Spin Off - Felix, der glückliche Teil 2

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Felix hatte Bianca die WG gezeigt.
Schließlich hatte er für sie beide einen Tee gemacht, und nun saßen sie im Wohnzimmer, tranken den heißen Earl Grey und waren beide ziemlich verlegen.


"Tut mir leid, dass Jako sich so aufführt", sagte Felix.
"Ist der immer so?", fragte Bianca angesäuert.
Felix fühlte sich verpflichtet, seinen Freund zu verteidigen.
"Jako ist in Ordnung. Der ist eigentlich nicht so."
"Kennst du ihn gut?"
"Ja. Er ist mein bester Freund. Wir kennen uns seit Kindertagen. Wir sind wie Brüder, würden füreinander durchs Feuer gehen."
Bianca nickte, dann nahm sie noch einen Schluck Tee.


"Ich bin schon eine ziemliche Idiotin", sagte sie dann.
"Es war eine saublöde Idee von mir, hierher zu kommen."
Felix schüttelte den Kopf.
"Ne du. Normalerweise ist Jako nicht so. Irgendwas muss zwischen ihm und Marti vorgefallen sein, dass er so eifersüchtig ist. Er liebt Marti eben so sehr."
Felix wurde rot.
"Du hast Marti auch sehr geliebt, oder?"
"Ja, schon..."


Felix wusste nicht genau, wie er das Gespräch fortführen sollte. Er war normalerweise nicht um Worte verlegen, und gerade, wenn es darum ging, Menschen zum Reden zu bringen oder Wogen zu glätten, fand er immer die rechten Worte.
Aber hier?


"Hör mal, Bianca", sagte er schließlich.
"Ich weiß, das ist gerade eine saublöde Situation. Jako benimmt sich unmöglich und Marti geht es Scheiße damit. Ich jedoch freue mich, dich hier zu haben."
Er wurde rot. Bianca sah es, und... meine Güte, dachte sie, vielleicht mag er mich ja...
"Und wenn du magst", sagte Felix, "erzähl mir ein bisschen von deiner Zeit mit Marti."


Bianca lächelte.
"Also... es war eine tolle Zeit mit ihm. Verrückt, aufregend, wild... und ich habe eine Menge Geduld und Humor gebraucht."
Sie grinste schief.
"Martis verrückte Einfälle haben mich manchmal an den Rand der Verzweiflung gebracht.
Ich erinnere mich, als er unbedingt mit mir im Freibad picknicken wollte.
Nachts.
Wir sind mit Decke und Picknickkorb über den Zaun und haben gebadet, ohne Kleidung, war ja keiner außer uns da.
Aber irgendein Anwohner hatte unser Taschenlampenlicht gesehen und die Polizei gerufen.
Wir sind dann nackt durchs Gebüsch geflohen, und ich bin mitten in den Brennnesseln gelandet. Drei Tage konnte ich mich kaum bewegen."


Felix begann, schallend zu lachen, und Bianca fiel in sein Lachen ein.
Als sie wieder etwas Luft bekamen, sagte Felix:
"Ja, das ist Marti, das kann ich mir richtig gut vorstellen. So irre ist er noch heute."
Bianca kicherte.
"Aber ich muss zugeben, er hat sich danach richtig lieb um mich gekümmert. Er hat mir sogar für die Schule eine Entschuldigung geschrieben und...", 

sie errötete, 

" die Unterschrift meines Vaters gefälscht. Allerdings so schlecht, dass es sofort aufflog. Lügen oder betrügen konnte er noch nie. Er ist der ehrlichste Mensch, den ich kenne. Jedenfalls hat er gewaltigen Ärger bekommen. Aber wie er so ist, er hat es grinsend und schulterzuckend hingenommen. Als wir uns das nächste mal sahen, hat er mich nur geküsst und gesagt, das war die Sache wert."
"So ist er noch heute", wiederholte Felix. Ja, das war Marti, wie er ihn kannte.


"Mag sein", sagte Bianca lachend.
"Nur muss er heute selber für die Folgen seines Blödsinn einstehen, früher hat er sich dauernd irgendwelche Strafen eingefangen."
Felix verschluckte sich fast an seinem Tee.
Okay, von manchen Dingen konnte Bianca nichts wissen, uns es war ganz bestimmt nicht an ihm, ihr davon zu erzählen...


"Es war ganz schön anstrengend mit diesem verrückten Wirbelwind. Aber es war auch total schön. Ich habe ihn ganz schön geliebt."
"Und warum... ist das dann auseinander gegangen? Marti erzählte, du hättest...?"
"Ja, ich habe damals Schluss gemacht, als er nach Berlin wollte. Ich wollte nicht, dass er geht. Ich glaubte, wenn ich sagen würde, ich oder Berlin, würde er sich gegen Berlin entscheiden... hat er aber nicht. Und dann konnte ich keinen Rückzieher mehr machen..."
Sie senkte den Kopf.


Felix tat das Herz weh.
Anscheinend liebte sie Marti noch immer...
Er seufzte.
"Bianca, ich fürchte, trotz Jakos Eifersucht... Marti liebt seinen Verlobten sehr, und... du solltest dir keine Hoffnungen machen."
Bianca sah ihm in die Augen. Sie überlegte einen Augenblick lang.
"Felix", sagte sie leise.
"Ich fürchte, ich muss dir etwas gestehen."
Und sie erzählte Felix offen und ehrlich, dass sie auf der Reise von Salzgitter nach Berlin tatsächlich noch solche Pläne gehabt hatte und gehofft hatte, Martis Liebe zurückzugewinnen.


Felix' Herz tat noch ein bisschen mehr weh.
Bianca sah, wie seine warmen, lieben Teddybär-Augen sich traurig verdunkelten.
"Na ja", sagte sie, "und dann bin ich aus dem Zug gestiegen, und habe in die schönsten Augen der Welt geblickt."
"Ja, mit seinen blauen Augen fängt er so manches Mädchenherz. Und ein paar Männerherzen hat er auch schon gebrochen", sagte Felix lächelnd.
"Oh ja", sagte Bianca.
"Aber... die schönsten Augen der Welt sind nicht blau, sondern braun."


Ach du Scheiße, dachte Felix, jetzt hat sie sich in Jako verknallt. Na Klasse. Als ob die Lage nicht schon kompliziert genug wäre.
Aber dann sah er sie an.
Ihre leicht geröteten Wangen, ihre strahlenden Augen... ihr Lächeln... was?!
Konnte es sein, dass sie... seine Augen gemeint hatte?
Ihn?
Er schluckte.
Sein Herz klopfte wie wild. Diesmal war es "Let's Twist again" in vierfacher Geschwindigkeit.
"Bianca, ich..."
Er wusste nicht, was er sagen sollte.
Und so tat er etwas ganz anderes.
Er beugte sich zu ihr und senkte seine Lippen auf ihre.


Einen Moment lang war sie überrascht, dann erwiderte sie seinen Kuss. Felix legte seine Arme um sie.
Zog sie an sich, spürte ihre Wärme.
Als sie sich voneinander lösten, flüsterte sie:
"Die schönsten Augen der Welt gehören einem total heißen Typen namens Felix, und ich möchte ihn sehr gerne besser kennen lernen."
Felix strahlte.
"Die schönsten Augen der Welt sind blau und gehören einer jungen Frau, deren schwarzes, kurzes Haar ich jetzt total gerne zerwuscheln würde... und die ich gerne besser kennen lernen möchte."
Bianca nahm Felix' Hände und führte sie zu ihrem Kopf.
Er grinste und wuschelte in ihren Haaren herum.
Dann zog er sie erneut zu sich heran und küsste sie.
Wieder lösten sie sich voneinander.
Es war eine Nähe entstanden, die sie beide ein wenig schüchtern werden ließ...


Der Rest des Abends ging mit Lachen, quatschen und dem Erzählen von alten Geschichten dahin...
Sie verstanden sich prächtig, und es war klar, dass sich da etwas entwickelte.
Aber...sie wollten sich Zeit lassen.
Nichts überstürzen.
Alles langsam angehen.
Sie hatten immerhin Zeit.
Ein ganzes Leben.


Ein kleiner Cupido, der schon seit der Ankunft des Zuges um sie herum geflattert war und einen ganzen Köcher Pfeile verschossen hatte, bettete seinen kleinen runden Putten- Hintern im Schrank auf einem Stapel frisch gewaschener weicher Handtücher, um eine Runde zu schlafen, bevor er sich auf den Weg zu neuen Liebesopfern machen wollte.

Im Wechsel der JahreszeitenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt