Als wir unter einer Brücke herfuhren, in die West 17th Street und den ersten Blick auf die Häuserreihe hier erhaschen konnten, drückte ich mich soweit wie möglich in den Sitz rein. Die Ruhe, die noch in mir geherrscht hat, war in einer Millisekunde verschwunden und Angst nahm ihren Platz ein.
Mein Mund schloss sich automatisch. Die Fragen, die mir auf der Zunge gebrannt hatten, verschwanden zurück in meinem Kopf.
Nicht-Jase bewahrte seine lockere Haltung, er war weiterhin die Ruhe selbst, trommelte pfeifend auf dem Lenkrad rum und parkte hinter einem großen Jeep am Rande der Straße. Sein Blick ging zu dem kleinen Tor, das von zwei Männern bewacht wurde, die glatt Schränken glichen.
Die Hausnummer war gar nicht nötig gewesen, damit Nicht-Jase sein Ziel erreichte. In mir stieg die Hoffnung auf, dass wir nicht in dieses Haus mussten, aber mein Sitznachbar schien sich seiner Sache ziemlich sicher zu sein.
Er öffnete das Handschuhfach und zum Vorschein kam eine glänzende 9-Millimeter.
Ich schluckte schwer.
Mein Respekt vor Waffen war immens groß. Ich hatte eine so Heidenangst vor diesen Dinger, vor allem weil sie nur einen Schuss abgeben mussten, um einem Leben 'Auf nimmer Wiedersehen' zu sagen. Ich starrte die Waffe an, drückte mich instinktiv tiefer in den Sitz und schluckte ein weiteres Mal schwer.
„Hat da jemand Schiss vor 'ner Knarre?" Nicht-Jase nahm das alles ziemlich amüsiert auf und auf seinem Gesicht bildete sich ein kleines Grinsen.
Ist ja nicht so, dass eine 9-Millimeter nur ein paar Zentimeter vor meinem Gesicht rumschwebt oder so, nein überhaupt nicht. Davon mal abgesehen, dass wir in irgendeinem scheiß Viertel von diesem beschissenen Kansas City hockten, da zwei Schränke standen und ich schon ganz genau wusste, dass Nicht-Jase da rein wollte. Ohne zu wissen, ob es der richtige Weg war.
Aber irgendetwas sagte mir, dass er wusste, dass es die richtige Richtung war.
Und das machte mir noch mehr Angst.
„Nein, nur nicht", kam es ironisch von mir. Nicht-Jase lachte nur kurz auf, steckte die Waffe ein und stieg aus. Ich machte keine Anstalten, mich von meinem Sitz zu bewegen. Die Angst hatte viel zu viel Kontrolle über mich. Und ich war jemand, der nicht unbedingt erpicht darauf war zu sterben. „Muss ich wirklich mit?", fragte ich vorsichtig nach und Nicht-Jase drehte sich zu mir um: „Ich würde es ja selber machen, aber ich bin nicht sonderlich bewandert in der Technik von Heute und da du hier das Technik-Wunderkind bist, musst du wohl oder übel mitkommen."
Ein weiterer Grund, mich in der nächsten, sicheren Ecke zu verstecken.
Ich kniff kurz die Augen zusammen, versuchte meinen steigenden Herzschlag zu beruhigen und stieg dann mit zittrigen Beinen aus dem Wagen.
„Sei kein Schisser, es sieht schlimmer und unmöglicher aus, als es eigentlich ist." Seine Worte erzielten keinen beruhigenden Effekt, aber wie es schien, war ihm die Wirkung auch egal.
Nicht-Jase legte einen Arm um meine Schulter und drückte mich bestimmt in die Gasse neben dem Grundstück mit den zwei Schränken am Tor. Diese starrten uns an, als wir die Straße überquerten. So unbehaglich hatte ich mich in meinem ganzen Leben noch nicht gefühlt. Die Augen der Schränke starrten uns ohne jegliche Regung an, als wären sie aus Eis.
„Starr nicht so, ist zu auffällig", raunte Nicht-Jase in mein Ohr, dann verschwanden die Schränke aus unserem Blickfeld, denn die ramponierte Mauer verhinderte die Sicht auf sie. Wohler fühlte ich mich jedoch nicht gerade.
Die Gasse stank nach Abfall, das Mauerwerk bröckelte langsam ab. Eine schmale Tür befand sich am Ende dieser Gasse und ein kleines Lämpchen flackerte frohmunter. Fehlte nur noch der Mörder und schon befanden wir uns in einem Horrorfilm. Ich hasste Horrorfilme.
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Kind Of Secrets #SpringAwards
Fiksi Penggemar„Du kannst zwei Dinge nicht gleichzeitig haben, denn dein Sturkopf und dein Egoismus hindern dich daran - du musst dich entscheiden, was du haben willst." Die Welt, in der ich lebte, war eine andere. Dunkel, bedrohlich, heimtückisch und voller Gefah...