„Und du glaubst wirklich, dass dieser Bekannter von dir uns nicht zufällig vergessen hat?", sprach Leandro um ein Uhr nachts das aus, was mir die ganze Zeit auf der Zunge lag. Wir warteten seit ganzen anderthalb Stunden darauf, dass Nialls Bekannter auftauchte, doch bisher ohne Erfolg. Zusätzlich hatte auch noch der angekündigte Nieselregen eingesetzt, was bei einer dünnen Jacke ohne Kapuze nicht wirklich vorteilhaft war.
Doch es würde mich nicht wundern, wenn es diesen besagten Bekannten bei diesem Wetter nicht behagte uns einfach mal eben über den Ozean bis nach Tokio zu bringen.
Aber Niall machte sich keine Sorgen: „Er wird kommen."
„Dein Wort in Gottes Ohren", murmelte ich sarkastisch und strich mir eine nasse Strähne aus meinem Gesicht. Noch immer musste ich meinen gestrigen Fund verdauen und mein Vertrauen zu ihm hatte deutlich nachgelassen.
Mittlerweile war ich einfach nur froh, wenn ich wieder zuhause in meinem Bett liegen konnte und mich nicht wegen einem CIA-Agenten in die Schusslinie werfen musste. Denn langsam hatte ich es satt, dass zu tun. Ich war wirklich bescheuert, nur leider hatte ich das viel zu spät festgestellt.
Leandro warf mir einen fragenden Blick zu, den ich mit einem Achselzucken quittierte. Den einzigen Gefallen, den ich Niall noch tun würde, war nach Tokio zu reisen, um vielleicht die Lösung für sein Problem zu finden, und dann würde mich nichts mehr halten. Leandro würde ich nie etwas davon erzählen. Es war besser so.
Mein Blick ging zu der Start- und Landebahn des JFK's, auf dem im Minutentakt Flugzeuge landeten und starteten. Dies tat ich seit einer gefühlten Ewigkeit. Da ich nicht sonderlich den Drang dazu hatte, mich mit irgendwem zu unterhalten, verbrachte ich lieber meine Zeit damit.
Nach weiteren zwanzig Minuten Wartezeit erschien dann wirklich jemand.
Ein Mann von dreißig Jahren schritt auf uns zu, in seiner linken Hand hielt er Papiere. Seine ersten Worte waren an Niall gerichtet: „Sorry, wenn ihr warten musstet. Aber eine verdammte Starterlaubnis zu bekommen ist nicht gerade in fünf Minuten erledigt." Er schloss den Hangar auf, vor dessen Toren wir gewartet hatten, und ließ uns eintreten.
Eine alte Propellermaschine kam zum Vorschein. Sie sah fast so aus wie ein Modell, das Drew und ich als kleine Kinder zusammengeklebt haben.
Der Mann klappte die Treppe runter und setzte sich auf den Pilotensitz, während es uns anderen drei auf die Passagiersitze verschlug. Ich verstaute meine Tasche, in der sich mein IT-Equipment befand, unter meinen Sitz und schnallte mich an.
Es dauerte nicht lange und wir rollten aus dem Hangar Richtung Startbahn.
Ich erhaschte einen letzten Blick auf den Flughafen, dann flogen wir ab. New York wurde immer kleiner und kleiner, bis es nur noch als kleiner Lichtfleck auf dem Land zu sehen war. Die nächsten 13 Stunden verbrachte ich damit den fehlenden Schlaf aufzuholen, auch wenn das Dank der lauten Propeller der Maschine nicht ganz funktionierte.
Schlussendlich schaffte ich es ganze sechs Stunden zu schlafen, im Gegensatz zu Leandro. Der schlief den ganzen Flug über durch, wie ein Stein. Wahrscheinlich litt er schon länger unter Schlafmangel als ich, weswegen ihn nicht mal die lauten Propeller wecken konnten. Niall dagegen blieb wach und studierte irgendetwas auf seinem Handy, doch ich konnte nicht erkennen, um was es sich dabei handelte.
Ich sah aus dem Fenster in die Dunkelheit der Nacht.
Unter uns befanden sich Millionen Liter von Wasser, aber bis nach Tokio dauerte es noch geschlagene fünf Stunden. Seufzend lehnte ich mich in meinem Sitz zurück und wünschte mir mein Handy dabei, damit ich Musik hören konnte.
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Kind Of Secrets #SpringAwards
Fanfiction„Du kannst zwei Dinge nicht gleichzeitig haben, denn dein Sturkopf und dein Egoismus hindern dich daran - du musst dich entscheiden, was du haben willst." Die Welt, in der ich lebte, war eine andere. Dunkel, bedrohlich, heimtückisch und voller Gefah...