Z W E I

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Luke's PoV:

Es ist 15:00 Uhr, ich bin gerade fertig mit meiner Arbeit im Kaffee, als mir ein Zettel in meiner Hosentasche auffällt. Ach ja, Ashton Irwins Adresse und Telefonnummer. Vielleicht kann ich ja jetzt zu ihm fahren und nicht erst am Wochenende, so wie ich es ursprünglich geplant hatte. Nach einem genaueren Blick auf den zerknüllten Zettel stelle ich fest, dass Irwin ganz in der Nähe meiner Wohnung lebt. Kurzer Hand mache ich mich auf den Weg zu ihm.

Auf meinem Weg dorthin höre ich The white Stripes und Neon Trees. Mit Musik erscheinen mir die teilweise grauen Straßen gleich viel schöner. Ich laufe an dem heruntergekommenem Klotz vorbei, in dem sich meine Wohnung befindet. Langsam komme ich zum äußeren Teil der Stadt, wo die Häuser immer größer und prunkvoller werden.

Vor einem großen, weißen Haus bleibe ich stehen. Irwin steht auf dem Briefkasten und unter der Klingel. Groß ist tatsächlich etwas untertrieben. Es ist gigantisch. Beide Straßenseiten sind voll mit riesigen Villen und den dazugehörigen riesigen Gärten. Ich schaue an mir runter und fühle mich plötzlich unwohl. Hier sieht es so aus, als ob keiner der Teenies, die hier wohnen, den ganzen Tag arbeiten muss, um sich ein Studium leisten zu können. Das Geld dafür bekommen sie wahrscheinlich von ihren Eltern geschenkt. Ich kann mir ja nicht mal anständige Klamotten leisten, was an meinem ausgewaschenem Bandshirt und den zerrissenen Jeans nicht schwer zu erkennen ist.

Ich fühle mich nicht unwohl, nein, ich fühle mich schäbig.

Warum muss Ashton Irwin denn genau hier wohnen?

Ich will nur noch weg hier, also klingle ich schnell. Nach ein paar Minuten Wartezeit und einem weiteren mal Klingeln öffnet eine kleine, dickliche Frau die Tür, gerade soweit, dass sie rausgucken kann und ich nicht rein. „Guten Tag. Kann ich etwas für sie tun?" Fragend schaut sie mich an. „Ich würde gerne mit einem Ashton Irwin sprechen. Ich habe sein Portemonnaie gefunden und würde es ihm gerne zurückgeben.", erkläre ich ihr. Sie nickt kurz und schließt die Tür ohne ein weiteres Wort. Verwirrt bleib ich vor der Tür stehen. Ich hoffe mal sie kommt gleich wieder mit diesem Ashton im Schlepptau. Ich könnte meine Zeit auch gut für etwas besseres verwenden.

Nervös fummle ich an meinem Shirt herum und trete von einem Fuß auf den Anderen. Als die Tür sich ruckartig öffnet, schrecke ich hoch. Vor mir steht ein großer, schlanker Typ um die Zwanzig. Er hat braune, etwas längere Locken und breite Schultern. Seine Augen blicken stechend und haben eine, für mich undefinierbar Farbe. Seine roten, schmalen Lippen, die zum Küssen einladen, werden von umwerfenden Grübchen gesäumt. Umwerfend. Alles in seinem Gesicht passt perfekt zusammen.

Und ganz im Gegensatz zu meinen Erwartungen trägt auch er ein Bandshirt. Sum 41. Seine Jeans ist allerdings im Gegensatz zu meiner nicht zerrissen. Er trägt sie wahrscheinlich auch nicht schon seit drei Jahren. Und seine Schuhe sind auch nicht ausgetreten und zerfleddert. Jetzt komme ich mir wieder schäbig vor. Ich senke meinen Blick. Hoffentlich habe ich ihn nicht zu lange angestarrt. Aber er sieht einfach aus wie ein Gott. Scheiße, ich darf mich jetzt nicht in diesen Typen verknallen. Das wird sowieso nichts. Was sollte er von einem wie mir wollen?

„Kann ich dir irgendwie helfen? Mary sagte mir, dass du mein Portemonnaie hast. Hast du mich bestohlen oder was?", ertönt auf einmal die Stimme von Irwin. Ich zucke zusammen und mein Blick haftet nur noch intensiver an meinen Schuhen. Schon wieder jemand der mich nicht leiden kann. Was haben bloß alle gegen mich? Ich könnte doch noch nicht mal einer Fliege etwas zu leide tun. Na ja, was anderes hätte ich nicht erwarten sollen.

„Antwortest du auch mal? Mein Gesicht ist hier oben falls es dir noch nicht aufgefallen ist."

„Tut mir leid Mr. Irwin. Ich ähm... Ich meine, ich habe ihr Portemonnaie nicht gestohlen. Es lag neben einer Bowlingbahn. Ich habe es beim aufräumen gefunden. Tut mir leid." Warum entschuldige ich mich?

Der Typ schüchtert mich vielleicht ein. Nicht nur sein Aussehen, er wirkt auch so wütend und aggressiv. Vorsichtig, als würde ich versuchen einen bissigen Hund zu streicheln, halte ich ihm meine zitternde rechte Hand mit der Geldbörse hin. Mein Blick liegt auf seiner Brust. Ich kann ihm einfach nicht in die Augen sehen. Wenn ich immer nach oben gucken muss komme ich mir noch kleiner und wertloser vor als ich es sowieso schon tue.

Irwin stößt eine Art keuchen aus. Überrascht schaue ich nach oben. Er mustert mich. Er scheint jeden einzelnen Zentimeter meines Körpers ab zu scannen. Über all bildet sich Gänsehaut. Ich kann meinen Blick nicht mehr von seinen Augen lösen und auch er scheint, nachdem sein Blick an meinen Körper hoch gewandert ist an meinen Augen hängen geblieben zu sein.

Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie sich sein rechter Arm hebt um nach dem Portemonnaie in meiner immer noch ausgestreckten Hand zu greifen. Er zieht es schnell aus meiner Hand, bedacht darauf mich so wenig zu berühren wie nur möglich. Misstrauisch öffnet er es, schaut nach, ob seine ganze Kohle noch vorhanden ist. Nachdenklich geht er eine Karte nach der anderen durch, wohl sehr erstaunt, dass ich nichts geklaut habe.

„Es fehl nichts." sagte er dann. Es verletzt mich, dass er so von mir denkt. Ich habe noch nicht mal daran gedacht, ihm etwas zu klauen.

Geknickt schaue ich erneut auf den Boden. „Ich wollte nur höflich sein, und direkt wird mir unterstellt, dass ich klaue. Auf Wiedersehen." Ich drehe mich auf meinem Absatz um und laufe die große Auffahrt herunter.

„Warte!" Er joggt den kurzen Weg, den ich schon hinter mich gebracht habe, hinter mir her und hält mich am Arm fest, sodass ich gezwungen bin stehenzubleiben. Die Stelle, an der er mich berührt, wird ganz warm. Irritiert, dass er mir hinter her gekommen ist, schaue ich auf. Er ist nur noch wenige Zentimeter von meinem Gesicht entfernt und wenn jetzt jemand vorbei kommen würde, könnte dieser jemand auch denken, dass wir uns gleich küssen. Als er auch nach ein paar Minuten nicht weiß, was er sagen soll, habe ich die Schnauze gestrichen voll und reiße mich von ihm los. Wenn er mich aufhält, dann soll er auch einen Grund dazu haben.

Schnell laufe ich nach Hause, ohne dass er mich ein weiteres Mal aufhält. Verärgert stelle ich fest, dass ich in gewisser Hinsicht traurig darüber bin. Beschissene Hormone.

Zu Hause angekommen schmeiße ich meinen Rucksack in die nächste Ecke und lasse mich erschöpft auf mein kleines Bett fallen. Es quietscht verdächtig, da es so ein billiges Bett aus einem preiswerten Möbelhaus ist, das zu dem Zeitpunkt, als ich es gekauft habe eine Schlussverkauf Rabattaktion hatte.

Mein Gesicht vergrabe ich in meinem Kopfkissen und schreie frustriert auf. Ich würde fast sagen, dass das mit Ashton Irwin Liebe auf den ersten Blick gewesen ist, doch dieses Gefühl beruht wahrscheinlich auf Einseitigkeit. Aber so etwas habe ich noch nie gefühlt. Ich war einfach nur von seinem Aussehen und seinem Auftreten komplett geflasht. Aber dieses Gefühl wird sofort in die hinterste Ecke meines Bewusstseins verdrängt, wenn ich an seinen Charakter denke. Nicht alles lässt sich mit einem guten Aussehen begleichen. Vielleicht hatte er auch nur einen schlechten Tag und ist normalerweise gar nicht so grantig. Ich sollte einfach aufhören mir Gedanken darüber zu machen. Sonst träume ich mir wieder irgendwelchen Bullshit zusammen und mache mir dadurch Hoffnungen. 

Daddy?« LashtonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt