Familienmensch und Zuckerguss
"Ähm... was?!"
Marti sah Jako ziemlich überrumpelt an.
Jako kam wieder ein bisschen mehr zu sich.
"Sorry... ich habe nur laut gedacht. Waren einfach ein paar Gedankenspielereien..."
Marti schluckte.
Es war nicht so, dass er nicht auch schon mal in einer stillen Stunde ein paar Zukunftsvisionen durchgespielt hatte... aber...
"Kannst...kannst du dir so was denn vorstellen?", fragte er Jako zögernd, und war sich gerade einfach nicht sicher, was er denken sollte.
"Irgendwann schon...", sagte Jako langsam.
"Nicht heute und nicht morgen. Aber vielleicht in ein paar Jahren. Nun... es ist ein schöner Gedanke, aber es macht mir auch Angst."
Er schaute unsicher zu Marti.
"Und du?"
Marti schwieg. Es dauerte eine ganze Weile. Man sah ihm an, dass es hinter seiner Stirn arbeitete. Und dass er nach den richtigen Worten suchte.
"Nein."
Martis Antwort erstaunte Jako.
"Vorstellen kann ich es mir tatsächlich nicht. Kann mir nicht vorstellen, was das alles an Veränderungen mit sich bringt. Wie viel Verantwortung das nach sich zieht. Wie viele Kleinigkeiten, wie viele zu treffende Entscheidungen, Wie viele Alltagsbelastungen. Aber auch wie viel Liebe...Vorstellen kann ich mir das nicht."
Gut, so gesehen hatte er sicher recht.
"Aber... wünschen... ja. Irgendwie schon. So wie du gesagt hast. Nicht heute und nicht morgen, aber in einigen Jahren."
Ja. Das passte. Das war eine typische Marti- Antwort.
Jako lächelte.
"Es ist schön, dass wir beide das ähnlich sehen.... und es macht mich froh, dass das Thema nicht vom Tisch ist."
Marti kam ehrlich gesagt aus dem Staunen nicht mehr raus.
Da glaubte er seinen Mann so gut zu kennen, aber wie es aussah, gab es da Dinge auf dem Grunde seiner Seele, die er bisher noch nicht geahnt hatte.
Nun, was immer die Zukunft bringen würde, gemeinsam würden sie es anpacken.
"Vielleicht ist ja einfach das bevorstehende Weihnachtsfest schuld, dass ich mir über so etwas Gedanken mache", sagte Jako und lächelte.
"Es ist einfach so, dass ich mich darauf freue, Marti. Unser erstes gemeinsames Fest. Ich bin eben ein Familienmensch und habe das immer schon toll gefunden. Weihnachten mit der eigenen Familie."
Marti schluckte.
"Bereust du es ein bisschen, dass das dieses Jahr anders sein wird?"
Marti wusste, dass Jako immer über die Feiertage nach Süddeutschland zu seinen Eltern gefahren war. Letztes Jahr zwar unfreiwillig, aber dieses Jahr war das erste mal, dass er in Berlin bleiben würde. Ob es ihm leid tat?
"Aber ich feiere doch mit meiner Familie", sagte Jako und lächelte verschmitzt.
Marti blieb das Herz stehen.
Was?
"Aber...wir wollten doch zusammen..."
Jako küsste ihn liebevoll auf die Nase.
"Marti. Du bist meine Familie. Seit ich mit dir zusammen bin, sind du und ich eine kleine Familie."
Marti strahlte.
"Das klingt unglaublich schön, mein Schatz. Ich... liebe dich."
"Ich liebe dich auch, Marti."
Als die Zimtsterne im Ofen waren und Jako gerade begann, aus dem Vanilleteig die Kipferl zu formen, sagte er versonnen:
"Ich möchte so einen richtig schönen spießigen Heiligen Abend mit dir feiern. Mit Christbaum und Geschenken und gutem Essen und so. Und Weihnachtsliedern. So richtig klassisch. Okay?"
Marti nickte begeistert.
"Du kochst und ich schmücke den Baum. Und Bescherung gibt's erst, wenn jeder von uns brav ein Gedicht aufgesagt hat."
Er kicherte und Jako sah ihn verblüfft an, dann kicherte er auch.
"Das machen wir. So richtig schön altmodisch."
Altmodisch. Ihr Stichwort. Jetzt war es um sie beide geschehen. Sie lachten aus vollem Herzen.
"Du musst dir besonders viel Mühe geben", sagte Marti schmunzelnd, "wenn du gefragt wirst, ob du auch schön artig warst, würde ich sagen, die Lage sieht eher schlecht aus..."
Jako wiegte den Kopf und sagte ernster als Marti erwartet hatte:
"Ich fürchte, du hast nicht ganz unrecht. Ich hab dir manchmal ganz schön zugesetzt, oder?"
Und er schaute angestrengt auf seine Hände, als müsse er sich sehr auf das Formen konzentrieren.
"Tja", sagte Marti, "das hast du tatsächlich. Es gab Augenblicke in diesem Jahr, da hast du mir fast das Herz aus der Brust gerissen."
Er beugte sich zu seinem Schatz und küsste ihn zärtlich.
"Vielleicht sollte ich beim Christkind eine Rute für dich bestellen."
" Frechdachs", sagte Jako, "wenn hier einer ne Rute kriegt, dann du. Schließlich muss ich ja auch in Zukunft irgendwie dafür sorgen, dass du brav bist und auf mich hörst."
Marti streckte ihm grinsend die Zunge raus.
Jako wischte sich die Hände an einem Küchentuch ab und schnappte sich seinen süßen. Er drückte ihn an sich.
"Marti, wenn ich ehrlich sein soll, bewundere ich dich total dafür, wie gehorsam du bist. Ich danke dir dafür. Das ist ein wunderbares Geschenk. Ich könnte das nicht, und ich denke so oft, was ich doch für ein verdammtes Glück habe, dass du mein bist. Dass ich der Mensch bin, dem du dich mit Leib und Seele schenkst. Und dafür danke ich dir, mein Schatz."
Marti hatte Tränen in den Augen. Das fühlte sich gut an.
"Und ich danke dir, dass du mir soviel Kraft gibst. Und Schutz. Und Liebe. Und weißt du, warum du doch keine Rute bekommst? Weil du ganz viel richtig gemacht hast. Und eine Sache ganz besonders: du hast im richtigen Moment ja gesagt."
Jetzt war es an Jako, Tränchen aus den Augen zu blinkern.
"Hey", sagte er mit belegter Stimme, "eigentlich wollten wir doch nur ein paar Plätzchen backen!"
Na ja und das taten sie dann auch. Holten die Zimtsterne aus dem Backofen, schoben die Kipferl rein. Bestrichen die Sterne mit Zuckerguss.
Bestäubten die Vanilleteile mit Puderzucker.
Beide schmeckten gut, und als alles fertig war, brachten sie in einem Schälchen, das Marti mit einer weihnachtlichen Serviette hübsch zurecht gemacht hatte, eine Kostprobe zu Omi Lindner. Die liebe alte Dame freute sich.
Und sie beschloss, für die beiden Jungs, die ihr wirklich ans Herz gewachsen waren, ein kleines Weihnachtspäckchen zurecht zu machen.
Zurück in der Wohnung, machte Marti Tee, und sie machten es sich im Wohnzimmer gemütlich. Midnight bezog Posten auf Martis Schoss. Das war und blieb nun mal ihr Lieblingsplatz.
Während er den würzigen Duft der ersten Tasse genoss und mit Vorfreude über den Plätzchenteller schaute, sagte Marti plötzlich:
"Felix wird ein toller Papa. Und Bianca ne tolle Mama, da bin ich sicher. Die hat bei mir damals schon so viel Geduld und Gelassenheit bewiesen, ich glaube, da kann nix schief gehen."
Er grinste.
"Und außerdem wird das kleine nen Richtig coolen Patenonkel haben."
"Nix da", sagte Jako, "es wird zwei tolle Onkel haben, mit denen man auch mal Sachen anstellen kann, die Eltern nie im Leben erlauben. Und die einfach saucool drauf sind. Uns beide, Herr Fischer, gibt's nämlich nur im Doppelpack."
"Für immer", sagte Marti und warf ihm einen verliebten Blick zu.
"Für immer", sagte Jako und lächelte.
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Im Wechsel der Jahreszeiten
FanficDie Geschichte schließt sich an an die Geschichte "Nimm mein Herz und führe mich" an. Es geht wieder um Marti und Jako (Jarti), um ihre Beziehung, die in einer Ehe mündet, um Ehealltag und Highlights, um führen und gehorchen, und um allerlei Verwick...