A C H T Z E H N

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Luke's PoV:

„Ich auch.", unterbricht Ashton die Stille. Wir haben beide bis zu diesem Moment geschwiegen, er weil er das alles erst einmal verarbeiten musste, ich, weil ich mich selten, wenn sogar nie, jemanden so anvertraue.

„Du auch was?", frage ich verwirrt. „Ich wollte auch immer eine perfekte Familie. Nach außen wirken wir zwar so, doch innen drinnen sind wir zerstört. Ich hatte immer das Privileg, Freunde zu haben, die mich unterstützen, deswegen war es nie so schlimm für mich." „Ich war immer einsam." „Ab jetzt bist du es nicht, Luke. So schnell wirst du mich nicht wieder los." Sein Lächeln ist fast so umwerfend wie immer, doch es erreicht seine Augen nicht ganz. Wir beide sind in kleinen Teilen sehr verschieden. Wir sind wir kaputt, zerbrochen und total zerstört, doch Ashton verbirgt dies unter einer Fassade, die fast jeden täuscht. Fast jeden. Ich verdränge meine Probleme immer, laufe vor ihnen weg, doch in Momenten wie diesem Keimen sie auf und in mir tobt ein Hurrikan voller Gefühlen.

Mir ist der Appetit vergangen, was Ashton wohl auch bemerkt. „Bist du fertig?", fragt er mich mit hochgezogener Augenbraue. Er betrachtet meine halb aufgegessene Pizza, schaut auf seinen leeren Teller und dann wieder auf meinen. „Ich kann nicht mehr.", gebe ich zu. „Ich lasse es einpacken. Warte du vor dem Auto auf mich." Langsam erheben wir uns beide und ich drücke ihm einen kurzen, dennoch bedeutsamen Kuss auf die Lippen. „Danke.", murmle ich, doch wir wissen beide, dass es nichts mit der Pizza zu tun hat. 

Ashton's PoV:

Nachdem ich Luke's Pizza einpacken lassen habe, verlasse ich das Restaurant. Mein Babyboy steht am Auto gelehnt, starrt verträumt auf den Asphalt und trägt ein labil aussehendes Lächeln im Gesicht. Ich gehe auf ihn zu und lege meine Arme um ihn. Was er mir heute erzählt hat, schockierte mich schon gewaltig. Wie ist man denn in der Lage ein so schönes Wesen zu mobben? Luke bezahlt sogar seiner Schwester einen Klinikaufenthalt, wodurch sein Lebensstandard deutlich sinkt. Ich meine, billig ist sowas ja nicht gerade.

Luke schaut zu mir auf. Seine unschuldigen Augen suchen meinen Blick. Als sie ihn gefunden haben, halten sie mich fest, lassen mich nicht so schnell gehen. Mittlerweile habe ich mich von ihm gelöst und öffne das Auto, in das wir beide einsteigen. Dass er mir seine Geschichte erzählt hat und ich ihm meine, verbindet uns nur noch mehr. Es hat sich zwischen uns etwas ziemlich festes entwickelt, dass ihn umso anziehender für mich macht.

„Babyboy?" „Ja, Daddy?", seine Augen werden groß, blicken unschuldig drein. Er beißt sich auf die Lippe, wartet auf meine Reaktion.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass meine Beule nicht zu übersehen ist. „Fuck, woher hast du das?", ich muss mich beherrschen, ihn hier nicht gleich im Auto zu nehmen. Die Tatsache, wie rein er dieses dreckige Wort grad ausgesprochen hat, turnt mich unheimlich an. „Ich bin nicht dumm, Ashton. Diese Spitznamen, die du mir gibst, haben eine Bedeutung.", nervös spielt er mit seiner Nagelhaut. Nach zwei tiefen Atemzügen antwortet er schließlich. „Und ich möchte, dass du mir diese Bedeutung an meinem eigenen Leib zeigst, Daddy." „Du weißt nicht, wie sehr ich dir das gerade zeigen möchte.", gebe ich ehrlich zu. „Warum machst du es nicht?" „Weil du noch nicht bereit bist. Weil wir noch nicht bereit sind."

Ich schalte den Motor an. „Kommst du noch mit zu mir?", frage ich ihn. „Gerne, Daddy."

Luke's PoV:

Die Kieselsteine knirschen unter den großen Reifen von Ashton's Auto, als wir die Auffahrt hochfahren. „Das Auto von meinen Eltern steht noch da. Sie meinten eigentlich, dass sei heute wieder wegfahren, aber das hat sich wohl geändert." Erschrocken reiße ich die Augen auf. Die Tatsache, das ich jetzt vielleicht seine Eltern kennen lerne, beunruhigt mich. Was, wenn sie mich nicht mögen? Er hat erzählt, dass sie immer eine perfekte Familie nach außen sein wollten, doch da ich kein Geld habe, gehöre ich dann ja offensichtlich nicht dazu. Meine Handflächen fangen unglaublich an zu schwitzen, eine Eigenschaft von mir, die ich hasse. Das tun sie immer, wenn ich aufgeregt bin, oder mir etwas unangenehm ist.

„Ashton?" Meine Stimme zittert leicht. „Ja, Kitten?" Das Auto bleibt stehen. „Ich hab Angst.", beichte ich ihm. „Wovor?" „Wenn sie da sind, dann werde ich sie jetzt kennen lernen." „Wo liegt das Problem?", fragt er skeptisch. „Ich... Sie... Sie werden mich nicht mögen.", dass ich meine Stimme nicht mehr so richtig unter Kontrolle habe, ist mir ziemlich peinlich. „Du bist perfekt. Wer mag dich denn nicht?" Ich vernehme noch einen kleinen Kuss auf meiner Wange, ehe Ashy aussteigt und ich es ihm gleichtue. Ich umrunde das Auto und seine Hand greift nach meiner verschwitzen, als ich neben ihm stehen bleibe. Sein tiefes Lachen lässt mich aufschrecken. „Was geht bei deiner Hand ab?" „Halt den Mund, Ashton.", beleidigt drehe ich mich weg. „Was hast du gesagt?", er ist auf einmal ganz nahe an meinem Ohr. Seine Stimme ist in Sekundenschnelle deutlich kratziger und rauer geworden. „So sprichst du nicht mit mir, Babyboy. Das hat Folgen." Sein warmer Atem prallt auf meiner Haut ab, eine angenehme Gänsehaut überzieht mich. „Es tut mir leid, Daddy." „Ich sehe darüber hinweg, aber heute Abend stellen wir Regeln auf. Nur damit das klar ist." „Danke, Daddy. Das wäre toll." Er führt mich an meiner Hand weiter, und als wir an der Eingangstür angekommen sind, schließt er auf. „Hey Mom, Hey Dad.", ruft er sofort überfreundlich. Selbst ein schwerhöriger würde hören können, dass er schleimen will. Da hatte er sich aber tief in die Scheiße geritten. „Ashton Irwin. Ins Wohnzimmer. Sofort!" , brüllt eine wütende Frauenstimme. „Pass auf, dass sie dich nicht treffen.", lacht Ashton und geht vor, ich folge ihm schweigend. Mir ist nicht nach lachen zumute. Er geht etwas vor mir, sodass er auch früher im Wohnzimmer als ich ist. „Wo warst du?", herrscht ihn jetzt eine Männerstimme an. Sein Vater hat eine kräftige, laute Stimme. Auf irgendeine Art und Weise ähnelt sie Ashton's, doch Daddy's Stimme ist deutlich schöner. „Also, alle mal bitte setzen und beruhigen. Es gibt einen Grund, warum ich nicht gekommen bin." Er zieht mich mit einer schnellen Bewegung in den Raum. „Ich hatte ein wunderbares Date mit Luke." Auf dem Sofa sitzen seine Eltern. Sie sind genau so schön wie Ash. Ist jeder in dieser Familie äußerlich perfekt? Seine Mom springt erfreut auf und klatscht in die Hände. Ihr Sinneswandel verwirrt mich, denn gerade hat sie sich noch so angehört, als ob sie Ashton den Kopf abreißen möchte.

„Na dann, das ist natürlich entschuldbar." Mit großen Schritten kommt sie auf mich zu und zieht mich in eine feste Umarmung, die ich zögerlich erwidere. Ihr zierlicher Körper hat doch mehr Kraft, als man anfänglich vermutet. Ich entziehe mich ihrer Umarmung vorsichtig. „Schön sie kennen zu lernen, Mrs. Irwin.", ich bemühe mich, meine Stimme aufrichtig klingen zu lassen, denn insgeheim hätte ich diesen Moment lieber rausgezögert.

Sein Vater räuspert sich demonstrativ. Schüchtern schaue ich zu dem groß gebauten Mann. Er scannt mich prüfend von oben bis unten ab, ehe er mir die Hand gibt. Da haben wir's: Er kann mich nicht leiden. Sofort nachdem er meine Hand losgelassen hat rutsche ich ein Stück hinter Ashton und lehne meine Stirn leicht an seinen Oberarm. Meine Hand fährt, möglichst unauffällig in seine. Beruhigend drückt er einmal leicht zu, bevor sein Daumen anfängt über meinen Handrücken zu streichen. „Mom, Dad, wir würden jetzt gerne nach oben gehen, unser Date ist noch nicht zu Ende und ihr gehört um ehrlich zu sein nicht dazu.", sagt Ashton versöhnlich, und meiner Meinung nach einen Tick zu freundlich. Verstehend nickt seine Mutter und bevor sie eine Antwort geben kann, zieht mich Ashton mit sich aus dem Wohnzimmer.

Daddy?« LashtonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt