Gähnend schlug Nathaniel die Augen auf, doch sie fielen ihm gleich wieder zu. Müde kuschelte er sich in die weichen Decken. Die letzten Tage hatten ihn einfach fertig gemacht und ... Moment mal ... Decke!? Er lag doch in einer Oase, oder nicht?
Erschrocken riss er die Augen auf und saß zeitgleich aufrecht. Sein Kopf protestierte mit einen starken Schwindelgefühl gegen diese schnelle Bewegung und Nathaniel brauchte einen Moment um zu erkennen, dass er sich in einer kleinen Lehmhütte befand. Um genau zu sein in einer Ecke davon und auf einem Strohsack, in eine dünne Decke gewickelt. Ein Feuer prasselte in einer anderen und ein Mann saß davor. Nathaniel sah ihn zwar nur von hinten aber seinen grauen Haaren zufolge war er schon älter. Leise stand Nathaniel auf, ein Wunder das zu schaffen ohne, dass das Stroh zu rascheln begann, doch offensichtlich nicht leise genug, denn der Mann sagte:
"Ich dachte nicht, dass du so schnell wach wirst."
Erst anschließend drehte er sich um und sah Nathaniel abschätzend an. "Seltsam, du warst vorhin noch rot wie eine Krabbe. In der Sonne zu schlafen ist gar nicht gut aber vermutlich bist du ein ganzes Stück gelaufen."
Nathaniel sah ihn verwirrt an und der Mann deutete an seinen eigenen Hals "Du hattest es wohl eilig."
Nathaniel fasste an seinen und begriff, dass er das Halsband meinte. Erschrocken erklärte er:
"Ich bin kein Sklave, nicht wirklich."
Der Mann mussterte ihn interessiert. "Wer bist du dann?"
Nathaniel wusste, dass er jetzt nicht das Falsche sagen durfte. Sklaven die wegliefen, erwarteten kein gnädiges Schicksal. Wenn er sagte, dass er der Prinz war und dieser Mann den König nicht mochte, konnte sich das Ganze auch recht negativ entwickeln. Allerdings auch dann, wenn er behauptete das er aus Larwenia kam, dem der Krieg erklärt war.
"Manchmal weiß ich das selbst nicht.", rutschte es ihm heraus und der Mann meinte:
"Das klingt nach einer langen Geschichte."
"Viel zu lang", erklärte Nathaniel, "und ich hab keine Zeit. Ich muss in die Hauptstadt."
Damit wandte er sich auch schon zur Tür, die sich plötzlich vor seiner nase versiegelte.
"Mal nicht so hastig, du kommst keinen Tag weit, bevor du wieder umkippst und deine Wu...", der Mann stutzte, "Wo sind sie?"
"Sie?", stellte Nathaniel sich unwissend, was jedoch nicht funktionierte.
"Die Peitschenwunden auf deinen Rücken. Das gibt's nicht. Du kannst doch im Moment gar keine Magie anwenden."
"Du solltest mich gehen lassen."
Der Alte lachte.
"Soll das eine Drohung sein? Ich finde es interessant. Es macht mir keine Angst. Ich bin doch keiner von diesen Stümpern aus Kalistrien die Magie für gefährlich und schlecht halten."
"Das kann sie aber sein.", meinte Nathaniel, doch der Alte schüttelte den Kopf.
"Unsinn. Selbst das, was andere schwarze Magie nennen ist nicht schlecht, es kommt immer auf den Menschen an, der sie nutzt."
Nathaniel rollte mit den Augen.
"Lass mich raten, Dämonen sind auch ganz friedlich."
Der Mann verschränkte die Arme.
"Ich sagte nichts von 'friedlich'. Ich sagte nicht 'gefährlich' oder 'schlecht'. Und ich sprach von Magie. Dämonen sind Wesen aus Magie und durchaus gefährlich, jedoch nicht schlecht. Es sind nur Tiere. Die meisten, die wirklich angreifen, werden von Menschen gelenkt."
"Also sind Menschen die, die Kräfte der Dämonen nutzen, schlecht? Was, wenn man sich das nicht aussucht? Was, wenn man gar keinen Dämonen kontrollieren muss, um seine Kräfte zu nutzen?"
"Wovon redest du, Junge? Das ist doch unmöglich. Wie soll man die Kräfte eines Dämonen für sich nutzen, ohne einen Dämonen zu beherrschen?"
Er musterte Nathaniel neugierig, doch dieser wusste, dass er niemals darauf kommen würde. Nathaniel wandte sich ab als der Mann rief:
"Das darf nicht wahr sein!"
Nathaniel sah ihn überrascht an und der Mann rief fast wütend: "Dämonenblut ist kein Spielzeug. Wie viel hast du getrunken, dass es schon deine körperlichen Heilkräfte stärkt. Es ... ich verstehe das nicht. Du müsstest gerade alles um dich herum zerstören wollen, eh du stirbst ... bei dieser Menge."
Nathaniel lachte bitter.
"Erst in ein paar Wochen, wenn ich es wieder abbaue."
Der Mann sah ihn verwirrt an. "Wovon redest du? Dein Körper müsste doch sofort versuchen, es abzustoßen."
Nathaniel verschränkte die Arme.
"Du scheinst dich etwas zu gut mit diesem Thema auszukennen. Wer bist du?"
"Ich war mal jemand, jetzt bin ich ein niemand."
"Das ist keine Antwort."
"Mehr weiß ich selbst nicht."
Nathaniel musste zugeben, dass er da Recht hatte und der Alte sprach weiter:
"Wie wäre es mit einem Deal? Du erzählst mir, wieso dieses Blut dich nicht auf der Stelle umbringt und ich erzähl dir, wer ich bin."
"Also schön.", stimmte er zu und setzte sich wieder. Wenn sich dieser komische Kauz so mit Dämonen auskannte, konnte er ihm ja vielleicht weiter helfen.
"Ich bin zu sehr daran gewöhnt, als dass es mich umbringen könnte."
"Wie meinst du das?"
"Ich trinke es schon seit meiner Kindheit, ohne es zu ahnen. Ich vermute mal, es hat mit sehr wenig angefangen und wurde immer mehr, je immuner ich dagegen wurde. Das Gefühl, alles um mich herum zerstören zu wollen, kenne ich allerdings sehr gut. Genauso wie eisige Ruhe und das Gefühl den Verstand zu verlieren, wenn ich es nicht mehr bekomme."
Der Mann sah ihn äußerst interessiert an.
"Und welche Wirkung hat es ansonsten noch? Ich meine so etwas wie deine beschleunigte Wundheilung."
"Ich bin stärker als andere Menschen. Meine Magie schier unbegrenzt und ich überlebe sogar länger ohne Nahrung."
"Das erklärt zumindest, wie du es bis in diese Oase geschafft hast."
Nathaniel nickte.
"Und jetzt Ihr. Wer seid Ihr? Und wenn Ihr so viel darüber wisst, könnt Ihr mir helfen es loszuwerden?"
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Larwenia Band 6 - Lord of Dark and Despair
FantasyDaron versucht seine Pläne in die Tat umzusetzen und Avina an Kalistrien zu verkaufen. Ein brutaler Krieg entfacht und Nathaniel der eigentlich gebraucht wird, ist noch immer spurlos verschwunden