SECRET ∞ home.

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-RAVEN-

Gefühlt war es schon ewig her, dass ich meinen Eltern einen Besuch zuhause in Cambridge abgestattet hatte. Während mein Vater also seiner Arbeit weiter in Washington nachging, hatte sich meine Mom freigenommen, um mich am Flughafen abzuholen und nach Hause zu fahren. Die ganze Fahrt über schaute ich schweigend nach draußen und beobachtete den Regen, der gegen die Fensterscheibe prasselte.

Der Radiosprecher redete ununterbrochen irgendein Zeug, das nicht einmal witzig war. Ab und zu schaute Mom zu mir herüber. In ihrem Spiegelbild sah ich, wie sehr sie darauf brannte zu erfahren, weshalb ich in Asien gewesen war, aber aus Taktgefühl und Sorge um mein Wohlergehen beließ sie es mit einem Schweigen.

Gut für mich, denn dann hatte ich noch genügend Zeit mir eine Lüge auszudenken.

Obwohl, wenn ich so recht überlegte, würde sie mir die Wahrheit nicht glauben, weil sie viel zu absurd klang. Sie würde mich erst für wenige Sekunden schweigend ansehen, dann anfangen zu lachen und würde mich dann fragen, aus welcher Fantasy-Serie ich das hätte. Außerdem, wieso sollte ich Niall noch decken? Wir hatten nichts mehr miteinanderzutun. Und er konnte mir gestohlen bleiben.

Wir passierten die Tore des Hauses. Mom fuhr in die Garage, ich stieg aus und griff nach meinem wenigen Gepäck, das ich mit auf der Reise hatte. In dem Rucksack befand sich noch immer der Hemeron Call Prototyp. Während des Fluges von Tokio nach Los Angeles hatte ich viel darüber nachgedacht, wie man ihn aufkriegen könnte. Es schien so, als wäre ein Code von Nöten, um dieses Ding aufzukriegen.

„Raven, Schatz, geh dich bitte duschen. Ich mach uns in der Zeit etwas zu essen. Du bist sicherlich hungrig", sprach meine Mutter in einem sanften Ton.

„Ja, Mom", erwiderte ich einfach nur und betrat das Haus. Eigentlich war mir der Appetit schon seit längerer Zeit vergangen, aber ich log, um ihr zu versichern, dass es mir besserging als es wirklich der Wahrheit entsprach.

Mein Zimmer war noch genauso unberührt, wie ich es verlassen hatte. Alte The Beatles-Poster hingen über meinem Bett an der Wand, meine Wäsche war einfach Richtung Wäschekorb geschmissen worden (was wohl mir zu verdanken war) und auf meinem recht großen Schreibtisch türmten sich Ansammlungen von Kabeln, Bildschirmen und Tastaturen. Onkel Jeffrey hatte anscheinend sein Versprechen eingehalten und Mom die ganzen Sachen zugeschickt, damit ich sie nachher verwenden konnte. Und sie hatte nicht nur die Sachen auf meinen Schreibtisch gestellt, sondern auch gestaubsaugt und den Staub von den Regalen gewischt.

„Aber meine Wäsche darf ich mal wieder selber machen...", murmelte ich und ließ mich auf mein Bett fallen.

Jetzt war ich wieder zuhause, an dem Ort, den ich solange herbeigesehnt hatte. Aber glücklicher dadurch fühlte ich mich jetzt auch nicht. Nur noch einsamer. Sehr viel einsamer. Meine Mom war zwar hier und würde wahrscheinlich ihr Bestes versuchen, um mir einen angenehmen Aufenthalt zu bescheren, aber im Endeffekt würde das nichts bringen.

Ich wartete regelrecht nur noch auf den Anruf, der sie wieder zur Arbeit bewegen würde. So war es früher auch immer gewesen.

Meine Freunde hatten mich immer darum beneidet, dass ich ein reiches Einzelkind war, das alles bekam, was es wollte. Das stimmte, ich bekam alles, was ich wollte. Nur eine Sache nicht, und das war die Zeit mit meinen Eltern.

In meiner wilden Teenagerphase hatte mich das nicht sonderlich gestört, denn ich war ständig unterwegs gewesen. Eine Party hier, eine Feier dort, und die Schule hatte ich nur zu gerne geschwänzt. Heute wusste ich, dass ich es getan hatte, um wieder die Aufmerksamkeit meiner Eltern zu bekommen, die entweder mehr mit ihrem Job verheiratet waren als mit dem Ehepartner oder sich nur sehr gering für die vereinsamende Tochter interessierten.

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