Zu dritt

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Als Germán am nächsten Morgen die Augen aufschlug, fühlte er sich so erholt und ausgeruht wie lange nicht mehr. Gleichzeitig machte sich ein unglaubliches Glücksgefühl in ihm breit. Er war so stolz auf Angie! Sie hatte sich gestern ihren Ängsten gestellt und sich ihrer Tochter angenähert.

Es war eine sehr schwierige sowie emotionale Herausforderung gewesen, aber Angie hatte sie mit Bravour gemeistert. Die beiden hatten sich gegenseitig so sehr vermisst! Nachdem das Eis erst einmal gebrochen war, ging es daher auch schnell, -für das Wohl Germáns vielleicht sogar zu schnell- bis sie wieder ein eingeschworenes Team waren. Es freute Germán aus tiefstem Herzen, dass die Beziehung der beiden Frauen bereits jetzt schon wieder so gut war. Mit seiner Frau würde es von nun an stetig aufwärts gehen, dessen war er sich sicher.

Germán drehte seinen Kopf leicht zur Seite. Ganz automatisch stahl sich ein liebevolles Lächeln auf seine Lippen, als er sah, wie friedlich sie neben ihm schlummerte. Sie schien noch tief und fest zu schlafen. Mit ihren dunkelblonden Haaren, die ringsherum um ihren Kopf auf dem weißen Kissen ausgebreitet lagen, sah seine Ángeles wirklich aus wie ein wahrhaftiger Engel.

Germán drehte sich gänzlich zur Seite, stützte sich auf dem Ellbogen auf, um seine Ehefrau besser ansehen zu können. Mit seiner freien Hand strich er ihr zärtlich mehrere Haarsträhnen aus dem Gesicht. "Du weißt gar nicht, wie lieb ich dich habe und wie stolz ich auf dich bin!", flüsterte Germán, während er mit dem Daumen über ihre Unterlippe strich und seine Hand schließlich auf ihrer Wange platzierte. "Du bist so viel stärker, als du denkst."

Gerade als sich Germán noch weiter über sie beugen wollte, veränderte sich ihr bis gerade eben so entspannter Gesichtsausdruck. Der große Mann hielt inne. Auf einmal verkrampfte sich ihr gesamter Körper und sie wandte sich unruhig hin und her. Sie war vollkommen angespannt, stieß leise, unverständliche Laute aus. "Angie?" Germáns Hand fuhr zu ihrer Schulter, um die blonde Frau mit sanfter Gewalt etwas zu schütteln und damit zum Aufwachen zu bewegen. Angie wirkte immer... verzweifelter? Ängstlicher? Als der große Mann noch einmal kräftiger an ihrer Schulter rüttelte, fuhr Angie erschrocken hoch.

Ihre Atmung hatte sich um einiges beschleunigt und sie sah mit vor Angst weit aufgerissenen Augen zu Germán herüber. Dieser zog sie augenblicklich an sich heran und legte seine Arme beschützend um ihren leicht bebenden Körper. "Was ist passiert, Liebling?" Ihr Blick war noch immer voller Panik, als sie ihm mit leiser, rauer Stimme antwortete: "Ich hatte einen Traum. Einen Albtraum. Ich habe wieder ein Kind verloren, hatte diesmal sogar eine Totgeburt und bin daran nun vollends zerbrochen."

Sofort hauchte Germán ihr einen kurzen Kuss auf die Lippen und strich tröstend über ihren Rücken. "Es ist alles gut, Angie. Alles gut. Es war nur ein Traum und er wird niemals Wirklichkeit werden, das verspreche ich dir. Du wirst wieder schwanger werden, wirst ein zweites, gesundes Kind gebären und dabei wird alles gut gehen." Angie legte ihren Kopf auf seiner Schulter ab und die Hände auf seinen Rücken. "Danke." Mehr als diese beruhigenden Worte hatte die blonde Frau gar nicht gebraucht. Wenn Germán an ihrer Seite war, dann war alles gut, dann brauchte sie sonst nichts und niemanden auf dieser Welt. Angie wusste, dass es nicht real war, dass in diesem Traum lediglich ihre Angst zu ihr gesprochen hatte. "Ich weiß nicht, was ich ohne dich machen würde, wie ich ohne dich leben sollte.", hauchte Angie und verschloss ihre Lippen zu einem zarten Kuss.

Germán gab ihr Sicherheit. Die nötige Sicherheit, die sie brauchte, um diesen schwierigen Lebensabschnitt überstehen zu können. Er gab er die Kraft und Zuversicht, positiv in die Zukunft zu blicken. Es hatte sich bereits gestern bezahlt gemacht. Sie hatte ihre Tochter zurück!

Plötzlich unterbrach genau diese in Form von einem lauten Weinen den intimen Moment der beiden. Germán war der Erste, der sich aus dem Kuss löste und das Schreien richtig zuordnete. "Ich hole sie. Bin gleich wieder da."

Die kurze Zeit alleine verbrachte Angie damit, sich einmal ausgiebig zu strecken, sich über die Augen zu fahren und somit wirklich wach zu werden. Im nächsten Moment öffnete sich die Schlafzimmertür auch schon und dieses Mal traten zwei Personen ein. "Mami!", quietschte Julieta freudig, sobald sie ihre Mutter erkannte und krabbelte, kaum, dass Germán sie auf dem großen Bett abgesetzt hatte, auf diese zu. "Hallo, meine Kleine.", lächelte Angie und zog sie sogleich auf ihren Schoß. "Na, hast du gut geschlafen?"

Während Julieta enthusiastisch nickte, setzte sich Germán neben die beiden und zog seinerseits Angie auf den Schoß.

Es begann ein großen Knuddeln aller Beteiligten, was durch die darauffolgende Atemnot und den auftretenden Wunsch nach Abstand nach und nach in eine intensive Kissenschlacht ausartete. Wie dabei nicht anders zu erwarten, ging es nicht lange, bis sich die beiden Frauen zusammentaten und kurz darauf überlegen auf Germán saßen, der sich vergeblich zu wehren versuchte. Nachdem er zum wiederholten Male um Hilfe geschrien und Gnade gebettelt hatte, ließen sie schließlich von ihm ab. Nach Atem ringend setzte sich der große Mann wieder auf. "Das ist nicht fair!", beklagte er sich brummend, "Kaum hat man zwei Frauen im Haus, muss man damit rechnen, dass sie sich gegen einen verbünden."

Breit grinsend hauchte Angie ihm einen zarten Kuss auf die Wange. "Sei froh, dass Vilu nicht hier ist, sonst hättest du nicht die geringste Chance." Germán zog eine gespielte Schnute, was Angie zum Lachen brachte. "Na komm, Julieta, wir sind mal wieder ein bisschen freundlicher zu deinem Papá." Auch die Kleine grinste. "Ausnahmsbeise. Weil er es ist." Nun lachte Germán ebenfalls auf. "Ich fühle mich geschmeichelt."

"Was magst du heute eigentlich machen?", erkundigte sich Angie bei ihrer Tochter. "Wenn du dich mit einem Freund verabreden willst, müssen wir nämlich rechtzeitig anrufen. Oder wenn Violetta vorbeikommen soll, dann..." "Nein, nein, nein." Julieta schüttelte entschieden den Kopf. "Es soll keina kommen, ich mak mich mit niemandem treffen."

"Was willst du denn dann machen? Gar nichts?", fragte Angie überrascht nach. Erneut schüttelte Julieta mit dem Kopf. "Ich mak einfach nicht, dass andere kommen. Ich will heute was nur mit euch beiden machen, wir zu dritt, sonst keina." Während Angie von den Worten viel zu gerührt war, als dass sie etwas hätte sagen können, erwiderte Germán liebevoll lächelnd: "Du bist der Boss, Jul. Dann unternehmen wir heute etwas zu dritt. Nur Mamá, du und ich." Julieta schenkte ihrem Vater augenblicklich ein großes, freudiges Lächeln und bestätigte noch einmal mit erhobenem Finger: "Genau! Ich bin der Poss!"

Germangie - Just a DreamWo Geschichten leben. Entdecke jetzt