Nur ein Traum

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"Schläft sie?" Nickend ließ sich Angie zu ihrem Ehemann auf das weiße Sofa fallen. "Tief und fest." Mit einem entspannten Seufzen streckte sich die blonde Frau einmal genüsslich, um sich dann an Germán anzukuscheln. "Jul war heute so aufgedreht und aktiv. Ich glaube, sie ist nicht die einzige, die heute Nacht gut schlafen wird.", ergänzte Angie gähnend.

Den ganzen Tag über hatte Angie mit ihrer kleinen Tochter entweder im Garten und in Julietas Kinderzimmer gespielt. Sie hatten viel Spaß gehabt, es war ein wunderschöner Tag gewesen, der mit Germán an ihrer Seite nun sicherlich perfekt enden würde. "Du schläfst jetzt hier aber noch nicht ein!", warf Germán sogleich ein, "Ich würde heute auch noch ganz gerne ein wenig Zeit mit dir verbringen, wenn du so gnädig wärst." Er lächelte seine Frau voller Liebe an, kleine Lachfalten bildeten sich um seine Augen, sodass sich der Rhythmus von Angies Herz leicht beschleunigte.

"Nichts lieber als das!" Sie erwiderte sein Lächeln und setzte sich seitlich auf Germáns Schoß. Ihre Arme verschränkte sie in seinem Nacken und hauchte ihm ohne große Umschweife einen zärtlichen Kuss auf die Lippen.

Aktuell konnte sich Angie ihr Leben nicht schöner vorstellen. Die Trauerfeier lag mittlerweile ein paar Monate zurück und ihr aller Leben verlief wieder in gewohnten Bahnen. Sie hatte allerdings das Gefühl, die Tage seither viel intensiver und aufmerksamer zu leben, sowie die kleinen Dinge in ihrem Alltag wahrzunehmen und zu schätzen. So schlimm, wie der Unfall gewesen war, so gestärkt ging Angie nun daraus hervor.

Sie war letztendlich daran gewachsen und wusste wie nie zuvor, wie wertvoll das Leben war und wie glücklich sie sich schätzen konnte, so ein schönes zu haben. Sie liebte ihr Leben. Und der Mann, der gerade verspielt durch ihre Haare fuhr, trug daran einen bedeutenden Anteil. Sie konnte sich ein Leben ohne ihn in keinster Weise mehr vorstellen.

Während Angie durch den dünnen Stoff seines Schlafshirts über seine Brust fuhr, tippte Germáns Zunge zaghaft gegen ihre Unterlippe, welche ihm bereitwillig den Eintritt ermöglichte. Ihre Zungen fanden sich schnell und begannen miteinander zu spielen. Ein angenehmer Schauer überlief Angie, als Germáns Hände ihre Hüfte umfassten und seine Daumen über ihre nackte Haut strichen. Das Blut pumpte in Höchstgeschwindigkeit durch ihren Körper und die blonde Frau musste unweigerlich lächeln. Auch nach all den Jahren übte Germán noch immer den gleichen Zauber auf sie aus und sie wusste, dass es andersherum genauso war.

Sie drückte sich noch etwas näher an ihn. Seine Wärme umhüllte sie gänzlich und sie war gefangen in seinen zärtlichen Berührungen. Seine Lippen fühlten sich so weich an wie immer und ihre Münder waren miteinander verschmolzen. Sie waren ein perfektes Team, nicht nur körperlich.

Als sie sich langsam voneinander lösten, erkannte Angie so viel Liebe in den strahlenden braunen Augen ihres Mannes, dass sie nicht anders konnte, als ihm noch einen Kuss auf die Wange zu geben. "Ich liebe dich, Germán." Dieser zeichnete nun kleine Kreise auf ihren Rücken und erwiderte sofort: "Und ich liebe dich."

"Ich weiß nicht, wieso ich ausgerechnet jetzt darauf komme, aber ich wollte mich nochmal bei dir bedanken.", begann Angie unerwartet und fuhr ihrem Gegenüber durch das schwarze Haar in seinem Nacken. "Wofür?" "Für deine Unterstützung und dein Verständnis während der Zeit nach dem Unfall." Germán verdrehte zur gleichen Zeit die Augen, als Angie weitersprach: "Und roll jetzt nicht mit den Augen, ich weiß, dass ich es schön öfters gesagt habe und du es nicht hören willst."

Ihre Stimme wurde leiser, sie sah ihm tief in die Augen. "Aber ich meine es ernst. An solchen Ereignissen zerbrechen so viele Ehen, weil die Partner nicht oder nur auf unterschiedliche Weise damit umgehen können. Deshalb muss man wirklich würdigen, wie du das alles von Anfang bis zum Schluss mit mir durchgestanden bist. Wir sind jetzt nur noch enger miteinander verbunden als zuvor."

Germán legte eine Hand auf ihre Wange und strich ihr gedankenverloren die einzelnen Haarsträhnen zurück hinter das Ohr. "Ich hatte in dieser Phase so oft Angst, dich zu verlieren." Das war eines der Dinge, die Angie so sehr an ihrer Beziehung liebte. Sie konnten offen und ehrlich über alles sprechen.

"Ich dachte, wie bleiben für immer im Dunkeln, in der Trauer und dem Schmerz, gefangen.", gestand Germán. "Als du nur noch im Bett gelegen bist und niemanden an dich herangelassen hast, hab ich mich so hilflos gefühlt. Ich hab mir alle möglichen schrecklichen Szenarien ausgemalt, in denen du dich der Verzweiflung hingibst, in denen wir beide es nicht schaffen, oder was auch immer." Er schenkte ihr ein aufrichtiges Lächeln. "Mittlerweile kommt mir das fast wie ein Traum, ein schrecklicher Traum, vor. Nichts davon ist passiert und diese furchtbare Phase haben wir schon lange überstanden."

In Angies meeresblauen Augen blitzte etwas auf: "Ja, ich verstehe dich, so denke ich manchmal auch über die vergangene Zeit, in der ich so gut wie keine Hoffnung mehr hatte. Sie war wie ein böser Traum, aus dem wir dann glücklicherweise aufgewacht sind."

Kaum hatte die blonde Frau ausgesprochen, musste sie erneut herzhaft gähnen. "Apropos aufwachen.", lachte Germán, "Wir beide müssen morgen früh raus. Vielleicht wäre es jetzt doch eine gute Idee ins Bett zu liegen." "Och ne!" Auf einmal war es Angie, die etwas dagegen hatte. "Ich will aber noch kuscheln.", schmollte sie gespielt beleidigt und zog eine Schnute.

Ihr Ehemann lachte herzhaft auf: "Du siehst gerade haargenau so aus wie Jul, wenn sie was unbedingt möchte, es aber nicht bekommt." Bevor Angie hätte antworten können, erhob sich Germán abrupt und mit einem überraschten Aufschrei fand sich die blonde Frau in seinen Armen wieder. "Warum musst du das eigentlich immer so plötzlich machen? Kannst du mich nicht ein einziges Mal vorwarnen, bevor du mich mit in den Himmel reißt?!", beschwerte sich Angie und beide fingen an zu kichern. "So klein bist du nun auch wieder nicht.", neckte Germán.

Um mögliche Beleidigungen zu verhindern, senkte Germán im nächsten Moment seinen Kopf und verschloss ihre Lippen miteinander, während er sich vorsichtig in Bewegung setzte. Angie erwiderte den Kuss lächelnd. Dies war die einzige Methode, mit der man sie immer und überall zum Schweigen bringen konnte.

Sie krallte ihre Finger in seine Schultern und intensivierte den gefühlvollen Kuss. Die blonde Frau konnte sich aktuell wirklich kein besseres Leben vorstellen. Sie war hoffnungsvoll, positiv, glücklich.

All ihre früheren Befürchtungen, all ihre Verzweiflung und all ihre dunklen Zukunftsaussichten... es war nur ein Traum gewesen.


I was thinking about you

Thinking about me

Thinking about us

What we gonna be

Open my eyes...

It was only just a dream.




// Das war Just a Dream. ^^

Das Lied, welches der Namensgeber für dieses Buch hier war, ist Just a Dream in der Version von Sam Tsui und Christina Grimmie. Eins meiner absoluten Lieblingslieder. :)



Germangie - Just a DreamWo Geschichten leben. Entdecke jetzt