Kapitel 28

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Schon früh amnächsten Morgen machten wir uns auf den Weg über holperige Steineund über Trampelpfade. Selbst mit einem Geländewagen wie wir ihnfuhren, war es eine unangenehme fahrt. Die Aussicht war jedoch schön.Auch, wenn nicht viel zu sehen war außer Wüste und ab und zu einembraunen Busch und alten, heruntergekommenen Häusern, war es wasspezielles. Die Armut, die hier herrschte, tat mir leid. Am liebstenhätte ich sofort mit angepackt und alles wieder aufgebaut, wenn dochda nicht die Gedanken an Levin wären. Levin, mein Herzensmann, dermich verlassen hatte. Und als könnte Gina Gedanken lesen, sprach siemich plötzlich auf Levin an. „Er wollte dich schonen. Er wolltenicht, dass du dabei bist, wenn er stirbt. Deshalb hat er dichverlassen, dass weißt du doch, oder? Lieber wollte er Schlussmachen, anstatt vor dir zu Grunde gehen zu müssen." fragte siemich. Wusste ich das? Oder hoffte ich das nur? Und, weil ich mirdiese Frage nicht beantworten konnte, sagte ich nichts. Ich schwiegund betrachtete weiter die Gegend.

„Aussteigen,Fräulein! Den Rest müssen wir zu Fuß laufen und uns durchfragen.Ich hoffe du kannst Englisch." holte Gina mich aus meiner Starre.Ich sattelte meinen Rucksack in dem etwas Proviant war und ging dannhinter Gina her. Ich weiß nicht, wie lange wir gingen. MeinHandyakku war schon lange verbraucht, weshalb ich auch meine Mutternicht anrufen konnte. Ich schwitzte unter meinen langen Sachen, dieich trug, um mich vor der Sonne zu schützen. Es musste kurz nachMittag sein, denn die Sonne stand ganz hoch. Und endlich kamen wir zueinem Zaun. Wir stiegen drüber, gingen über einen Hügel undstanden auf einer Erhöhung, hinter dem ein großer Platz war und eingroßes Gebäude, dass aussah wie eine Schule. Gina und ich schautenuns an und gingen dann weiter. Die Menschen schauten uns skeptischan. Ich fühlte mich mehr als Unwohl, wenn ich so angestarrt werde.Gina fragte bereits eine ältere Dame, in gebrochenem Englisch, obsie Levin gesehen hätte. Die Frau war sehr freundlich und gabAuskunft über einen Weißen, der beim Reparieren der Schule half.Ich bekam Hoffnung, bedankte mich ein paar mal bei der Frau und gingdann mit Gina geradewegs auf die Schule zu.

Umso näher mankam, hörte man kleine Kinder spielen und schreien – sie scheineneine Menge Spaß zu haben. Dann ertönte eine Art klingeln, und alleKinder stellten sich vor einem Brunnen auf. Gina und ich beobachtetenfragend, was die da alle wollten und sahen dann, wie ein großer,Dunkelhäutiger Mann jedem Kind Wasser überreichte. Es war traurigzu sehen, dass jedes Kind nur einen Becher bekam. Und trotzdem sahensie glücklicher und zufriedener aus als unsere Jugend.

Ein Mädchen,dass besonders mager aussah, weckte meine Aufmerksamkeit. Sie tobteebenfalls mit den Kindern, trank ihren Becher aber nicht, sondernnahm ihn entgegen und ging damit dann weg. Ich folgte dem Mädcheninteressiert und ging ihr nach, als sie um eine Ecke bog. Ich gingebenfalls um diese Ecke und glaubte meinen Augen nicht. Kaum ZehnMeter von mir entfernt überreichte das Mädchen gerade Levin ihrenBecher, der jedoch abdankte. Das Mädchen sah ihn traurig an, als siebegriff, dass er das Wasser wirklich nicht trinken wollte. Dann tranksie das Wasser selber und Levin drehte sich lächelnd wieder seinerArbeit zu. Als das Mädchen mich erblickte, blieb sie wie erstarrtund drückte sich an Levin ran. Dieser drehte sich erneut von seinerArbeit weg, und folgte dann dem Blick des Mädchens, bis er mich sah.Ein kurzes lächeln huschte über sein Gesicht und seine Augenleuchten. Dann verschwand das Lächeln und Levin fing an zu sprechen.„Was willst du denn hier? Habe ich dir nicht gesagt, dass es vorbeiist?" wollte er wissen. Fassungslos starrte ich ihn an. Das kanndoch nicht sein Ernst sein?!

Lehrer mal anders!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt