Backen

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Die vergangenen zwei Wochen, seit ihrer Diskussion waren erstaunlich ruhig verlaufen. Angie hatte Germáns Eifer weitestgehend akzeptiert und dieser hatte sich wirklich bemüht, nicht zu übertreiben, auch wenn es ihm nicht immer gelungen ist.

Heute war der Tag nun gekommen. Julietas Geburtstag. Die beiden waren in aller Frühe aufgestanden und hatten sich um die letzten Vorbereitungen gekümmert. Sie hatten das Wohnzimmer mit Girlanden, Geburtstagshüten und vielen weiteren Dingen verziert. Auf dem Tisch stand eine große Wachskerze in Form einer 2 und an einer Wand hatte Germán die große Aufschrift 'Happy Birthday' befestigt.

Schließlich waren beide in der Küche verschwunden und hatten nach dem gebackenen Geburtstagskuchen geschaut, welchen sie anschließend schon einmal auf den Tisch stellten. In dem Kuchen steckten ebenfalls zwei kleine Kerzen. "Erinnerst du dich, wie die Küche nach dem Backen gestern Mittag ausgesehen hat?", erkundigte sich Germán grinsend. Sie lief an ihm vorbei, in die Küche, um den Tisch für die drei zu decken. "Natürlich, wir mussten diese Sauerei ja immerhin auch wieder beseitigen."

Die blonde Frau konnte sich an die verwüstete Küche noch gut erinnern. Für die Feier am Nachmittag hatte Olga darauf bestanden, die Kuchen und Torten zu backen. Um den Geburtstagskuchen, welchen die kleine Familie bereits am Morgen verspeisen würde, wollten sich Germán und Angie allerdings persönlich kümmern. Am Nachmittag des vergangenen Tages, als Violetta und León Julieta zu einem Spaziergang abgeholt hatten, fing das Ehepaar also mit Backen an.

"Was brauchen wir noch?", fragte Angie, nachdem sie bereits die meisten Zutaten in eine große Schüssel gegeben hatte. Germán schaute auf das Rezept. "Mehl." Er öffnete den entsprechenden Küchenschrank, holte die Zutat hinaus und trat zu Angie. Nach einem weiteren Blick auf die Zutatenliste schüttete er die verlangte Menge in die Schüssel hinein. "War es das scho...?"

Weiter kam Angie nicht, da Germán in der Zwischenzeit mit einer Hand in die Mehlpackung gegriffen und seiner Frau einmal liebevoll über die Wange gestrichen hatte. Angie schaute ihn empört an, während Germán schelmisch grinste. "Du! Das bekommst du zurück.", drohte die blonde Frau. Ehe sie jedoch etwas machen konnte, hatte Germán erneut nach dem Mehl gegriffen und warf ihr nun eine Handvoll entgegen. Mittlerweile waren bereits ihr Gesicht, sowie große Teile ihres T-Shirts weiß.

"Na warte!" Blitzschnell hatte Angie ihrerseits den Zucker ergriffen und leerte die halbe Packung über ihrem Ehemann aus. Dieser hustete zunächst, dann wandte er sich mit blitzenden Augen der Schokosoße zu, welche sie für später benötigten. "Das wagst du nicht.", meinte Angie drohend und  lief immer weiter nach hinten, bis es nicht mehr ging. Germán stand direkt vor ihr. Sie war gefangen. "Du bist zwar schon ziemlich süß.", lächelte er und kam gefährlich näher, "Aber ich weiß, wie du noch süßer wirst."

Im nächsten Moment verteilte Germán die Schokosoße in ihrem ganzen Gesicht. Wenig später betrachte er zufrieden sein Werk. "Das wirst du bereuen! Das gibt Krieg!", grinste Angie und riss ihm die Soße aus der Hand. Sie bewarf ihn förmlich mit der braunen Flüssigkeit, während Germán seinerseits erneut zum Mehl griff. So bekriegten sich die beiden eine ganze Weile lachend mit allen möglichen Backutensilien.

Irgendwann schafften sie es tatsächlich aufzuhören und den Kuchen in den Ofen zu schieben. "Schau uns an.", lachte Angie und betrachtete ihren Mann genauer. Seine Haare waren mehr weiß als schwarz, sein Gesicht mit Schokosoße vollgeschmiert und auch sein blaues Hemd war mittlerweile viel mehr braun. Angie selbst musste ziemlich ähnlich aussehen. Sie spürte den Zucker sogar in ihrem BH und musste sich das Mehl aus den Wimpern zu blinzeln. "Wir sehen furchtbar aus.", bestätigte Germán grinsend. Das würde nach einer ausgiebigen Dusche verlangen.

Angie schritt auf Germán zu. Sie hatte immer noch ein wenig flüssige Schokolade in ihrer Hand, die sie gerne loswerden wollte. Germán hatte idealerweise noch eine ziemliche saubere Stirn. Die blonde Frau stellte sich auf die Zehenspitzen und schaute ihm in die Augen. Einen Moment bewunderte sie wie so häufig seine wunderschönen Augen, dann grinste sie. Germán sah sie abwartend an. "Die Schokolade passt perfekt zu deiner Augenfarbe.", und mit diesem Kommentar schmierte sie ihm die restliche Soße auf die Stirn.

"Angie!", protestierte Germán und griff nach ihren Armen. Er kam noch ein wenig näher. "Deine Stirn war noch viel zu sauber.", erklärte Angie flüsternd. Sie waren sich nun ganz nah. Germáns Augen funkelten. "Weißt du, wo du noch zu sauber bist?" Sie schüttelte lediglich den Kopf und lächelte, als Germán näher kam. Er verschloss seine Lippen sanft mit ihren.

Angie entspannt sich sofort und legte ihre Arme um seinen Hals. Seine Lippen waren so weich wie immer und schmeckten fantastisch. Diesmal kam jedoch der Geschmack von Schokolade, Mehl und Zucker hinzu. Es störte sie nicht. Nach einer kleinen Weile lösten sie sich wieder voneinander. Sie versanken einen Moment in den Augen des anderen, dann legte Germán seine Hände um ihre Hüfte und hob Angie hoch. Er setzte sie auf der Kücheninsel ab und betrachtete sie genauer.

"Ich hab noch eine Stelle gefunden." Seine Stimme hatte einen dunkleren Ton angenommen, welcher Angie erschauern ließ. Zaghaft legte Germán seine mehligen Hände auf ihre Brüste und strich langsam darüber. Angie errötete etwas, hinderte ihn aber nicht daran. Er kam mit seinem Kopf näher, sodass sich ihre Nasen berührten. "Dort musste ich einfach noch etwas Mehl verteilen.", grinste Germán. "Du bist so ein Idiot.", entgegnete Angie lächelnd und legte ihre Lippen erneut auf seine.

Eine kleine Pause von dem Backen und dem anstrengenden Kampf hatten sie sich jetzt wirklich verdient. Es würde nachher eine ganze Weile dauern, die Küche wieder auf Vordermann zu bringen, aber daran wollte Angie noch nicht denken. Olga würde einen Herzinfarkt bekommen, wenn sie diese Unordnung sehen würde! Angie musste bei diesem Gedanken an eine völlig fassungslose Olga grinsen.

Germán spürte dies und unterbrach den Kuss. "An was hast du gedacht?" Angie schaute ihn liebevoll an. "Nur daran, dass wir dieses Chaos noch beseitigen müssen." Er strich ihr eine Strähne hinter das Ohr. "Kann das nicht noch warten?" Er grinste sie schelmisch an und Angie verstand, worauf er hinauswollte. "Wir wissen schließlich noch nicht, ob du schon schwanger bist.", begründete Germán und platzierte sanfte Küsse auf ihrem Hals. Angie musste grinsen. Sie würde von diesem Mann niemals genug bekommen. Und er anscheinend auch nicht von ihr!

"Denkst du nicht, wir sollten erst duschen, so dreckig wie wir sind?" Angie wusste, sie würde ihn bei seinem Vorhaben nicht mehr aufhalten können, sie wollte es auch gar nicht. "Das können wir doch auch zusammen.", schlug Germán sofort vor. Seine Augen wurden immer dunkler. "Wir haben schließlich nicht ewig Zeit, bis Violetta mit Julieta zurückkommt. Das würde alles ein wenig beschleunigen."

"Du bist so ein Idiot.", wiederholte Angie ihre Worte, während Germán sie hochhob und mit sich ihr aus der Küche, auf den Weg nach oben machte...

"Fertig!" Germáns Ausruf holte die blonde Frau zurück in die Realität. "Ja, sieht schön aus.", bestätigte sie und schaute sich das vollendete Werk an. Germán kam zu ihr und legte seine Hände auf ihre Hüfte. "Julieta kann kommen." Angie lächelte ihn voller Liebe an. "Und die Feier auch."

Gleichzeitig beugten sich die beiden vor und verschlossen ihre Lippen zu einem liebevollen Kuss. Es war, als hätten sie die Vorbereitungszeit damit offiziell beendet. Angie freute sich auf den Tag. Es würde ein tolles Fest mit all den Menschen, die sie liebte, werden.

Zu diesem Zeitpunkt wusste sie allerdings nicht, dass es gleichzeitig das letzte werden würde...



Germangie - Just a DreamWo Geschichten leben. Entdecke jetzt