Robin lief leise um das Haus herum und betrachtete die stille Schneelandschaft. Es verwunderte sie, wie ruhig es hier war, selbst am Tage. Vor wenigen Stunden waren sie hier angekommen und Robin hatte sich gleich für die erste Nachtwache entschieden. Obwohl Laniel ihr davon abgeraten hatte. Er hätte lieber Grim noch einmal die Nachtwache überlassen, statt einer erschöpften Robin.
Sie beendete wieder eine Runde um das Haus und ging um die Ecke. Es dämmerte langsam und ein wenig Leben tauchte in der Landschaft auf. Ein junges Reh, vielleicht ein Jährling, lief zwischen den Bäumen hindurch.
Es musste langsam verschwinden, wenn es nicht zur Beute der Raubtiere in diesem Haus werden wollte. Sie gähnte und ging auf die Haustür zu. So langsam musste jemand sie aber wirklich ablösen.
"Guten Morgen.", sagte eine Stimme und sie hob erschrocken den Blick. Selina stand in der Haustür mit zwei dampfenden Bechern in der Hand. Robin beruhigte sich und kam näher.
"Guten Morgen. Warum bist du schon wach?"
Die Wölfin zuckte mit den Schultern.
"Fiona hatte Hunger.", sagte sie und hielt ihr einen der Becher entgegen. Robin nahm ihn dankend entgegen und der Duft von getrockneten Beeren stieg ihr in die Nase.
"Wo ist Fiona gerade? Ich meine, wer passt auf sie auf?"
Selina nahm einen Schluck auf ihrem Becher und zog die Decke enger, um sich zu wärmen.
"Selem wollte für den Moment auf sie aufpassen, während ich uns den Tee gemacht habe. Er wird dich auch gleich ablösen wollen, sobald ich wieder drin bin."
Eine Weile schwiegen sie und die Sonne lugte über die Berge, als plötzlich unter ihnen im Tal Hörner erschallten. Selina riss die Augen auf und ließ den Becher fallen. Der rote Tee ergoss sich im weißen Schnee, der schnell unter der heißen Flüssigkeit schmolz.
"Nein ... oh bitte nicht.", hauchte Selina und sank in sich zusammen. Robin verstand ihre Reaktion. Die Hörner von Hagenfels schlugen Alarm. Der Krieg hatte begonnen. Sie riefen die letzten Rekruten zum Schloss und warnten die Frauen, Alten und Kinder. Obendrein waren die Hörner noch ein Signal dafür, dass die Soldaten nicht reichen würden um zu gewinnen, da sie eben die letzten Rekruten zum Schloss riefen. Robin wusste nicht, wie sie die Gestaltwandlerin beruhigen sollte, deshalb legte sie ihr lediglich eine Hand auf die Schulter und sagte:
"Wir alle werden diesen Krieg überstehen. Ich habe volles Vertrauen in den Prinzen von Xadrien. Er wird William mit den Strategien helfen."
Selina sah verzweifelt hinunter ins Tal und beobachtete, wie die kleine Stadt schnell zum Leben erwachte.
"Ich würde ihm zu gerne zur Seite stehen, aber ich kann meine Tochter hier nicht allein lassen, während sie verfolgt wird.", sagte sie und blickte zu Boden. Für eine Königin war sie viel zu normal, fand Robin.
"Ich wurde hierher geschickt, um das Problem hier zu beheben. Es dürfte nicht allzu lange dauern, da unternimmt dein Verfolger einen verzweifelten Versuch und gibt damit seine Deckung auf. Wenn es soweit ist, schlagen wir zu und erledigen das Problem.", sagte sie und hoffte, dass es in der Tat so passieren würde, wie sie es gerade gesagt hatte. Selina stand auf und ging hinein. Robin folgte ihr und sah wie Selem vor dem Kamin mit dem kleinen Wolfswelpen spielte, den Selina nun hochhob und mit ihm nach oben ging. Selem sah sie nun mit seinen Katzenaugen an.
"Du bist dran Katze.", murmelte sie und legte sich auf das Sofa vor dem Kamin, um sich aufzuwärmen. Der Kater nickte und verwandelte sich.
Da er kleiner wurde, konnte er seine Kleidung problemlos abschütteln und sie in eine Ecke legen. Als er dann zur Haustür hinausging, war Robin schon längst eingeschlafen.Er beobachtete aus seinem Versteck aus, wie die Katze durch den Garten streifte und sich genau umsah. Er war sich fast sofort sicher, dass dies keine einfache Hauskatze war, sondern wieder einer dieser nervigen Gestaltwandler, die ihn sogar in seinem jetzigen Versteck finden könnten. Da war ihm diese kleine rothaarige Schwarzmagierin hundertmal lieber als diese Mutanten. Er war froh, als er sie und Selina vorhin gesehen hatte, das bezeugte, dass sich sein Auftragsopfer noch im Haus befand.
Er lächelte bei der Erinnerung daran, als die Hörner durch das Tal schallten, wie diese dreckige Gestaltwandlerin zusammengesunken war. Bald würde sie es nicht mehr aushalten und zurück zu ihrem Schloss gehen, um ihren ach so tollen Gemahlen zu unterstützen und wenn sie weg war, konnte er zuschlagen. Allerdings hatte er das schon vor einer Woche geglaubt, aber sie war nicht gegangen. Er musste sich einen anderen Plan überlegen, falls diese Wölfin doch nicht gehen würde.
Er kroch vorsichtig zu einer Stelle, von der man die andere Seite des Hauses beobachten konnte. Von hier aus konnte er auch das Stadttor beobachten, an dem sich nun die letzten Rekruten von Hagenfels versammelten. An einem Fenster des Hauses bemerkte er eine Bewegung und sah Selina, die mit ihrem Baby im Arm am Fenster stand und zum Stadttor blickte. Er grinste und zog sich zurück.
Kurzerhand beschloss er, heute Nacht anzugreifen.
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Larwenia Band 6 - Lord of Dark and Despair
FantasyDaron versucht seine Pläne in die Tat umzusetzen und Avina an Kalistrien zu verkaufen. Ein brutaler Krieg entfacht und Nathaniel der eigentlich gebraucht wird, ist noch immer spurlos verschwunden