Chapter 2

29 6 10
                                    

Ich stieg in das kleine rote Boot, nahm das Paddel in die Hand und stieß mich mich aller Kraft ab. Die Wellen des Flusses rissen mich sofort mit und ich musste aufpassen, dass ich nicht an Felsen, die aus dem Wasser ragten, rammte. Ole wollte mir einen kleinen Vorsprung lassen und mir dann mit seinem Kanu folgen.

"HILFE!", hörte ich einen stumpfen Schrei. Ich drehte mich um, weil ich dachte, der Schrei käme von meinem Freund. Am Horizont entdeckte ich sein gelbes Kanu. Doch schon tauchte ich in das eiskalte Wasser ein. Ich drehte mich schnell und versuchte die Wasseroberfläche zu erreichen. Mit wenigen Schwimmzügen hatte ich es geschafft und kraulte ans Ufer.

Als ich dort ankam blickte ich mich um. Das rote Boot, mit dem ich gerudert war, hatte der Fluss bereits mit sich gerissen, doch wo war Ole? Da hinten! Ich sah ein Paddel. Das musste Oles'sein. Also konnte er nicht weit entfernt sein. Ich musste zu ihm. War er verletzt?

"Aufwecken!", Oles'Stimme riss mich aus meinem Traum. Normalerweise hätte ich ihn gefragt, was das sollte, doch heute war ich ihm dankbar. Dankbar, dass er diesen Traum beendet hatte. Doch dieser Albtraum war wirklich geschehen. Nicht diese Nacht, sondern Monate zuvor. Ich denke, es waren Monate, denn ein richtiges Zeitgefühl hatten wir schon lange nicht mehr. Wir sahen, wenn es langsam Nacht wurde, und frühs, wenn es hell wurde, dass ein neuer Tag anbricht. Aber wir zählten die Tage nicht. Es würde uns sowieso nichts nützen.

Was machen wohl gerade unsere Freunde in Deutschland?, fragte ich mich. Vermissen sie uns? Ole wird sicher vermisst, dachte ich mir, aber, ob mich jemand vermissen würde... Meine Eltern...Denen habe ich gesagt, dass ich verreise, was ja vorerst auch der Wahrheit entsprach, aber ich habe ihnen nicht gesagt, wann ich zurückkommen würde. Es hätte sie sowieso nicht interresiert. Und meine Freunde... Ich habe zwar ein paar Freunde, aber das sind eher Kumpels als richtige Freunde. Ich kann mit ihnen Quatsch machen und sie sind für jeden Spaß zu haben, aber über irgendwelche ernsthaften Themen habe ich mit denen noch nie geredet.
Mein einziger richtiger Freund ist Ole.

Ja Ole... Kommen wir zu dem. Ich denke, er wird vermisst. In Deutschland war er nicht der beliebteste juge in der Schule, aber er hatte eine Freundin. Liz kennt er nun schon seit fast fünf Jahren. Sie waren sich schon seit Anfang an sympatisch, doch ein richtiges Paar waren die beiden erst seit knapp einem Jahr. Ich kenne Liz nun auch schon sehr lange und ich habe mich wirklich für die beiden gefreut, als Ole mir gesagt hat, dass die beiden nun ein Paar sind.

In der ersten Zeit, wo wir hier waren, war es hart für Ole. Nächtelang lag er in der Höhle und hat geheult. Ich habe ihn, obwohl er mein bester Freund ist, vorher noch nie weinen sehen, doch das war zu viel für ihn. Ich habe auch versucht ihn zu trösten, doch es hat nicht funktioniert. Irgendwann hat er dann versucht sich abzulenken, indem er Holz gesammet hat, mit mir über belangloses Zeug geredet hat oder indem er einfach nur draußen im Wald war.

Aber einmal, als ich das Thema Liz angesprochen habe, hat er sofort abgeblockt und wollte nicht weiter darüber reden. Ich denke, er versucht einfach das Thema zu ignorieren und glaubt, irgendwann einmal hat er das Ganze vergessen. Für den Moment scheint es vielleicht der beste Weg zu sein, aber er kann sich nicht ewig in seinem Schneckenhaus vertecken. Er vermisst sie und das sollte er auch zugeben. Er liebt sie und er sollte sie nicht einfach so vergessen.


My first adventureWo Geschichten leben. Entdecke jetzt