27. Kapitel

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Die letzten Wochen waren dahingeflogen. Ich fing an mich auf der Arbeit immer wohler zu fühlen, und verstand mich sogar mit einigen Kollegen sehr gut. Nur mein Chef, Mr Horace, war mir noch immer unsympathisch. Immerhin hatte er die Nachricht meiner Schwangerschaft einigermaßen gut aufgefasst und mir nicht nach nur wenigen Wochen das Arbeitsleben zur Hölle gemacht.

Auch mit Gideon und mir war alles in bester Ordnung. Wir waren zwar noch kein offizielles Paar, verbrachten aber gefühlt jede freie Minute miteinander, nur die letzte Woche musste er für meinen Geschmack zu viel arbeiten. Am liebsten verwöhne er mich mit gutem Essen, wie sich herausstellte waren nicht nur seine Lasagne und Croissants göttlich, sondern auch alles andere was er für mich kochte. Er war liebevoll und fürsorglich, sogar nachdem ich mich zwei weitere Male in seine Toilette übergeben musste. Gerne hätte ich gewusst was das genau zwischen uns war, doch ich hatte Angst danach zu fragen. Die Sorge, dass ich zu viel in etwas hineininterpretierte oder vielleicht auch zu wenig begleitete mich fast täglich, sodass ich mich nicht traute das Gespräch mit Gideon zu suchen. Das Risiko, das was ich mit Gideon hatte erneut zu zerstören, wollte ich nicht eingehen.

An David hatte ich in der letzten Zeit kaum einen Gedanken verschwendet, und ich glaube das war auch gut so.

Ich war nun ungefähr in der zwanzigsten Schwangerschaftswoche, mittlerweile konnte man deutlich erkennen, dass ich entweder schwanger war oder eine Wassermelone verschluckt hatte. Mein T-Shirt spannte über meinem Bauch, es wurde Zeit, dass ich mit Leslie oder meiner Schwester neue Kleidung kaufen ging. Caroline bettelte mich schon seit Wochen an, dass sie mit mir Schwangerschaftskleidung und vor allem Outfits für das Baby kaufen wollte.

Es war ein sonniger Dienstagvormittag. Mr Horace hatte mir den Tag freigegeben, da ich einen Arzttermin hatte. Eigentlich wollte mich Leslie begleiten, sie war fast noch aufgeregter als ich. Denn heute sollte ich das Geschlecht meines Babys erfahren. Da Leslie arbeiten musste begleitete mich meine Mutter, welche mich mit dem Taxi von meiner Wohnung abholte.

„Und, bist du aufgeregt", fragte Mum mich, als ich zu ihr ins Taxi stieg.

Ich nickte. „Aber so nervös, wie Leslie die letzten Tage war, könnte man fast meinen, dass sie diejenige sei, die schwanger ist." Mum lachte. „Ich dagegen fühle mich fast entspannt." Ich machte eine Paus. „Das Geschlecht des Babys ist mir sogar fast egal. Ich habe nur Angst, dass etwas mit dem Baby nicht in Ordnung sein könnte. Nach all dem, was ich die letzten fünf Monate durchgemacht habe, wer weiß, wie sich das Ganze auf das kleine ausgewirkt haben könnte."

Mum nahm meine Hand. „Mach dir da mal keine Sorgen. Dein Dad und ich haben das ganze Haus in Durham renoviert, in dem wir früher gelebt haben, als ich mit dir schwanger war. Und meine Schwangerschaften mit Nick und Caroline waren auch nicht entspannter. Trotzdem wart ihr die gesündesten und schönsten Babys, die ich mir hätte vorstellen können." Es beruhigte, die aufmunternden Worte meiner Mutter zu hören.

Das Taxi hielt vor der Arztpraxis, ich wollte zahlen, doch Mum kam mir zuvor. „Kinder sind teuer, da solltest du nicht auch noch fürs Taxifahren zahlen müssen."

„Ich hatte doch vorgeschlagen mit der Tube zu fahren!"

Im Treppenhaus der Arztpraxis warf ich einen schnellen Blick zu der Tür, aus der ich Gideon das letzte Mal hatte kommen sehen. Wir hatten uns seit fünf Tagen nicht gesehen, er war das gesamte Wochenende im Krankenhaus arbeiten, und ich vermisste ihn schrecklich. Zu gerne wäre ich in seinen Armen gewesen, hätte ihn geküsst oder mich einfach nur unterhalten. Wir kannten uns seit gerade einmal vier Monaten und waren noch nicht einmal ein richtiges Paar, doch ich war bis über beide Ohren in ihn verliebt. Nach der Trennung von David und dem Umzug nach London hatte ich nicht erwartet, so schnell wieder so glücklich mit jemandem sein zu können.

Die Zeit im Wartezimmer verging schnell und ich wurde doch noch aufgeregt und sogar nervös. Als ich in das Behandlungszimmer gerufen wurde, griff ich, so wie als ich klein war beim Zahnarzt, nach Mums Hand. Auch mit Mitte Zwanzig hatte es etwas beruhigendes die Hand meiner Mutter zu halten.

„Guten Morgen Miss Shepherd", begrüßte mich Dr. Marge. „Geht es Ihnen soweit gut? Irgendwelche Beschwerden?"

„Soweit ist alles in Ordnung", erzählte ich. „Die Übelkeit hat hoffentlich endlich aufgehört, ich musste mich seit zwei Wochen nicht übergeben." Darüber war ich sehr stolz. Mich drei Mal in Gideons Toilette übergeben zu müssen, waren definitiv drei Male zu viel. Er war zwar, wie beim ersten Mal, unglaublich fürsorglich, trotzdem war es mir einfach nur unangenehm.

Dr. Marge führte einige Tests durch und bestätigte mir, dass es sowohl mir als auch dem Baby sehr gut ginge. Alles entwickelte sich so wie es sollte. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Bei jedem weiteren Test, den sie durchführte, war meine Angst, dass etwas nicht in Ordnung sein könnte, gestiegen. Ich hatte keine Vergleichswerte, ob die Dauer der Untersuchung normal sei und fing schon an mir einzureden, dass etwas falsch sein könnte.

„Können Sie das Herz schlagen hören?", fragte uns Dr. Marge, während sie mit dem Ultraschallgerät über meinen Bauch fuhr. Es war ein wunderschönes Geräusch. Mum und mir stiegen beiden die Tränen in die Augen. Ich wusste nun seit über zwei Monaten, dass ich schwanger war, doch dieses Geräusch machte es noch einmal greifbarer und realer.

„Ich wünschte dein Dad könnte das jetzt hören. Ich bin mir sicher, er wäre überglücklich", meinte Mum traurig.

„Ich auch."

Dr. Marge gab uns ein paar Minuten und fragte dann: „Möchten Sie auch das Geschlecht Ihres Babys erfahren?"

Ich nickte eifrig. Nun wurde ich doch noch einmal nervös. An sich war mir das Geschlecht egal. Ich hatte gerade erfahren, dass mit dem Baby alles in bester Ordnung war und war überglücklich. Trotzdem hoffte ich, dass es ein Mädchen werden würde. Wie ich Gideon vor einer Weile erklärt hatte, stellte ich es mir für ein Mädchen einfacher vor, ohne Vater aufzuwachsen, als für einen Jungen. Gideon spielte derzeit eine große Rolle in meinem Leben, doch darüber, wie das ganze aussehen würde, sobald das Kind da ist, hatten wir noch nicht gesprochen.

Eine gefühlte Ewigkeit später wurde die Spannung endlich gelöst: „Es wird ein Mädchen", sagte Dr. Marge lächelnd und zeigte auf Ihren Bildschirm. „Und wenn sich weiterhin alles so gut entwickelt bin ich mir sicher, dass sie später mindestens genauso schön wird wie Sie und Ihre Mutter."

Die Tränen, welche zuvor nur in meine Augen gestiegen waren, flossen nun in Bächen meine Wangen hinunter.

Mum drückte meine Hand und gab mir einen Kuss auf die Stirn. „Ich kann es immer noch kaum fassen, dass ich Großmutter werde!"

Kurze Zeit später verließen wir die Arztpraxis. Im Treppenhaus hatte ich erneut die Hoffnung, dass Gideon aus der gegenüberliegenden Tür kommen könnte, doch ich wurde, wie auch schon auf dem Hinweg enttäuscht.

„Starrst du diese Tür jedes Mal so an, als wäre dahinter ein Schatz versteckt?", riss mich Mum aus den Gedanken. Ups. Eigentlich wollte ich ihr noch nicht von Gideon erzählen.

„Sowas in der Art." Ich machte eine kurze Pause. „Sollen wir noch einen Kaffee trinken gehen? Ich bin halb verhungert.

———
Eigentlich wollte ich euch noch ein paar Tage warten lassen, aber ich bin momentan zu aufgeregt. Ich habe noch 1,5 weitere Kapitel fertig, ich will euch noch nicht zu viel verraten, aber es wird spannend!
Irgendwie bin ich momentan total um Schreibfluss - ich glaube ich muss die letzten Jahre nachholen, da kam eindeutig zu wenig Neues von mir.

Tut mir leid, dass das Kapitel recht kurz ist!

Ich hoffe, dass euch das neue Kapitel gefällt!

Liebe Grüße ❤️

Life hates herWo Geschichten leben. Entdecke jetzt