EPILOG ∞ five years later.

80 5 21
                                    

Seit einer halben Stunde starrte ich auf die Uhrzeit meines Weckers und wartete darauf, dass er klingelte. Währenddessen hatte ich den Vögeln bei ihrem morgendlichen Singsang zugehört, oder den Autos, die auf der Straße fuhren. Der Wind wehte durch das offenstehende Fenster in mein Schlafzimmer. Als der Wecker schließlich klingelte, raffte ich mich wie gerädert aus dem Bett und schaltete das nervende Surren aus.

Im Bad putzte ich halbherzig meine Zähne, kämmte meine Haare und zog mir meinen Morgenmantel über. Im Moment hatte ich keine Lust mir irgendetwas anzuziehen.

Der Zeitungsjunge warf die Zeitung vor die Haustür und hob grüßend die Hand: „Ihnen einen guten Morgen, Mrs Jackson!"

„Dir auch einen guten Morgen, Steve", ich winkte dem Jungen kurz zu, schnappte mir die Zeitung und verschwand wieder im Haus. In der Küche legte ich diese auf den Tresen und räumte die leere Kaffeetasse weg, die Zac mal wieder vergessen hatte wegzuräumen. Wie jedes Mal. Ich war es mittlerweile satt, ihn immer daran zu erinnern.

Ich vernahm ein Kichern von hinter der Inseltheke. Schmunzelnd drehte ich mich in die Richtung: „Du hast dich verraten, Schatz."

Das Kichern wurde lauter und zum Vorschein kam Bea. Das kleine Mädchen von vier Jahren rannte lachend auf mich zu und ließ zu, dass ich sie auf den Arm nahm: „Man, du wirst von Tag zu Tag schwerer, Bärchen."

„Stimmt nicht!", ihre blauen Augen strahlten mir förmlich entgegen. Mit einer Hand patschte sie in meinem Gesicht herum, was mich veranlasste zu grinsen. „Mommy, machst du mir mein Schokomüsli?" Bea strahlte noch mehr, als ich nickte und sie wieder absetzte, damit ich das Müsli machen konnte.

„Janice und ich bauen heute eine riesige Sandburg!" Sie breitete übertrieben die Arme aus und ich lachte: „Die muss ich nachher unbedingt sehen." Ich stellte ihr ihr Müsli hin, sofort begann Bea es in sich hineinzuschaufeln.

Das Telefon klingelte. Ich strich ihr noch durch ihre Wuschelmähne, ehe ich dranging: „Jackson?"

Hey, Raven, hier ist Marry. Gerade ist ein Packet für dich angekommen und ich dachte, du siehst dir das lieber mal an." Marry, meine Sekretärin, übernahm normalerweise den Papierkram, wenn ich mal einen Tag nicht auf der Arbeit war, weil ich mir Zeit für Bea nehmen wollte.

Ich erinnerte mich noch ganz genau, wie wenig überrascht meine Eltern waren, als sie gesehen hatten, dass ich mein Studienfach von Informatik zu Jura geändert hatte. Sie hatten mich mit einem wissenden Blick angesehen, den ich noch immer vor Augen hatte. Aber kein einziges Wort war über ihre Lippen gekommen. Mir war das nur recht gewesen, denn mehr hatte ich auch nicht gewollt.

Seufzend beobachtete ich, wie Bea sich mit Müsli vollkleckerte: „Eigentlich wollte ich heute nicht ins Büro kommen... Nun denn, ich bin in einer Stunde da. Ich bringe Bea vorher noch in den Kindergarten." Ich konnte mir vorstellen, dass Marry nickte, und legte auf.

Bea schaute mich mit großen Augen: „Muss Mommy arbeiten?"

„Ja, Mommy muss gleich arbeiten."

Ich half ihr sich für den Kindergarten fertigzumachen und beseitigte nebenbei noch ein paar Schokomüsliflecken auf ihrem Pyjama. Jeffrey, Zacs Fahrer, fuhr Bea und mich zu ihrem Kindergarten. Sie gab mir ein Küsschen auf die Wange und eine dicke Umarmung, bevor sie zu ihren Freunden stürmte. Mit einem traurigen Lächeln sah ich ihr nach.

Wenn er sie doch nur einmal gesehen hätte.

Nur ein einziges Mal.

Obwohl Bea noch klein war, erkannte ich jeden Tag so viele Sachen, die sie von ihm geerbt hatte. Von ihren blauen Augen bis hin zu ihrer noch sehr verspielten Art. Dann war da noch ihr Lächeln. Wann immer sie lächelte, kicherte oder lachte, da hatte ich das Gefühl, ich würde ihn sehen.

Kind Of Secrets #SpringAwardsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt