Kapitel 5

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Da hat Levinmir doch wirklich einen Keks in den Mund geschoben, um mich zumschweigen zu bringen. Lachend und kauend aß ich den Keks zu Ende undschaute dann in Levins vergnügtes Gesicht. „Das war ja wirklichnett von Dir." sagte ich und betonte das 'Dir' dabei genau. „Somacht das ein Gentleman." fügte ich hinzu. „Achso, wie macht dasdenn ein Gentleman?" wollte er wissen. „Weiß nicht, anderseben." sagte ich nach kurzem Zögern und trank einen großenSchluck von meiner Cola. „Jetzt ist dir warm. Oder?" fragte michLevin. „Wie kommst du darauf?" fragte ich in irritiert. „Weildu nicht mehr zitterst, mit deinem Eiskaltem Cola Glas spielst und dueine leichte röte im Gesicht hast. Deshalb." sagte er und ichstarrte ihn mit offenem Mund an. „Analysierst du deine Mitmenschenimmer so?" fragte ich und er nickte. „Dabei erfährt man überden Menschen ganz viel. Schau dir die beiden jungen Leute an. Wasdenkst du über sie?" fragte er mich. „Puh. Das sie Freunde sindund sich schon ewig kennen." sagte ich und hörte Levin hämisch,leise lachen. „Was denn?" wollte ich wissen. „Pass auf. DasMädchen ist verliebt in ihn, und er auch in sie. Jedoch sind siekein Paar." erzählte er mir. „Und woran erkennst du das?"wollte ich jetzt neugierig wissen. Levin schaute mich an, ich schautezu den beiden jungen Leuten. „Guck dir an, wie oft sie sich durchdie Haare fährt. Das bedeutet, sie ist sehr darauf bedacht immer gutaus zu sehen für ihren gegenüber. Außerdem hat sie ihre Beineüberschlagen. Wenn man so sitzt, sieht man meistens besser aus, alswenn man normal sitzt. Und der Junge ist zu ihr gedreht und lehntsich beim sprechen immer wieder zu ihr hin. Außerdem bringt er siezum lachen. Mädchen mögen humorvolle Jungs." beendete er seineErklärung und ich nickte. Er hatte recht. Jetzt sahen sie wirklichsehr verliebt aus. „Muss ja scheiße sein, mit dir einen Film zugucken, wenn du ständig alles analysieren willst." sagte ichleicht lachend. „Wollen wir's ausprobieren?" fragte er sofort.„Ach quatsch. Filme habe ich in letzter Zeit genug geschaut."sagte ich lachend und drehte mich zu ihm. „Meine ich ernst. Erstmachen wir zusammen etwas Sport und dann schmeißen wir uns auf dieCouch." sagte er und zückte sein Portemonnaie zum bezahlen.„Aber.. Ich habe doch gar keine Sportsachen." sagte ich und bliebsitzen. „Wie, du hast keine Sportsachen?" fragte er skeptisch.„Ich habe nur Trikots vom Fußball. Ist das einzige, das mirpasst." sagte ich und schaute ihn an. „Dann gehen wir eben nochShoppen. Kein Problem." sagte er, schob sich den letzten Keks inMund und zog mich an der Hand hinter ihm her.

Im riesenEinkaufsgeschäft angekommen zog er mich kurz beiseite „Ist es dirunangenehm, wenn wir zusammen rumlaufen?" fragte er mich. Ichschüttelte den Kopf und so schlich sich ein kleines lächeln aufseine Lippen. Schnurstracks gingen wir in die Sportabteilung und ichschaute nach ein paar Hosen, die mir gefielen. Es warenGymnastikhosen, jedoch bezweifelte ich, dass sie mir passen würden.Levin stand die ganze Zeit hinter mir. „Welche Größe brauchst dudenn? Dann kann ich mit gucken." fragte er und ich schluckte.„Also... M habe ich momentan." sagte ich und ging dann mit einerHose in die Umkleide. Ich probierte die Hose an und fand sie garnicht so schlecht. Meine trainierten Beine kamen super zur Geltungund ich fand mich seit langem mal wieder hübsch. „Hast du eineHose schon an?" fragte Levin vor der Umkleide. „Ja, aber bringmir mal ein T-Shirt. Dann schaue ich mal wie das aussieht." sagteich und ein paar Minuten später kam Levin tatsächlich mit einemschwarzem T-Shirt zurück. Ich ging aus der Umkleide und schauteetwas schüchtern drein. „Na komm, lauf ein Stück!" forderte ermich auf und ich tat, was er sagte. Und dann merkte ich, dass er michmusterte. Und es gefiel mir wirklich gut. Ich drehte nach ein paarMetern um und ging wieder auf Levin zu, der genauso lächelte wieich. Dann pfiff hinter mir plötzlich jemand und ich drehte mich um.Da stand ein Junge, der mir offensichtlich auf meinen Hinternschaute. Mit hochrotem Kopf ging ich weiter auf Levin zu, der sichein lachen nicht verkneifen konnte. „Er hat recht, die Hose sitztwie angegossen." sagte er, als ich an ihm vorbei in die Umkleideging.

Zehn Minutenspäter saßen wir schon wieder in seinem Auto auf dem Weg zu ihmnach Hause und weitere fünf Minuten später waren wir bei ihm. Ichschaute mich erst in seinem sehr geräumigen Haus um. Es war weißgestrichen und hatte weiße Möbel, dazu eine große Fensterfront imWohnzimmer durch die man den ganzen schönen Garten bewundern konnte.Allerdings war auch eine Wand rot gestrichen, was dem Raum eingemütliches Klima verlieh. Doch, auch wenn fast alles in den Räumenweiß war, war es nicht kalt. Der Boden war aus hellem Parkett undauch ein paar Kommoden, waren aus Qualitativ gutem Holz gefertigt,und die Küche war aus Marmor gefertigt. „Ist ja ziemlich schickhier." sagte ich und betrachtete die Wohnung. „Genaues Gegenteilvon meinem Zimmer." sagte ich und lächelte leicht. „Dein Zimmerist toll." sagte er und stellte sich neben mich. Mein Zimmer war...fast schon kindlich eingerichtet. Ich hatte einen großen Spiegel,zwei Schreibtische, eine Kommode, einen Kleiderschrank und ein Eck –Regal und natürlich ein Bett. Es war in einem Hellem Gelb gestrichenund ich hatte ein paar Bilder und Poster an der Wand hängen. „Naja,aber ich will auch renovieren." sagte Levin, als er so das Hausbetrachtete. „Aber jetzt lass uns erst mal ein bisschen Sportmachen!" sagte er und zeigte mir, wo ich mich umziehen konnte. Dannging ich wieder ins Wohnzimmer, wo er schon zwei Matten bereitgelegthatte. „Na dann, lass uns anfangen!" sagte er und grinste michan. Das konnte ja was werden.


Eine Stundespäter, es war jetzt fünfzehn Uhr, lag ich platt auf der Matte. Ichspürte jeden, wirklich jeden einzelnen Muskel. Auch die, wo ich garnicht wusste, dass es die gibt. „Na siehst du, Emma, das war dochgut. Oder nicht? Mir hat's Spaß gemacht. Und bis zum Sommer bist dudann auch wieder fit, auch wenn ich finde, dass du jetzt schon einesehr gute Figur hast." sagte Levin. „Du hast leicht reden, dubrauchst ja nichts mehr weg trainieren." sagte ich kaputte undschaute zu ihm hoch. „Du könntest jetzt ja auch noch zwanzigLiegestütz machen, oder dich zwanzig Sekunden in derLiegestützposition halten. Du schwitzt ja nicht mal!" stellte ichfest. Ich hingegen war vollkommen nassgeschwitzt. Ich musste dringendduschen. „Soll ich das mit den Liegestütz mal ausprobieren?"fragte Levin grinsend. „Ja. Erniedrige mich noch mehr. Ist schonok." sagte ich gespielt beleidigt. Dann aber ging Levin über mirin die Liegestützposition und ließ sich für den ersten Liegestützlangsam nach unten sinken. „Ich kann nicht ganz runter. Du liegstmir im Weg." grinste er mich an. „Dafür kann ich doch nichts."protestierte ich und grinste zurück. Doch dann ließ er sich nochweiter runter und mein grinsen verschwand. Ein kurzer Blick, so kurzwie ein Wimpernschlag, huschte von ihm über meine Lippen und ehe ichmich versah, ruhten seine Lippen auf meinen. Mein Herz schlug sodoll, dass ich jeden einzelnen Herzschlag genau spürte. Und esschlug so schnell, als hätte ich gerade einen Marathon hinter mirgehabt. Schon ein paar Sekunden lagen seine Lippen auf meinen, ohnedas ich irgendwas tat. Ich war erstarrt. Und dann drückte er sichlangsam wieder hoch und guckte leicht enttäuscht. Und jetzt handelteich ohne, dass ich es so überlegt hatte. Meine Hände fassten anseinen Nacken, zogen ihn noch mal zu mir runter und dieses mal legteich meine Lippen ganz sanft auf meine. Kurz spürte ich sein ganzesKörpergewicht auf meinem – ihm musste vor Schreck wohl die Kraftverlassen haben – aber dann drückte er sich wieder ab und ichentspannte mich wieder. Mittlerweile bewegten sich unsere Lippen ineinem Rhythmus und auch seine Zunge hatte langsam ihren Weg in meinenMund gefunden. Meine Hände fuhren von seinem Nacken über seinetrainierten Arme zu seinen Schulterblättern und dann bis zur Mittedes Rückens, wo ich mich leicht festkrallte. Dieser Kuss war daswunderbarste was ich je erlebt habe, doch wusste ich nicht ob es ausLiebe passierte oder nur, weil er momentan kein anderes Mädchenhatte.

„Ich glaube,ich gehe jetzt duschen." hauchte ich ihm entgegen, als wir unsvoneinander lösten. In der Dusche dachte ich nur über diesen Kussnach. Ich habe das verlangen gespürt, dass er hatte. Und mir warnicht bewusst, dass ein Mensch so ein verlangen haben konnte. So eindolles, was wohl lange nicht befriedigt wurde. Ich schätzte einJahr, weil er über seine Frau ja noch hinweg kommen musste. Aber ichwar siebzehn, und er dreißig. War das nicht zu heftig?

All dieseFragen schwirrten mir im Kopf umher und auf keine fand ich eineAntwort.

Nachdem ichzwanzig Minuten unter der heißen Dusche stand, betrachtete ich michim Spiegel. Und dann war es mir egal, ob er mich liebte oder nicht.Ich wollte mehr von diesen Küssen.

Ich ging alsowieder nach unten, in den Wohnbereich, und roch, dass Levin gekochthatte. „Das riecht gut." sagte ich und begann, den Tisch zudecken. Levin reagierte nicht, starrte nur aus dem Fenster undschaute dem Schnee beim schneien zu. „Hey, alles in Ordnung?"fragte ich besorgt und stupste ihn an. Dann nickte er nur und gingduschen. Als er wieder kam war der Tisch gedeckt und ich schaute mirseine Buchsammlung an.

„Emma es tutmir leid. Das ich dich geküsst habe.. es war falsch." sagte er undweichte meinem Blick aus. „Aber es war doch schön."argumentierte ich. „Jemanden zu küssen ist immer schön."schmetterte er mir die Hoffnung kaputt, dass ich noch mehr solcherKüsse bekommen würde. „Also wolltest du doch nur das Gefühlhaben, wieder jemanden küssen zu können?" fragte ich und legtemein Besteck beiseite. Levin nickte zaghaft. „Okey." sagte ichund stand auf und zog mir meine Schuhe an. „Fährst du mich nachHause?" fragte ich. Und ehe ich mich versah standen wir wieder vormeiner Haustür. Auf der Fahrt hatten wir kein einziges Wortgesprochen. „Mach's gut." sagte ich, gab ihm einen Kuss auf dieWange und stieg dann aus.

Lehrer mal anders!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt