„Also hier steht, dass du entweder direkt auf das Stäbchen pinkeln kannst, oder zuerst in einen Becher und dann die Spitze reinhalten", erklärte Leslie geduldig, während sie die Gebrauchseinweisung umständlich zusammenfaltete und in die Packung zurückstopfte.
Unschlüssig drehte ich den weißen Stab zwischen meinen Fingern hin und her. „Hätte sie das nicht einfach direkt prüfen können?", murmelte ich und steuerte widerwillig auf das Badezimmer zu. „Dann hätten wir gleich gesehen, dass ich [i]nicht[/i] schwanger bin und ich hätte irgendwelche Antibiotika gegen die Übelkeit bekommen. Das ist sicher bloß so eine neuartige Grippe."
„Gwen, du meintest doch vorhin noch selber, dass du deine Tage schon ziemlich lange nicht mehr hattest", seufzte Leslie und gab mir einen kräftigen Schubs, der mich ins Badezimmer beförderte. „Und jetzt pinkelst du einfach auf den Streifen und dann sehen wir weiter." Damit schloss sie die Tür und ich hörte, wie sich ihre Schritte langsam Richtung Wohnzimmer entfernten.
„Vielleicht hat das ja nur was mit meiner Krankheit zu tun!", rief ich ihr hinterher. „Eine Nebenwirkung oder sowas!" Ich durfte nämlich auf keinen Fall jetzt auch noch schwanger sein. Dann müsste ich zu David zurück und ihm beichten, dass er Vater würde. Oder das Kind allein erziehen und als alte Frau zwischen hundert Katzen sterben, weil kein Mann dieser Welt eine verletzte, schwache, alleinerziehende Mutter haben wollte. Wundervolle Ausgangsmöglichkeiten, wirklich. Wundervoll.
Ich atmete tief durch, redete mir gut zu und machte schließlich den Schwangerschaftstest, wobei ich mir bereits vornahm, mir diese Ärztin vorzuknöpfen, falls er negativ ausfallen sollte. Anstatt irgendetwas zu fragen und sich nach meinem weiteren Befinden zu erkunden, ihrer Patientin einfach einen Schwangerschaftstest aufdrücken und wieder weg schicken. Das war doch ehrlich einfach nur... Pah. Auf jeden Fall würde sie da noch etwas zu hören bekommen.
Ich steckte seufzend den Deckel zurück auf das Stäbchen und legte es wie in der Anweisung vorgeschrieben auf eine ebene, glatte Fläche. Die Wartezeit betrug unheimlich lange 5 Minuten, die ich damit verbrachte, im Badezimmer auf und ab zu laufen und mir den Kopf darüber zu zerbrechen, was ich tun würde, falls der Test tatsächlich positiv ausfallen sollte.
Die Optionen lagen ja auf der Hand, aber beide bereiteten mir allein bei den Gedanken Unbehagen. Es musste doch noch irgendwelche Möglichkeiten geben. Irgendein Fluchtweg, ein Engpass, irgendetwas, das mich im Notfall aus dieser blöden Situation rausbringen könnte.
Nervös warf ich einen Blick auf meine Handyuhr, die mir anzeigte, dass seit der Ablegung des Tests bereits sechs Minuten vergangen waren. Okay. Jetzt kam der Moment der Wahrheit. Bloß nicht durchdrehen Gwendolyn.
Ich wagte einen unsicheren Schritt zum Waschbecken, auf dessen Rand das Stäbchen vor sich hin lauerte, aber zuckte zurück, als ich danach greifen wollte.
„Leslie!", brüllte ich. Keine zwei Sekunden wurde die Tür aufgeschmissen und sie stand grinsend im Türrahmen.
„Und?", fragte sie aufgeregt. „Du bist schwanger? Ooh, du bist es, oder? Ich wusste es!"
„Nein!", fiel ich ihr rasch dazwischen. „Ich meine... Ich habe noch nicht nachgesehen."
„Ach, du brauchst moralische Unterstützung." Les nickte wissend, kam zu mir und nahm meine Hand fest zwischen ihre. Obwohl es nur so eine kleine Geste war, hatte es doch irgendwo etwas Tröstliches. „Auf geht's, Gwenny. Du schaffst das."
Ich nickte schwach, atmete ein letztes Mal tief durch und griff nach dem Teststreifen.
„Ein blauer Strich als Kontrollstreifen", murmelte ich benommen und starrte den weißen Stab in meiner Hand entgeistert an.
„Und ein zweiter als Bestätigung der Schwangerschaft", vollendete Leslie und grinste mich an. „Du bist schwanger!"
Scheiße.
„Ich wusste es! Oh mein Gott, Gwenny wird Mama!", kreischte Leslie und fiel mir so überschwänglich in die Arme, dass ich ein paar Schritte zurückstolperte.
Während sie weiter fröhlich vor mir auf und ab hüpfte, starrte ich wieder benommen auf die zwei blauen Striche vor mir.
„Nein, das darf nicht wahr sein", murmelte ich fassungslos und schüttelte energisch den Schwangerschaftstest, um diesen dummen, blauen Strich wegzurütteln. „Das kann nicht sein! Der Test ist bestimmt falsch."
Leslie schüttelte grinsend den Kopf und packte mich an den Schultern, damit ich sie ansah. „Gwendolyn, diese Tests sind sehr verlässlich. Du bist schwanger."
Irgendwo tief in mir drin wusste ich, dass sie Recht hatte. Natürlich, erst jetzt ergab das Ganze auch einen wirklichen Sinn! Die ständige Übelkeit, der mordsmäßige Appetit auf Essiggurken und der ständige Launenwechsel, den ich in letzter Zeit viel zu oft an Raphael ausgelassen hatte (ich sollte mich wohl demnächst mal bei ihm entschuldigen).
„Oh Gott, Leslie. Du hast Recht", flüsterte ich und brach im nächsten Moment bereits in Tränen aus.
Leslie drückte mich fest an sich und ich ließ den Tränen an ihrer Schulter freien Lauf.
„Was mache ich denn jetzt nur?", schluchzte ich und klammerte mich verzweifelt an meine beste Freundin.
„Zuerst musst du noch einmal zum Arzt. Und danach musst du es David sagen. Ich gehe davon aus, dass David der Vater ist, oder?"
„Ja, natürlich", sagte ich weiterhin schluchzend, hielt jedoch einen Moment inne. „Ich meine... Also [i]eigentlich[/i]..."
Leslie sah mich verblüfft an. „Oh nein... Gwen, sag mir bitte nicht, du hattest während eurer Beziehung eine Affäre!"
„Nein! Nein, hatte ich nicht! Aber nach dieser Party bei Sam, du weißt schon, wo wir Schluss gemacht haben, da bin ich am nächsten Morgen in dem Bett im Gästezimmer aufgewacht. Zwar allein, aber..."
„Nackt?"
Ich nickte. „Splitterfasernackt..."
Leslie seufzte. „Ach, Gwen. Und du hast natürlich keine Ahnung was in der Nacht passiert ist?"
„Ich kann mich nur noch dunkel daran erinnern, dass ich meinen Hintern beim Tanzen an irgendeinem Typen mit unglaublich hübschen Augen gerieben habe und danach ist... Naja, tote Hose. Genau wie in Davids und meiner Beziehung."
„Und er war am Morgen nicht mehr da?"
„Nope. Das Einzige, was noch von ihm da war, war sein Gürtel. Louis Vuitton, sehr feines Leder."
„Oh man, Gwendolyn!" Empört stemmte Leslie die Hände in die Seiten. „Du böses Mädchen, ich glaube es ja nicht!"
Schniefend wischte ich mir die Tränen von den Wangen und schüttelte dabei lächelnd den Kopf. „Ich war betrunken. Gehen wir einfach mal davon aus, dass es von David ist, okay?" Obwohl ich schon mehrere Wochen vor unserer Trennung nicht ein einziges Mal mit ihm geschlafen hatte. Sehr viele Wochen.
Leslie nickte zustimmend und rubbelte mir tröstend über die Oberarme. „Alles klar. Dann kümmere ich mich um einen neuen Termin bei der Frauenärztin und du denkst nochmal über diese super geile Wohnung nach, die du gefunden hast, in Ordnung?" Sie grinste mich an und ich lächelte automatisch zurück. „Und lass dich von deinem Nachbarn nicht abschrecken", fügte Les noch hinzu, als sie gerade auf dem Weg zur Tür war. „Gideon kann auch nett sein, wenn er sich zusammenreißt." Damit verschwand sie mit einem Augenzwinkern in der Tür und ließ mich mit dem positiven Schwangerschaftstest in der zitternden Hand im Badezimmer stehen.
Ich setzte mich mit einem Seufzen auf den Klodeckel und wollte eigentlich in Ruhe meine Gedanken ordnen, aber fuhr fast augenblicklich wie von der Tarantel gestochen wieder hoch.
„Der Gürtel", murmelte ich. Ich hatte ihn noch.
Nachdem ich mich an dem damaligen Morgen so schnell wie möglich in mein Kleid gequetscht hatte, hatte ich ihn neben meinen Schuhen am Boden gefunden und kurzerhand einfach mitgenommen. Eigentlich müsste er immer noch irgendwo zwischen meinen Sachen liegen.
Ich ging in das Gästezimmer, in dem ich momentan noch hauste, und wühlte hektisch in meinen Sachen umher, bis ich ihn tatsächlich ordentlich eingerollt zwischen meinen Socken fand.
Mit pochendem Herzen strich ich über das glatte, schwarze Leder. Dabei bemerkte ich merkwürdige Kerben, die sich wie die Ritze eines Messers anfühlten. Bei genauerem Hinsehen erkannte ich, dass da tatsächlich etwas in das Leder eingeritzt worden war.
[i]GdV[/i] war es, soweit ich es erkennen konnte. Was sollte das nur wieder bedeuten?--
Und es geht weiter mit einem Kapitel von NeverLand!
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Life hates her
FanfictionGwendolyn, 25, sieht auf einer Party, wie ihr Freund David sie mit einer anderen betrügt. Gefrustet betrinkt sie sich und landet mit einem verboten gut aussehnenden Fremden (Gideon) im Bett. Ein paar Tage später zieht sie von New York zurück in ih...