Wenige Tage später war die Situation noch immer die gleiche. Angie fühlte sich weiterhin schrecklich und kämpfte jeden Morgen damit, überhaupt aufzustehen. Es würde noch ein langer Weg werden, bis sie über den Verlust ansatzweise hinweg war, dessen war sich jeder bewusst.
Angie fiel es schwer, mit ihrer Familie Zeit zu verbringen. Sie bevorzugte es, alleine zu sein und erst mit sich ins Reine zu kommen. Die blonde Frau ging viel spazieren, hielt sich im großen Stadtpark auf oder lag einfach im Garten des Castillo-Hauses. Den einzigen Menschen, den sie bei diesen Aktivitäten mit einbezog und mit dem sie sich wirklich unterhielt, war Germán. Auch sie hatten sich allerdings noch einiges zu erzählen. Ein richtiges Gespräch über die Fehlgeburt, welches notwendig war, um das Thema irgendwann abschließen zu können, war bisher nicht zustande gekommen, aber immerhin vertraute sich Angie ihrem Ehemann Tag für Tag ein wenig mehr an.
Sie war schlichtweg noch nicht bereit für das eine wichtige Gespräch, doch Germán akzeptierte dies anstandslos. Die junge Frau bewunderte ihn dafür, wie viel Geduld und Verständnis er ihr entgegenbrachte. Sein unglaubliches Verhalten war wirklich nicht selbstverständlich, was Angie ungemein zu schätzen wusste.
Mittlerweile war es Abend und das Ehepaar hatte sich soeben ins Bett gelegt. "Wie war dein Tag?", erkundigte sich Germán augenblicklich, während er einen Arm um Angie legte und sie zu sich zog. "Ganz gut.", meinte die Blonde und fing an, von ihrer kleinen Stadttour zu berichten, da ihr Mann heute besonders viel hatte arbeiten und unzählige Meetings hatte abhalten müssen. "Ich bin froh, dass du jetzt wieder hier bei mir bist.", gab Angie zu, nachdem sie ihre Erzählung beendet hatte. Sie hatte sich den ganzen Tag über nach Germáns Nähe gesehnt und war, seit er eine Arbeit erledigt hatte, beinahe etwas anhänglich. "Das bin ich auch.", erwiderte der große Mann jedoch sofort und hauchte ihr einen zarten Kuss auf die Stirn. "Zum Glück vertraust du dich mir wieder an, noch länger hätte ich es sonst nicht ausgehalten."
Diese ehrlichen Worte überraschten Angie. Normalerweise überließ er es seiner Frau das Thema anzuschneiden. Es war allerdings mehr als verständlich, dass es Germán ebenfalls plagte und er hatte es auch endlich verdient, gänzlich zu wissen, was in Angies Kopf vorging.
"Germán?" Die blonde Frau sah ihm in die dunklen Augen und schöpfte aus dem strahlenden Braun die fehlende Kraft, nun wirklich über ihren Schatten zu springen: "Ich will versuchen, dir mein Verhalten zu erklären, dir meine Gedanken und Gefühle offenzulegen. Du musstest schon viel zu lange warten." Germán schenkte ihr augenblicklich ein großes Lächeln und strich ihr aufmunternd über den Rücken. Er wusste, wie viel Überwindung Angie dies kostete.
"Ich... ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll." Angie strich sich ein paar verirrte Strähnen nervös aus dem Gesicht. "Oder vielleicht doch.... Ich spüre es nämlich in meinem ganzen Körper, dass ich unser Kind verloren habe. Es wird zwar mit der Zeit immer weniger, aber es fühlt sich an, als hätte man mir etwas aus dem Körper gerissen. Ich habe keine Schmerzen, aber es fehlt etwas, etwas ist nicht richtig. Ich weiß ja, was nicht stimmt und dieses Gefühl, etwas verloren zu haben, immer in deinem Körper zu spüren, tut mehr weh, als hätte man mir tatsächlich den Körper aufgerissen." Germán nickte verstehend. Er verstand es, ja, aber nachempfinden konnte er nicht und das würde er auch nie können. Stattdessen zeichnete er Angie kleine Kreise über den Rücken, weil er wusste, dass sie das beruhigte.
"Genau das ist die eine Sache, die mich so fertig macht. Ich kann deinen speziellen Schmerz nicht mitfühlen, weil ich nun mal nicht du bin und kann dir deswegen auch nicht helfen. Ich kann dir das ganze Leid nicht abnehmen und das würde ich so gerne." Angie lächelte ihn liebevoll an und streichelte ihm einmal sanft über die Wange. "Du weißt, dass du mehr als genug für mich tust, Germán. Du kannst mir nicht alles abnehmen und das wollte ich auch gar nicht. Ich muss selber stark sein."
Angie spürte, wie ihr eine einzelne Träne über das Gesicht lief. "Ich bin aber nicht stark. Ich kriege meine Trauer, meine ganzen Gefühle nicht in den Griff. Manchmal denke ich, ich werde damit nie klarkommen." Ihren Körper durchlief ein kurzes Zittern. "Ich akzeptiere es, Germán! Ich habe unser Baby verloren! Ich weiß mittlerweile, dass ich dafür nichts kann. Dank dir. Aber es ist trotzdem schrecklich, furchtbar, -dafür gibt es gar kein passendes Wort- sein Kind zu verlieren und ich bezweifle manchmal, dass ich fähig bin, es zu überstehen. Außer mit dir kann ich mit niemandem reden, ich verkrieche mich immer. Ich bin das genaue Gegenteil von perfekt, Germán!"
Dieser reagierte sofort und anders als erwartet. Zunächst strich er ihr mit seinen Daumen die entstandenen Tränen aus dem Gesicht, während er ihr fest in die Augen blickte. Angie gewann daraus eine unbeschreibliche Sicherheit und Ruhe. Anschließend beugte Germán sich ganz langsam, als hätte er alle Zeit der Welt, nach vorne und verschloss ihre Lippen zärtlich miteinander.
"Ich will kein 'perfekt', Angie. Ich will dich!", äußerte Germán, nachdem sie sich wieder voneinander lösten. Als er sah, dass bei seiner Frau nach einer gefühlten Ewigkeit eine für sie so typische Eigenschaft zum Vorschein kam, erröten, konnte er ein großes, glückliches Lächeln nicht zurückhalten. "Du bist so viel stärker, als du glaubst. Und ich liebe deine eigentlich nicht vorhandenen Schwächen mindestens genauso sehr wie deine Stärken! Du kannst es schaffen, du kannst alles schaffen!"
Die blonde Frau wollte schon abwehrend den Kopf schütteln, doch Germán unterbrach sie. "Ich sehe, was für Fortschritte du machst. Du verkraftest die Fehlgeburt jetzt schon viel besser, als noch vor wenigen Wochen. Du siehst es zwar nicht, aber es gibt eine Verbesserung!" Der große Mann nahm sich eine ihrer langen Haarsträhnen und wickelte sie sich um den Finger. "Wenn du es psychisch wirklich nicht schaffst, dann tun wir was dagegen, suchen uns Hilfe. Aber ich glaube an dich! Natürlich ist es fürchterlich und es dauert seine Zeit, mit so etwas fertigzuwerden, aber dir wird es gelingen. Wenn nicht dir, wem sonst?"
"Was würde ich nur ohne dich tun!?" Angie lächelte ihn dankbar an. "Wenn ich es irgendwann überstanden haben will, sollte ich mein Sozialleben mal wieder ankurbeln und mich nicht immer abschotten." "Dann tu genau das! Wir gehen es gemeinsam an, erstmal Schritt für Schritt. Wir fangen mit Violetta an, mit Olga, mit Ju..." Germán unterbrach sich, doch es war zu spät. Er hatte sie erwähnt. "Sag es ruhig. Mit meiner eigenen Tochter!" Der große Mann schluckte, während Angie erneut erste Tränen in die Augen traten. Julieta war ein sehr schwieriges Thema.
"Meine eigene Tochter, mit der ich seit Tagen kein Wort mehr gewechselt habe, die vermutlich nicht einmal mehr weiß, wie ihre Mutter aussieht, weil diese sich aktuell nicht um ihr kleines Mädchen kümmern kann!" "Sch." Germán rollte sich über seine Frau und küsste ihr die Tränen von der Wange. "Wir müssen heute nicht alles klären, Angie. Wir werden die nächsten Tage mal etwas zu dritt unternehmen, damit ihr euch wieder näher kommen könnt. Das wird wieder, Julieta versteht, dass es für dich zur Zeit schwierig ist! Das heute war und ist doch schon mal ein super Anfang.", beendete Germán das Gespräch und fügte mit einer plötzlich viel dunkleren Stimme hinzu: "Wie wäre es denn, wenn wir mal wieder etwas tun, was wir schon seit Wochen nicht mehr gemacht haben?"
Angie konnte weitere Tränen einfach nicht verhindern. Wann war sie so eine Heulsuse geworden? Auf jeden Fall war sie nicht so überzeugt, wie Germán es war. "Ich weiß nicht, ich..."
Germán küsste sie aufreizend und verhinderte somit die folgenden Worte. Worte waren heute genug gesprochen! Der große Mann griff nach Angies Händen und nagelte sie über ihrem Kopf fest, während er sich ihren Hals hinabküsste und Angie ein erstes Stöhnen entlockte. Sie sollte sich endlich einmal entspannen, sich gut fühlen, wenn möglich für eine kurze Weile vergessen.
Er zog ihr das Oberteil über den Kopf und verteilte überall auf ihrer Haut sanfte Küsse. Angie schloss genießerisch die Augen. Germán drang mit der Zunge vorsichtig in ihren Mund ein und die blonde Frau überließ ihm sofort die Führung. Sie gab sich ihrem Ehemann in dieser Nacht völlig hin...
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Germangie - Just a Dream
Fiksi PenggemarAngie und Germán haben es endlich geschafft, zueinander zu finden und sind verheiratet. Beide sind wunschlos glücklich und könnten sich ihr Leben nicht besser erträumen lassen. Das Schicksal macht ihrem Glück jedoch einen Strich durch die Rechnung u...