Kapitel 2

904 17 1
                                    



Eine Wochespäter nahm ich den Zettel, auf dem seine Handynummer stand, setzte mich mit dem Telefon auf mein Bett und wählte die Nummer. Schon kurz nachdem ich auf den grünen Hörer gedrückt hatte, nahm Levin ab.„Guten Morgen, Herr Marx. Hier ist Emma Maier und ich wollte nur kurz Bescheid sagen, dass ihr Sakko nun fertig ist. Allerdingsmüssten sie zum anprobieren noch einmal vorbei kommen." sagte ichschnell und atmete tief ein. Diesen Anruf hätte ich eigentlich schonvor ein paar Tagen tätigen müssen, jedoch habe ich mich nichtgetraut. „Guten Morgen Emma." hörte ich nun ihn reden. Und sowie er sich anhörte, habe ich ihn geweckt. „Klar, wann passt esdir denn? Wann soll ich vorbei kommen?" fragte er jetzt schon etwasmunterer. „Jetzt gleich?" schlug ich vor und hörte ihn atmen.„Alles klar. Bin gleich da." sagte er und legte auf.

Und tatsächlichhörte ich ihn schon zwanzig Minuten später klingeln. Ich öffneteihm die Tür und ließ ihn herein. „Geht es ihnen nicht gut?"fragte ich leicht besorgt. „Doch. Nur um zehn Uhr morgens vomTelefon geweckt zu werden ist nicht so schön. Vor allem, wenn manbis zwei Uhr wach war und kein Frühstück hatte." sagte er undsetzte sich auf mein Bett und ließ sich auf seinen Rücken fallen,während ich seinen Anzug holte. „Bitteschön." sagte ich undstellte mich vor ihn – er reagierte jedoch nicht. Ich legte alsoseinen Anzug beiseite und stütze mich über ihn um zu gucken, ob erokay ist. „Hallo?" fragte ich skeptisch, als er plötzlich seineAugen aufschlug. Nun starrten wir uns gegenseitig in die Augen. Ichwar so Überrascht, dass ich mich nicht bewegen konnte und auch nichtatmete. Ich roch sein Parfüm und sah in seine Hellblauen Augen. Dannerhob ich mich rasch und nahm wieder seinen Anzug und hielt ihn ihmhin. Er stand auf und machte seine Hose auf, zog seine Jacke aus undschmiss diese aufs Bett. Dann zupfte er sein weißes Hemd zurecht undschaute mich an. Ich gab ihm das Sakko und musterte ihn mit einemkritischen Blick. „Was hast du?" fragte er doch ich war inGedanken versunken. „Könnten Sie es einmal zu machen?" fragteich nett und er tat, was ich sagte. „Und jetzt einmal hinsetzen."bat ich ihn wieder und betrachtete meine Arbeit dann wieder mit einemkritischen Blick. Das Sakko gefiel mir aber schon mal. Dann reichteich ihm die Hose und drehte mich weg. „Das macht nichts, wenn dudabei zuschaust." sagte er lachend. Ich zuckte jedoch nur kurz dieSchultern und drehte mich wieder um, als er fertig zu sein schien.Und das verschlug mir die Sprache. Ich musste ihn mit halb offenemMund angestarrt haben, denn er fing wieder an zu lachen. „Sehe ichso gut aus?" fragte er selbstverliebt und das holte mich aus meinerStarre. „Ich bin nur so begeistert von meiner Arbeit. Das istalles." sagte ich leicht provokant, leicht stolz. Jedoch war esnicht nur mein Werk, dass mich staunen ließ. Ich wusste, dass Männerin Anzügen verdammt gut aussahen, aber Levin übertraf wirklichalles. „Darf ich mich dann mal selbst im Spiegel betrachten?"fragte er und ich nickte und zog das Tuch, dass ich über meinenSpiegel gelegt hatte, weg. Nun trat Levin vor den Spiegel undbetrachtete sich selber. „Wenn ich mir diesen Kommentar erlaubendarf, finde ich aber, dass Ihnen ein weißes Hemd mit einer Krawatteund einer einfachen Jeans Hose besser stehen würde." sagte ich undließ mich auf mein Bett nieder und überschlug die Beine. „Meinstdu? Bei einer Hochzeit läuft man aber nicht in Jeanshose auf, so gutdas auch aussehen mag." sagte er und drehte sich dann zu mir. „WenHeiraten Sie denn? Etwa die Deutschlehrerin von unserer Schule?!"wollte ich wissen und grinste ihn an. „Nein! Wieso kommst dudarauf?! Ich bin nur Trauzeuge!!" teilte er mir lachend mit. „Ichnehme den Anzug aber. Wie viel kostet er denn jetzt?" fragte er undfing an, sich wieder um zu ziehen. Ich setzte mich an meinenSchreibtisch und rechnete alles aus. „420 Euro. Wie ich schonletzte Woche sagte, im vier hunderter Bereich." sagte ich undrechnete noch einmal alles im Taschenrechner aus. Levin stützte sichlinks und rechts neben mir ab und schaute mir über die Schultern.Ich merkte seinen Atem in meinem Nacken und die wärme, die vonseinem Körper ausging. Er konnte nur ein paar Zentimeter von mirentfernt sein. „Seit wann bist du so schnell im Kopfrechnen?"fragte er neckisch - „Seit wann schauen Sie Schülern so genau überdie Schulter?" fragte ich zurück und drehte meinen Kopf in seineRichtung und grinste ihn an. Wie ich es mir schon dachte, war erwirklich nur ein paar Zentimeter entfernt und jetzt schaute auch erzu mir. Unsere Blicke trafen sich und auch er grinste leichtprovokant. „Seitdem es um mein Geld geht." sagte er und ichnickte ironisch. „Klar. Seitdem es um ihr Geld geht." sagte ichund zog ungläubig eine Augenbraue hoch. „Zum überprüfen derErgebnisse muss man das schon mal machen." sagte er grinsend.„Stimmen sie denn?" fragte ich und er drehte seinen Kopf auf dasBlatt. Mit dem Finger machte ich einen Fleck auf seiner Wange weg undprompt schaute er mich skeptisch, fragend an. „Sie hatten da einenFleck den ich nur weg gemacht habe." rechtfertigte ich meinverhalten. „War es Lippenstift?" fragte er interessiert. „Wohersoll ich das denn wissen? Weiß ich ja nicht was Sie Nachts sotreiben." sagte ich und dann stellte er sich wieder gerade hin. „Duhast dich nicht verrechnet. Und was ich Nachts so treibe? Ich schlafeoder korrigiere Arbeiten oder Tests, die wirklich deprimierend sind."sagte er und legte mir 450 Euro auf den Tisch. „Ne ne sie müssenbei meiner Mutter bezahlen. Ich schneidere nur." sagte ich und erzuckte die Schultern und ging dann. „Tschüss, Emma." sagte erliebevoll, doch ich lächelte nur. Ich deckte den Spiegel wieder abund ließ mich dann mit einem tiefen Seufzer aufs Bett fallen. Ichschloss noch für einen kurzen Moment die Augen und lächelte. Levinhatte ganz offensichtlich mit mir geflirtet. Mir hatte es gefallen,also bin ich mit eingestiegen – aber ob das so richtig war? Ich warmehr als skeptisch.

„Emma?"fragte plötzlich eine tiefe Stimme und ich schreckte hoch, knalltemit meinem Kopf gegen etwas hartes und fiel deshalb wieder zurück.Mit schmerzverzerrtem Gesicht rieb ich mir meine Stirn und sah, dassauch Levin schmerzen hatte. Ich musste lachen, so dumm kam mir dieSituation vor. Zwei schlaue Leute, die sich den Kopf am jeweilsanderen Kopf stießen. Das waren wirklich zwei Genies.

„Was denn?"fragte ich schließlich, als wir uns beruhigt hatten. „Ich habe einpaar Fragen an dich, ist es okay, wenn ich sie dir stelle?" fragteer und ich nickte nach kurzem zögern. „Schießen Sie los." sagteich doch er schüttelte den Kopf. „Nicht hier, ja? Lass uns in einCafé gehen.".

Ich stimmte zu,zog mir über meinen großen Pulli nur eine Lederjacke und passend zumeinen Leggins einfache, weiße Konverse Chucks. „So möchtest dulos?" fragte er und ich nickte. „Ich ziehe mich ganz bestimmtnicht vor Ihnen um." sagte ich und ging dann grinsend an ihmvorbei. „Ich meine ja nur, es könnte kalt sein." sagte er, undschon zog ich die Tür zu.


Lehrer mal anders!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt