14. Kapitel. Was wirds?

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"Sag schon!", forderte Selina Nathaniel auf, der da saß und die beiden angrinste. Will starrte ihn nur an. Nathaniel ließ sich Zeit. Nathaniel ließ sie zappeln.
"Jetzt sag schon endlich!", murrte Selina ungeduldig.
"Es wird ein Mädchen und jetzt reg dich wieder ab.", lachte er.
Selina grinste über beide Ohren. Ein Mädchen. Sie sah zu Will und zuckte zusammen. In seinem Gesicht war der reinste Schrecken abzulesen.
"Will? Was ist los?", fragte sie und bekam Angst, dass er kein Mädchen haben wolle. Er sah zu ihr und auf seinem Gesicht breitete sich ein Grinsen aus.
"Wieso hast du eben so erschrocken geschaut?"
"Weil mir klar wurde, dass ich dann zwei von deiner Sorte beaufsichtigen musste. Eine ist schon anstrengend. Wie soll es dann erst mit einer zweiten Selina werden?", neckte er sie. Nathaniel brach in schallendes Gelächter aus.

Selina warf ein Kissen nach ihm und traf ihn im Gesicht. Er lachte trotzdem weiter und verstummte erst als Will sagte:
"Sei froh, dass es kein Dolch war."
"Moment. Was?"
Nathaniel wurde bleich.
"Du hast einen Dolch nach jemanden geworfen?", fragte er ungläubig.
"Niemand wurde getroffen.", versicherte Will.
"Er war für Luke bestimmt, der sich allerdings schnell genug aus der Flugbahn entfernte. Der Dolch traf die Tür, nachdem ich mich ebenfalls aus der Flugbahn gerettet hatte."
Nathaniel schüttelte fassungslos den Kopf.
"Du wirst sehr viel Arbeit mit den beiden haben, mein Freund."
"Das bekommen wir schon hin. Jetzt lasst uns alles für übermorgen vorbereiten. Ich will nicht alles auf dem letzten Drücker machen.", sagte Selina und stand auf. Will seufzte, tat es ihr aber gleich und verließ mit ihr die Bibliothek.
Draußen sah er sie an.
"Wir müssen uns noch einen Namen für sie überlegen.", meinte er. Selina zuckte mit den Schultern.
"Lass uns morgen darüber reden. Jetzt will ich alles Wichtige zusammenpacken, damit ich den morgigen Tag mit dir genießen kann."
Er lächelte wehmütig, nahm aber dann ihre Hand und führte sie hinauf in ihr Schlafzimmer. Dort packten sie die Sachen soweit bis sie müde ins Bett fielen.
Am nächsten Tag packten sie den Rest zusammen und halfen anschließend Nathaniel beim Packen. Dieser schien schon gedanklich bei seiner Reise zu sein und antwortete nur kurz angebunden.
Selina lief am Nachmittag in den Stall, um sich ein Pferd für ihre Reise auszusuchen.
Sie lief den Gang entlang und betrachtete jedes Pferd genau.
Welche Stärken hat es? Welche Schwächen? Wo sind sie am kräftigsten gebaut?
Ihre Wahl war nach über einer Stunde auf einen grauschwarzen Hengst gefallen. Sein Körperbau war ähnlich dem von Kassiopeia.
Kräftig gebaut, anmutig und er war ruhig im Wesen. Er gefiel ihr. Sie sattelte und zäumte das Tier auf und saß auf. Ganz ruhig blieb er stehen, bis sie sicher im Sattel saß und ließ sich dann von ihr antreiben.
Sie ritt zum Tor hinaus und in den Wald. Der Hengst ließ sich ganz leicht lenken. Bei dem kleinen Waldsee hielt sie ihn an und stieg ab. Sie wollte noch die Nervenstärke des Hengstes testen, also rief sie das Rudel. Er wurde etwas nervös, blieb allerdings an Ort und Stelle. Mehr brauchte sie gar nicht zu testen. Er sollte das Pferd für ihre Reise werden. Sie setzte sich an das Ufer und spielte ein wenig mit dem Wasser herum, bis sie hinter sich ein Wiehern hörte. Sie wusste schon, wer da angeritten kam und musste sich nicht umdrehen.
"Ich hatte mich schon gewundert, wo du bist, bis ich gesehen hatte, dass du Schattentänzer aus der Box geholt hattest. Irgendwie hatte ich geahnt, dass du herkommen würdest."
"Ich hatte nur mein Pferd für die Reise herausgesucht. Schattentänzer ist perfekt.", sagte sie und ließ mehrere kleine Fontänen im Wasser entstehen.
"Ja das ist er.", bestätigte Will und sah ihr beim Üben zu.
"Hast du dir schon einen Namen überlegt?", fragte sie.
"Ja einen.", sagte er und nahm ihre Hand.
"Hast du einen?", fragte er nach.
Sie nickte, wollte ihn allerdings nicht sagen, bevor Will nicht seinen Vorschlag aussprach.
"Ich finde den Namen Fiona nicht schlecht.", erklärte er. Selina sah zu ihm auf und lächelte.
"Der Name ist schön. Ich hatte mir Leandra überlegt.", nannte sie nun ihren Vorschlag.
Er schien zu überlegen.
"Es wäre schön, wenn ich bei der Geburt dabei sein könnte, aber der Krieg erlaubt es mir nicht." Sie standen auf und Selina lehnte den Kopf an seine Schulter.
"Bei den nächsten Kindern wirst du dabei sein können.", wisperte sie.
"Selina, wir wissen nicht, was in diesem Krieg passieren wird. Es könnte das Schlimmste eintreten und ..."
"Sprich nicht weiter! Bitte. Sag es nicht!", bat sie und unterdrückte krampfhaft ihre Tränen.
"Ich könnte es nicht ertragen, wenn mich die Nachicht erreichen würde und ich unserer Tochter erklären muss, warum ihr Vater nicht bei uns ist. Ich könnte es nicht ertragen, dich zu verlieren.", wimmerte Selina, während sie das Gesicht an seiner Brust vergrub. Vorsichtig legte er die Arme um sie, doch ließ die tröstenden Worte aus. Er konnte ihr kein Versprechen geben, von dem er selbst nicht wusste, ob er es einhalten konnte. Sanft streichelte er ihren Rücken und gab ihr einen Kuss auf den Scheitel, während sie weinte.
Nach einer Weile versiegten ihre Tränen und sie zog sich zurück. Es gab wenig Hoffnung für Larwenia. Es war das kleinste der vier Länder und nicht so stark besiedelt wie Sondra.
Sie stieg auf Schattentänzer und sah über den Teich.
"Will lass uns zurückgehen.", meinte sie und ließ ihr Pferd im Schritt gehen, während er auf Kassiopeia stieg. Der Hengst schien unruhig zu sein, unterfordert und energiegeladen. Er tänzelte auf der Stelle und wollte am liebsten lospreschen, doch Will behielt ihn im Zaum. Selina beobachtete das Ganze und meinte nach einer Weile:
"Lass uns ein kleines Wettrennen veranstalten. Wer zuerst am Tor ist, gewinnt."
"Und was gewinne ich?", fragte Will mit einem schelmischen Grinsen.
"Das wird sich später noch herausstellen.", antwortete sie und ritt zum nächsten Baum. Als Will neben ihr stehen blieb, zählte sie runter.
"... 3... 2 ... 1 ... LOS!" Sie preschten los.
Durch die Bäume und auf die Straße zum Schloss. Kassiopeia hatte zu viel aufgestaute Energie als, dass sie ihn einholen konnten.
Als Selina durch das Tor ritt, bremste Will den Hengst und stieg ab. Schattentänzer ließ sich leicht abbremsen und zum Stehen bringen.
Triumphierend grinsend kam er zu ihr hinüber und hob sie aus dem Sattel. Zwei Stallburschen kamen auf sie zu und nahmen ihnen die Pferde an, während sich das Paar gegenseitig liebevoll in die Augen sah.
"Lass uns rein gehen. Ich möchte meine Zeit mit dir genießen, bevor du gehst.", hauchte er an ihrem Ohr und Selina vergrub ihr Gesicht in seiner Halsbeuge und sog seinen Duft ein, während er sie in das Schloss trug.
Er würde nie verstehen, wie sehr sie ihn liebte und, dass sie es nicht ertragen könnte ihn zu verlieren.

Larwenia Band 6 - Lord of Dark and DespairWo Geschichten leben. Entdecke jetzt