleine in der Fabrik jeden Strigoi überwältigt habe, der etwas abseits war. Und danach die Halle mit den bewusstlosen Moroi und restlichen Strigoi gefunden habe. Als ich beschrieb, wie ein Moroi gebissen wurde und ich ohne Verstärkung eingegriffen hatte, konnte ich meine Tränen nicht mehr unterdrücken. Ich hatte versucht den Moroi zu retten, doch es waren zu viele Gegner. Als dann ein Junge aufgeschrien hatte und sich an den Mann klammerte, hatte ich die Kontrolle verloren. Ich erinnerte mich nicht an alles, doch ich wusste, dass ich den Strigoi immer und immer wieder gebissen hatte. 

"In dem Moment als die Wächter kamen, hatte ich erst wieder klare Gedanken. Und dann bin ich gerannt", erzählte ich zu Ende und schloss meine Augen. Ich versuchte mich zu beruhigen, aber ich konnte Dimitris Blick auf mir spüren. Das machte es nur schwerer. 

Plötzlich legte er seine warme Hand auf meine Wange. Er strich meine Tränen weg und sagte: "Roza, du konntest ihm nicht helfen. Du hast mehr Leben gerettet, als jeder andere." Ich schaute ihn an und fürchtete mich davor, dass er seine Hand zurückziehen würde. Doch er ließ sie, wo sie war. 

Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen und Dimitri erwiderte es. Für solche Momente hatte ich früher gelebt. Und heute holte es mich aus meinen Leid heraus.

Ich richtete mich auf. Er bewegte seine Hand von meinem Gesicht weg, doch nur um meine Hand zu greifen. Meine Finger erschienen so winzig im Vergleich zu seinen. Schon früher hatte ich seine Hände bemerkenswert gefunden. Er konnte damit ohne Probleme Gegner überwältigen, aber auch sanft mein Haar aus meinem Gesicht streichen.

"Es hat sich so viel verändert", sagte ich und er drückte leicht meine Hand. Ich riss meinen Blick von unseren verhackten Fingern und schaute direkt in seine braunen Augen. "Ich habe mich verändert." Er schüttelte den Kopf und eine Strähne seines Haares fiel ihm ins Gesicht. Ich strich sie vorsichtig zu Seite und meine Fingerspitzen streiften seine Wange.

VA Biss-Spuren (Neu Version von Blutschwur)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt