Frühlingsblüten, Sommerastern, Herbstzeitlosen, Winterschnee Teil 2

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  Erziehung und Seidenschal


Inzwischen war es viertel vor zehn. Marti hatte sich ganz nah an Jako gekuschelt, und der strich ihm sanft über sein verwuscheltes Haar. Jako liebte diesen Anblick, morgens, wenn Marti noch so verschlafen war: verstrubbelt, mit vom Schlaf geröteten Wangen. In diesen Momenten sah Marti so unglaublich niedlich aus.



Jakos Gedanken wanderten zurück zur letzten Nacht. Ihrer Hochzeitsnacht.
Ja, sie hatten sich gegenseitig mit ihren Lippen und Händen so viel Lust geschenkt... es war unglaublich gewesen...
Als er dann aus der Dusche gekommen war, um in die Küche zu gehen, wo Marti ihnen Kaffee machte, hatte er im Flur Midnight entdeckt. Die kleine Katze hatte es sich doch tatsächlich auf Martis Anzughose bequem gemacht und schlief tief und fest. Jako strich ihr über das Köpfchen. Sie schnurrte im Schlaf.
Er öffnete die Küchentür und rief leise seinen Schatz.
„Guck mal."
Marti kam schauen und schmunzelte.
„Ist schon süß, die kleine."
Dann küsste er Jako auf den Mund.
„Kaffee ist fertig."


Sie saßen am Küchentisch. Jako schleckte sich einen Bart aus Milchschaum von der Oberlippe.
„Sag mal, Marti...", sagte er.
„Ja?"
„Marti, wie fühlt sich das eigentlich für dich an?"
„Was meinst du?"
„Na ja", sagte Jako nachdenklich.
„Wir sind jetzt verheiratet, ich bin mega glücklich, dass du mich ein Leben lang willst. Ich möchte dich ein Leben lang, verwöhnen, beschützen, auf dich aufpassen, dich lieben..."
Marti strahlte.
Jako fuhr fort:
„Aber für dich bedeutet das ja noch etwas ganz anderes. Nämlich dich ein Leben lang... unterzuordnen und mir zu gehorchen. Und ich habe ein wenig Angst, dass dieser Gedanke für dich nicht nur schön, sondern auch ein bisschen belastend ist..."
Marti verdrehte die Augen.
„Na suuuuper. Und das fällt die am Tag NACH der Hochzeit ein?"
Er schüttelte den Kopf.
„Ersthaft, Jako. Ich bin vielleicht durchgeknallt und verrückt, aber ich bin nicht dumm. Ich habe da weiß Gott ausgiebig drüber nachgedacht, und für mich ist klar, dass es genau das ist, was ich mir aus ganzem Herzen wünsche. Glaubst du ernsthaft, ich hätte Ja gesagt, ohne mir vorher im klaren zu sein, wozu?"
Jako schmunzelte.
„Kann sein, dass ich mir gerade wieder mal zu viel Sorgen mache, oder?"
„Sieht so aus, Jako", sagte Marti.
„Wie es scheint, muss ich da noch ne Menge Erziehungsarbeit leisten."


Jako lachte.
„Was denn, Marti, du und mich erziehen?"
„Aber selbstverständlich", sagte Marti. Er sprach, und das kam selten vor bei ihm, in einem ausgesprochen ernsthaften Ton.
„Jako, ja, ich bin fest davon überzeugt, dass wir uns gegenseitig erziehen. Dass du mich erziehst, ist völlig klar und vordergründig zu erkennen. Aber..."
Er runzelte nachdenklich die Stirn.
„... ich denke schon, dass ich das mit dir auch tue, nur anders. Zum Beispiel dahingehend, dass du in Zukunft den Mund aufmachst und redest, wenn was schiefläuft. Anstatt alles in dich rein zu fressen und damit Katastrophen auszulösen."
Jako nickte.
„Marti, du hast recht. Wie so oft."
Er küsste ihn sanft.
„Ja", sagte Mart, „und ich werde auch weiter daran arbeiten, dich dahingehend zu erziehen, dass du dir nicht immer um alles solche Sorgen machst. Weißt du, die Konsequenzen seines Handelns zu überdenken, bevor man etwas tut... das ist ne gute Sache, und in der Hinsicht kann ich ne Menge von dir lernen. Aber sich Sorgen zu machen, wo es überflüssig ist, davon halte ich nix. Und da kannst du ne Menge von mir lernen."


„Marti", sagte Jako und grinste.
„Manchmal frage ich mich, wer von uns beiden tatsächlich die Hosen anhat."
Marti sah an sich herunter, dann an Jako. Er selbst war nackt, Jako trug immerhin ein Handtuch um die Hüften geschlungen.
„Also im Moment keiner von uns beiden", kicherte er.
Sie sahen sich an und brachen in schallendes Gelächter aus.

Im Wechsel der JahreszeitenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt