Etwa zwei Wochen später konnte Angie stolz von sich behaupten, dass sie sich in ihren Alltag wieder hineingefunden hatte. Natürlich noch nicht vollständig, doch viel fehlte nicht mehr.
Sie arbeitete zwar noch nicht so viel wie vor dem Unfall, das hatte aber auch seine positiven Seiten, denn so konnte sie umso mehr Zeit mit ihrer Tochter verbringen. Ihre Beziehung mit Julieta hatte sich mittlerweile wieder vollständig hergestellt, die beiden verstanden sich so gut wie eh und je. Diese Tatsache freute Angie in ihren ganzen Erfolgen in der letzten Zeit am allermeisten. Es hatte nach ihrer Fehlgeburt für sie nämlich eine Weile lang so ausgesehen, als hätte sie beide Kinder verloren. Das war glücklicherweise nicht passiert. Im Gegenteil. Sie war Jul so nahe wie niemals zuvor.
"Wir müssen dann los, isst du bitte fertig auf.", ordnete Angie an, während sie einen zweifelnden Blick auf ihre Armbanduhr warf. Wie schaffte sie es nur immer, so spät dran zu sein? War sie heute morgen nicht extra früher aufgestanden? "Ich hab'f gleif.", schmatze Julieta und schaufelte sich eifrig ihre letzten Löffel Cornflakes in den Mund. Angie musste grinsen. So unbekümmert wie Julieta ihr gegenüber an der Kücheninsel saß und mit ihren kleinen Beinen eine ihr unbekannte Melodie gegen das Holz klopfte, konnte die blonde Frau mit Sicherheit sagen, dass ihre Tochter einmal das gleiche Zeitmanagement haben würde.
Heute war es Angie allerdings wirklich wichtig, pünktlich zu erscheinen, denn es war das erste Mal, dass sie Julieta in den Kindergarten bringen würde. Ihre Kleine ging mittlerweile knapp drei Monate dorthin. Germán und Angie hatten es damals zusammen entschieden. Es war die Phase gewesen, in der Angie sich nur in ihrem Zimmer verkrochen und getrauert hatte und Germán nicht immer auf Julieta aufpassen konnte, da er seiner Arbeit nachkommen musste.
Sie war damals zweieinhalb Jahre gewesen, alt genug es zu versuchen. Olga hatte ihnen fest versprochen gehabt, sich um Julieta zu kümmern, sollte ihr es im Kindergarten nicht gefallen, doch diese Sorge war völlig unberechtigt gewesen. Jul ging für ihr Leben gerne in den Kindergarten und hatte sich schon einige Freunde gemacht. Ihre offene, fröhliche Art zahlte sich aus.
Angie trank den letzten Schluck ihres Kaffees und räumte das Geschirr schnell weg, bevor sie sich und Julieta Schuhe und Jacke anzog. Ihre morgendliche Routine hatte sich schnell wieder eingestellt gehabt und so hatte sich die blonde Frau mehr als bereit gefühlt, neue Aufgaben zu übernehmen. Heute war dies endlich soweit! Und nicht nur sie war darüber sehr glücklich: "Ich freu mich so trauf, dir kleich alles zu zeiken!", quiekte das Mädchen von hinten im Auto, während Angie losfuhr. "Paula und Berta sint sooo nett", schwärmte sie von ihren Erzieherinnen. "Ich freue mich auch drauf.", lächelte Angie. Sie genoss diese kleinen, eigentlich unbedeutenden Dinge, wie ihre Tochter in den Kindergarten zu bringen, mehr, als sie in Worte fassen konnte. Sie hatte ihr Leben zurück.
"Unt unser Hof, der ist riesenkroß!", zählte die kleine Blonde weiter auf, was sie ihrer Mutter unbedingt zeigen musste. "For allem die Rutschä finde ich supa! Schaukeln tu ich aba auch total gerne." Sie überlegte angestrengt und tippte sich dabei mit dem Zeigefinger mehrfach gegen das Kinn. "Fielleicht dann doch sogar lieba als rutschän... Und und dann muss ich dir noch meine gansen Freunde zeiken!" Julieta hörte gar nicht mehr auf zu reden. Ihre schokoladenbraunen Augen leuchteten vor Enthusiasmus. Angie grinste, ihre Tochter war wohl doch noch eine Spur aufgeregter als sie selbst.
"Hallo Berta!" Kaum hatten die beiden Blondinen Julietas Gruppenzimmer betreten, sauste sie auch schon zu ihrer Erzieherin, die bereits mit anderen Kindern am Basteltisch saß. "Guten Morgen Julieta.", erwiderte Berta freundlich und erhob sich, um Angie ebenfalls begrüßen zu können. "Das ist meine Mamá!", verkündete das Mädchen augenblicklich stolz und zeigte auf die junge Frau, die nun auch an dem großen Tisch angekommen war.
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Germangie - Just a Dream
FanfictionAngie und Germán haben es endlich geschafft, zueinander zu finden und sind verheiratet. Beide sind wunschlos glücklich und könnten sich ihr Leben nicht besser erträumen lassen. Das Schicksal macht ihrem Glück jedoch einen Strich durch die Rechnung u...