1.Kapitel. Gefangenen genommen

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Kyle lief mit Avina durch die Straßen der Stadt Vars. In den letzten paar Tagen waren sie in einer Herberge untergekommen und hatten auf Neuigkeiten und Nathaniel gewartet. Kyles Hoffnung schwand allmählich und Avina wurde immer unruhiger. Immer wenn sie irgendwo saßen tippelte Avina mit dem Fuß auf dem Boden herum oder klopfte mit den Fingern auf dem Tisch. Das war gar nicht gut für Kyles Nerven. Er blieb stehen und seufzte. Avina drehte sich zu ihm um.
"Was ist denn?"
"Mir ist nur gerade aufgefallen, dass wir hier Jahre warten könnten und Nathaniel würde nicht auftauchen.", sagte er drauflos.
Sofort verspannte sich ihr Körper.
"Meinst du, dass er ..."
Kyle sah sie erschrocken an. Er hätte nicht unüberlegt reden sollen. So ein Mist. Plötzlich kam ihn ein Gedanke.
"Nein! Um Himmels Willen! Avina. Ich meinte, er könnte vielleicht schon wieder in Larwenia sein."
Forschend glitt ihr Blick zu seinen Augen. Es war fast schon unangenehm.
"Meinst du?", fragte sie nach einer Weile.
"Ja. Er könnte sich wegteleportiert haben, statt den weiteren beschwerlicheren Weg zu Pferd zu nehmen." Ihr forschender Blick bohrte sich tiefer in seine Augen.
"Ja da könntest du Recht haben.", gab sie zu. Unentschlossen sah sie sich in der Gasse um.
"Na gut. Wir gehen zurück nach Hause.", meinte sie.
Kyle atmete auf. Das würde sie vorerst ein wenig ablenken und sie davon abhalten, an Nathaniel zu denken. Zumindest hoffte er das.
Langsam liefen sie zurück zur Herberge. Schnell schnappten sie sich ihre Sachen und holten Kassiopeia aus dem Hauseigenen Stall. Der Hengst wieherte freudig als er Avina sah, die allerdings ihre Kapuze ins Gesicht gezogen hatte. Kyle wurde lediglich angeschnaubt. Sie sattelte den Hengst schnell und führte ihn hinaus. Kyle bezahlte noch schnell ihren Aufenthalt und lief mit Avina durch die Straßen in Richtung Hafen. Ungewöhnlich viele Wachen waren hier unterwegs und unauffällig zogen sie die Kapuzen ihrer Umhänge tiefer in ihre Gesichter. Als sie endlich das Hafengelände betraten atmete er etwas erleichtert auf und ließ Avina kurz mit Kassiopeia allein, um die Überfahrt nach Larwenia zu bezahlen. Er brauchte eine Weile um den Hafenmeister herunter zu handeln, da er den Preis unverständlicher Weise in die Höhe getrieben hatte. Genervt legte er die hart erhandelten Münzen hin und nahm die Briefe für den Kapitän entgegen. Langsam ging er zu der Stelle an der er Avina mit Kassiopeia zurückgelassen hatte. Doch dort war nur noch das Pferd zu sehen. Panisch sah er sich um. Verdammt wo war sie? Der Hengst ruckte mit dem Kopf in eine Richtung und wieherte nach seiner Herrin. Kyle sah in diese Richtung und sein Atem stockte. Dort liefen mehrere Wachen neben einer Transportkutsche auf der ein Käfig befestigt war und in deren Inneren stand Avina. Die Kapuze war ihr vom Kopf gerissen worden und nun funkelten ihre grünen Augen jede einzelne Wache wütend an. Geschockt machte sich Kyle unsichtbar und lief hinter den Wachen her um herauszufinden, was sie vor hatten. Leise rannte er hinter ihnen her bis er sie eingeholt hatte.
Eine der Wachen amüsierte Avinas Widerstand.
"Kleine, du wirst nicht mehr lange so widerspenstig sein. Nicht nachdem Daron dich nach Kalistrien geschickt hat, um sein Abkommen einzuhalten."
Moment. Was? Daron hatte dem König von Kalistrien Avina versprochen, damit er das Bündnis erhält? Oh nein verdammt. Er ging sämtliche spontanen Ideen durch, die ihm einfielen, um Avina aus dieser Lage zu befreien, doch keine war gut genug oder hatte zu viele Möglichkeiten schiefzulaufen. Schnell drehte er sich um und lief zu Kassiopeia. Direkt neben dem Hengst machte er sich wieder sichtbar.
"So mein Freund. Ich weiß, dass dir das nicht gefallen wird aber um Avina befreien zu können, muss ich auf dir reiten. Würdest du es mir einmal gestatten?" Der Hengst schnaubte frustriert und scharrte mit dem Vorderhuf. Es schien fast als wolle er ihn zur Eile drängen. Kyle stieg auf und der Hengst wollte Avina und der Kutsche nachsetzen, doch Kyle zügelte ihn.
"Nein, wir müssen nach Larwenia. William muss davon erfahren. Widerwillig drehte sich der Hengst um und ließ sich von Kyle auf eines der Schiffe lenken. Er überreichte den Kapitän die Erlaubnis und dieser nickte sie ab. Nach einer gefühlten Stunde legte das Schiff ab und segelte Richtung Larwenia davon.

Avina hingegen wurde über holprige Straßen in eine ganz andere Richtung gefahren und konnte nur hoffen, dass Kyle ihr zur Hilfe kam, doch von dem fehlte jede Spur. Verflucht, sie wollte auf keinen Fall noch einmal vor diesem Widerling Daron stehen. Sie wusste noch zu gut, wie sie sich gefühlt hatte, nachdem sie ihn hinter ihren toten Eltern hatte sitzen sehen. Nie! Nie wieder wollte sie ihm gegenüber stehen. Und sich schon gar nicht von ihm an irgendeinen König in Kalistrien verschachern lassen. Hoffentlich war Nathaniel noch bei Daron und konnte ihr helfen.

Doch diese Hoffnung war vergebens. Nathaniel war irgendwo mitten im Nirgendwo, in der Wüste. Sein Wasser hatte er bereits verbraucht und die nächste Oase war noch weit entfernt. Er war die ganze Nacht gelaufen, doch mitten in der Sonne konnte er keine Rast machen. Das alles zehrte an seinen Kräften und das Metallhalsband schien sich in seine Haut zu brennen. Verflucht, er wollte nur noch runter von diesem Sand und endlich Wald sehen doch davon war er noch weit entfernt. Oder etwa nicht? Da vorne war doch etwas? Haluzunierte er? Oder standen dort vorne Bäume mitten im Sand? Vielleicht eine Oase. Nathaniel hielt mit schnellen Schritten darauf zu und hoffte, dass es nicht nur Einbildung war und das war es nicht. Schatten legte sich über seinen Kopf und er trank gierig aus einer kleinen Quelle. Die ganze Anstrengung viel von ihm ab und er konnte sich endlich etwas ausruhen. Erst jetzt merkte er wie müde er eigentlich war und schlief langsam ein.

Und damit hallo zu Band 6 ^^

Larwenia Band 6 - Lord of Dark and DespairWo Geschichten leben. Entdecke jetzt