31. Kapitel

271 11 19
                                    

Ich war den ganzen Tag auf der Arbeit todmüde und erschöpft gewesen. Meine Augen waren gefühlt alle paar Sekunden zugefallen und ich wäre am liebsten eingeschlafen. Ich sah wohl so müde aus, dass meine Kollegen mich am liebsten nach Hause geschickt hätten, doch ich weigerte mich. Dadurch, dass ich mich zwang wach zu bleiben hatte ich wenigstens keine Zeit mehr an Gideon und den gestrigen Abend zu denken. Der Tag verging unglaublich langsam, doch irgendwann hatte ich es geschafft. Ich war fertig mit der Arbeit und konnte endlich nach Hause gehen.

In der Hoffnung, dass ich durch etwas frische Luft wieder ein wenig aufwachen würde, entschied ich mich vom Büro nach Hause zu laufen und nicht wie sonst mit dem Bus zu fahren. Die frische Luft half tatsächlich ein wenig. Ich steckte mir meine Kopfhörer in die Ohren, schaltete meine Bon Jovi Playlist an und genoss die frische Luft, ohne über irgendetwas bestimmtes nachzudenken. Gedanken an Gideon und mein Baby würden mich nachts bestimmt wieder genug quälen.

Doch als ich wieder zuhause war, fühlte ich mich nicht wirklich besser. Die frische Luft hatte mich zwar ein wenig aufgeweckt, doch als ich Gideons Auto auf der Straße vor unserem Haus parken sah, kamen die Erinnerungen an die letzte Nacht, welche ich die letzte halbe Stunde so gut unterdrückt hatte, wieder hoch.

Da ich zu müde zum Kochen war bestellte ich mir eine Pizza und entschied mich dazu, wieder einen Film zu gucken. Vielleicht würde mich irgendeine kitschige Liebesgeschichte ablenken können. Früher hatte sowas bei Leslie und mir auch immer geholfen. Ich hatte gerade mit dem Film angefangen, als es an meiner Tür klingelte. Überrascht darüber, wie schnell meine Pizza geliefert wurde, sprang ich auf und ging zu Tür. Ich öffnete die Eingangstür über meine Sprechanlage und dann die Wohnungstür, um die Pizza entgegennehmen zu können.

Doch zu meiner Überraschung war es nicht der Pizzalieferant, der geklingelt hatte. Ich musste zwei Mal hinsehen, bis ich meinen Augen traute. Vor meiner Tür stand Gideon. Sobald ich realisiert hatte, wer gerade vor meiner Tür stand, begann mein Herz schneller zu schlagen. Gideon trug Jeans und ein Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln, wie immer sah er darin verboten gut aus. Ich hingegen trug meine alte Jogginghose und einen zu großen Pulli. Ich war nicht einmal mehr geschminkt und hatte die Haare in einem unordentlichen Dutt auf meinem Kopf zusammengebunden.

„Darf ich reinkommen?", fragte er und schenkte mir ein kleines Lächeln.

Ich zögerte einen Augenblick, doch dann sah ich, dass Gideon etwas in seinen Händen hielt: in der linken war ein unglaublich schöner kleiner Blumenstrauß und in der rechten ein Overall für ein Baby. Langsam nickte ich und gab ihm den Weg in meine Wohnung frei.

„Ich stell die Blumen kurz für dich in eine Vase, okay?", fing Gideon an und ging schon in Richtung meiner Küche. „Und ich mache uns eine Kanne Tee, den haben wir ja gestern gar nicht mehr getrunken." Verwundert blickte ich Gideon nach und ging zurück in das Wohnzimmer. Was wollte er hier?

Kurze Zeit später brachte Gideon eine Kanne Tee mit Tassen und den Babyoverall mit ins Wohnzimmer. Er schenkte uns Tee ein und drückte mir dann das Kleidungsstück in die Hände. Noch immer war ich verwirrt. „Ich möchte mich bei dir entschuldigen", sagte er ernst. Mein Herz hörte vor Überraschung einen Augenblick lang auf zu schlagen. „Ich habe mich gestern in keiner Weise angemessen verhalten." Ich nickte leicht zur Bestätigung. „Ich war einfach mit der Situation überfordert." Gideon machte eine längere Pause, doch sprach dann weiter: „ Ich denke, als du vor kurzem erfahren hast, dass du schwanger bist, ging es dir ähnlich."

„Ja", antwortete ich und überlegte für einen Augenblick, wie ich mit der Situation umgehen sollte. Gideon hatte sich zwar entschuldigt, doch wenn ich in den letzten Monaten eine Sache über ihn gelernt hatte, dann war es, wie unberechenbar er manchmal sein konnte. „Aber ich konnte nicht einfach den Raum verlassen und meine Überforderung mit einer Flasche Whiskey runterspülen", fuhr ich etwas zickiger als erwartet fort. Ich drehte den Overall, welchen ich noch immer in den Händen hielt, um. Auf der Vorderseite stand ‚Daddy's little Pricess'. Es war zwar kitschig, aber auch unglaublich süß. „Tut mir leid, das sollte nicht so harsch klingen."

Life hates herWo Geschichten leben. Entdecke jetzt