Kapitel 25

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Ich fühlte mich allein. Jeder Tag schien nicht vorrübergehen zu wollen und es waren immer noch keine Fortschritte in Sicht. Langsam breitete sich in mir ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit aus.

Ich holte mein Handy und wählte Dimitris Nummer. Hoffentlich würde es nicht zu komisch sein. "Belikov.", erklang eine tiefe Stimme am anderen Ende der Leitung und ich musste Lächeln. "Ich hätte nicht gedacht, dass du dich so meldest. Ich hatte eher erwartet, dass du deinen kompletten Namen samt Dienstrang nennst, Genosse."

Das tiefe Summen übers Telefon war nicht mit seinem echten Lachen zu vergleichen, aber es reichte. Zumindest für den Moment. "Ich bin froh, das du dich meldest. Wie geht es dir?"

"Ich bin gesund", ich vermied es zu sagen, dass es mir gut ginge, denn es stimmte nicht. Doch ich hoffte, dass dies Dimitri nicht sofort auffallen würde. "Ich weiß, dass du wahrscheinlich genug zu tun hast. Ich wollte einfach mal mit dir reden." Für einen Moment blieb es still zwischen uns beiden und ich fürchtete, etwas falsches gesagt zu haben. Meine Gedanken rasten, um einen vernünftigen Vorwand zu finden, warum ich anrufte.

"Sowas haben wir nie gemacht", sagte Dimitri und in mir stiegen Bedenken auf, ob er überhaupt mit mir sprechen wollte. Er schien mein Unbehagen zu merken. "Aber ich bin froh, mit dir sprechen zu können. Wenigstens übers Telefon." Jetzt erst fiel mir auf, dass es wirklich das erste Mal in all der Zeit war, wo ich mit ihm telefonierte. An der Akademie hatte ich immer gewartet, bis wir uns über den Weg gelaufen sind oder ich hatte ihn gesucht. Danach war ich ständig auf der Flucht.

Etwas entspannter lehnte ich mich auf meinem Bett zurück. "Ist alles beim alten? Ist es nicht langweilig ohne Kelly und Dante?" Mit Kelly und Dante hatten Dimitri, Christian und Lissa einen Grund gehabt, bei Abe zu bleiben. Doch jetzt, wo ihre Forschungspartner weg waren, war nicht mehr viel da, was sie dort fest hielt. Zumindest für die Moroi unter ihnen. "Es ist ruhiger. Auch die Angriffe. Ich trainiere jetzt mit den Damphiren hier. Ich weiß nicht, was du ihnen erzählt hast, Roza, aber John fragt immer, ob ich ihn trainieren kann und was mein Geheimnis ist."

Ich kicherte und versuchte mich zu erinnern, was ich alles ihm gegenüber erwähnt hatte. Den Männern gegenüber hatte ich natürlich erwähnt, wie ich trainiert wurde. "Ich habe nur die Wahrheit erzählt. Du hast so einige mutige Kämpfe gehabt. Nicht ohne Grund nannten dich alle einen Gott." 

Dimitri fand es immer albern, dass man ihn einen Gott nannten. Doch für mich war er es. Er war der Einzige, das an mich geglaubt hatte. All meine Stärke verdankte ich ihm. "Ich mache Fehler, wie jeder andere." Leider hörte ich einen traurigen Unterton. 

Ich versuchte sofort, dass Thema zu wechseln und platzte mit dem erstbesten heraus: "Wollt ihr eigentlich bei Abe bleiben?" Super Rose. Das Thema ist genauso schlimm. Wenn nicht sogar schlimmer.

"Wir werden bald abreisen." Sofort bildete sich ein Kloß in meinem Hals und hielt den Atem an. Mir fiel es schwer ihm zuzuhören, da meine Gedanken sich zu überschlagen schienen. "Wir werden meine Familie besuchen. Ich habe meiner Mutter vor kurzem erzählt, dass ich in Russland bin und sie hat darauf bestanden, dass ich sie besuche."

Langsam schien mein Atem sich zu beruhigen, aber der Kloß blieb. Er klang so liebevoll, als er über seine Mutter sprach. Dimitri würde Lissa und Christian zu seiner Familie bringen. Und ich würde nicht dabei sein. "Ich würde so gerne sehen, wo du aufgewachsen bist." Es rutschte mir heraus, bevor ich merkte, was ich wirklich sagte. Schnell fügte ich hinzu: "Ich weiß, dass das es nicht geht."

Ein paar Sekunden herrschte Stille und mir wurde die traurige Wahrheit bewusst. Er würde mich wahrscheinlich nie seiner Familie vorstellen können. Wie soll man es auch erklären, dass man ein Strigoi mit ins Haus brachte?

VA Biss-Spuren (Neu Version von Blutschwur)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt