Kapitel 9

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Sein Handy klingelte und er nahm ab.
"Ihr wollt kommen?"
"Heute geht noch, weil wir morgen erst fliegen."
"Okay."
Schon legte er auf und ich sah zu ihm.
"Das war Burak. Er, sein Vater und meine Familie werden kommen."
"Deine Familie war doch schon hier."
"Sie sind deine Schwiegereltern Dunya", wurde er wütend und ich verschwand, um mich wie eine frisch verheiratete Frau, fertig zu machen. Eine halbe Stunde verging und es klingelte. Meine Haare hatte ich geglättet und dazu einen Khakifarbenen Jumpsuit angezogen.
Sie begrüßten uns und wir setzten uns alle an den Esstisch. Ich hatte vieles gekocht und wir fingen deshalb erst an, das warme Essen zu essen.
"Meine Tochter, du hast so schön gekocht", schwärmte meine Schwiegermutter und ich sah Burak, der ruhig das Essen aß und zum Teller blickte. Er wirkte so autoritär und distanziert.
"Morgen gehts also los?", sprach Buraks Vater.
"Ja, nach Italien."
"Wer weiß? Wir fliegen zu zweit dort hin und kommen vielleicht zu dritt zurück."
Ungewollt hielt ich meinen Atem an und Burak ließ sein Besteck zur Seite fallen, ehe er angespannt zu Okan sah, der seinen vorlauten Mund nicht halten konnte und der Rest erfreut zu uns sah.
"Das wäre so schön", sprach meine Schwiegermutter und ich bekam Tränen in den Augen.
"Entschuldigt mich kurz", sagte ich eilig und verließ das Wohnzimmer. Ach du Scheiße.
Schnell griff ich zu meinem Handy und schrieb Seher.
"Unser Treffen ist gecancelt. Komm hier hin und rette mich. Die sind alle da und Burak auch."
Im Bad sah ich mich im Spiegel an und ich spürte, wie Angst ich vor den Flitterwochen hatte. Wieso sagst du sowas Okan? Wieso verdammt?!
Danach spazierte ich wieder ins Wohnzimmer, als ich meine Farbe im Gesicht wieder bekam und mein Appetit vergangen war.
"Seher kommt gleich", sprach ich in die Runde und sie nickten.
Ich fühlte mich so, als hätten sie mich gekauft. Ich war allein, während sie alle jemanden hatten und eine komplette Familie hatten. Dieses Gefühl von Fremdheit verschwand einfach nicht. Seher kam endlich und setzte sich neben mich. Burak hatte verstanden, dass ich sie gerufen hatte, da er die meisten unserer Gespräche mitbekam, während Okan mit seiner Familie sprach und es immer lauter wurde.
Ich räumte die Sachen weg und gesellte mich samt Seher zu ihnen.
"Wir sollten so langsam jetzt gehen. Es wird spät und das frische Paar möchte wohl auch langsam ins Bett, weil sie morgen in ihre Flitterwochen fliegen."
Falsch lächelte ich und verabschiedete mich von allen, genau so wie von Burak, der seine Wut unterdrückte und ich vom Fenster sah, wie er in seinen Wagen stieg uns weg raste.
"Bin draußen, komme etwas später, also warte nicht auf mich."
Kurz nickte ich, machte die Tür zu und drehte mich zu Seher.
"Ein Tag ist vergangen und du siehst so aus, als würdest du jeden Moment von der Brücke springen", seufzte Seher und half mir, die Küche sauber zu machen.
"Aber du weißt, dass ich deine beste Freundin bin und deshalb hab ich dir geholfen."
Verdacht schöpfend legte ich den Lappen beiseite und sah zu ihr.
"Was hast du getan?", fragte ich und ahnte schon, dass sie etwas falsches getan hatte.
"Ich hab euren Urlaub gecancelt", grinste sie über beide Ohren und mein Mund klappte zu Boden.
"Du hast was?!", fragte ich empört und sie fing an zu lachen.
"Ich werde es feiern, Okans hässliches Gesicht zu sehen, wenn er mit dir am Flughafen steht und es herausfindet. Schade. Aber ich steck nicht allein dahinter, deine Affäre hat ebenfalls seine Finger im Spiel. Ich hab ihm erzählt, dass du Angst vorm Fliegen hast und das war angeblich sein Argument, mitzumachen, aber in Wirklichkeit will er es nicht wahrhaben, dich mit ihm in ein anderes Land zu schicken."
"Ihr spinnt doch", kam entsetzt aus mir.
"Er wird das herausfinden und dann bin ich dran, nicht ihr, sondern ich!", wurde ich panisch.
"Mach dir keinen Kopf, wir haben es perfekt geplant."
Laut seufzte ich und setzte mich auf den Stuhl.
"Was wenn es rauskommt? Oh man."
"Halts Maul. Das ist doch hammer. Du bist zu nett Dunya, lass das!", mahnte sie mich und umarmte mich danach.
"Behalte deine Ehre und ich sorge für Frieden in deinem Leben. Gib mir Zeit und habe Geduld. Ich werde dich retten", nuschelte sie und küsste meine Wange.
Der nächste Morgen stand an und wir machten uns für den Flug fertig. Innerlich freute ich mich, dass Burak und Seher unsere Tickets gecancelt hatten und ich konnte es kaum erwarten, keine Flitterwochen zu haben.
Am Flughafen standen alle bereits, darunter auch Burak. Seher war nicht gekommen, weil sie arbeiten musste und ich sowieso nicht fliegen würde. Burak sah schon gespannt und er dachte, ich wüsste nichts davon. Wir verabschiedeten uns und ich umarmte kurz Burak.
"Ich hoffe, ihr habt schöne Flitterwochen", sprach er rau an meinem Ohr und ich lächelte kurz. Nichts war zwischen uns wie damals. Er war so kalt und grob zu mir.
"Ich weiß, dass ihr unsere Tickets gecancelt habt."
Kurz lächelte er.
"Danke", sprach ich leise und schon gingen wir zur Passkontrolle.
Alles klappte und als er die Tickets abgab, war ebenfalls alles ohne Probleme verlaufen.
Von Weitem blickte ich zu Burak, dessen Miene sich so hart anspannte, dass ich es von meterweiser Entfernung mitbekam.
"Komm Schatz", sprach Okan und griff nach meinem Arm.
"Wie? Irgendwas stimmt nicht", sprach ich panisch.
"Du wirst schon sehen. Na los jetzt", wurde er wütend und mir stiegen Tränen in den Augen. Ich hatte schlimme Flugangst und ich war mir so sicher, dass wir nicht fliegen werden, dass ich sogar die Tabletten dafür zu Hause gelassen hatte. Völlig durcheinander blieb ich stehen und beendete somit Okans Gehen.
"Ich hab totale Angst vorm Fliegen Okan. Ich meins ernst. Ich bin einmal geflogen und hatte mir versprochen, niewieder zu fliegen", ratterte ich den Text herunter.
"Ich bin bei dir Dunya. Jetzt mach keine große Nummer", sprach er sanft und zwang mich regelrecht weiter zu gehen. Während ich keinen Ton sprach, strömte mein Inneres in Angst. Langsam näherten wir uns dem großen Flugzeug und schon saß ich drin. Mein Körper zitterte. Mir wurde übel, obwohl der riesengroße Flugzeug still stand.
Okan ignorierte mich regelrecht, während ich mit meinen Ängsten kämpfte. Neben mir saß eine Frau, paar Jahre älter, die besorgt zu mir blickte.
"Hast du Angst vorm Fliegen?", fragte sie und ich nickte kurz.
"Hier nimm die. Die helfen und wirken auch sofort."
Dankend nahm ich die Tablette und schluckte sie mit Wasser herunter. Ich könnte laut weinen. Meine Hoffnung war geplatzt. Ich dachte wir fliegen nicht? Wieso war alles problemlos verliefen?
Der Flugzeug startete und ich hielt mir die Ohren zu. Das Gefühl, was beim Hinaufsteigen herrschte, war unbeschreiblich schrecklich. Meine Speiseröhre drohte mir, alles herauszukotzen, während mein Kopf und vorallem meine Ohren sich der Lage nicht anpassen konnten und ich meine Augen schloss. Zwei Sekunden danach spürte ich Arme um mich und schlug diese weg.
"Lass mich!", fauchte ich Okan unter Tränen an und nahm meine Hände von den Ohren, als wir am Himmel angekommen waren.
"Ich hasse dich Okan", flüsterte ich zischend und er sah mit zusammen gezogenen Augenbrauen zu mir.
"Du tust mir Scheiße an, obwohl du weißt, wie Angst ich vorm Fliegen habe."
Ich regte mich ungewollt so auf über diesen Mann neben mir auf.
Nach stundenlangem Fliegen landeten wir und ich betete zu Allah, dass ich es bestanden hatte.
Vielleicht aber nur, weil ich am schlafen war.
"Überraschung Prinzessin, wir sind in Thailand!", sprach er und meine Augen rissen beinahe.
"Was? Ich dachte wir verbringen unsere Flitterwochen in Rom!"
"Ich wollte dir eine Überraschung machen. Rom ist doch garnicht so spannend."
Meine Augen sahen sich um und wir stiegen in das Taxi. Im Hotel angekommen checkten wir in unser Zimmer ein und ich sortierte die Kleidung. Da es Nacht war, beschlossen wir zu schlafen. Ich war dafür, auf der Couch zu schlafen, doch er zog mich rücksichtslos aufs Bett, sodass mein Oberschenkel von der unteren Seite gehen das Holz knallte und ich innerlich aufschrie.
Sein Arm war um meinen Bauch geschlungen und er zog mich so nah an sich, dass ich an ihn gedrückt war.
"Wir schlafen zusammen!", knurrte er und ich entfernte mich von ihm. Er könnte alles mit mir hier in Thailand anstellen und ich musste ihm gehorchen verdammt.
Ich drückte die halbe Nacht kein Auge zu, bis meine Augen sich automatisch schlossen und ich mit dicker Gänsehaut einschlief.
Der nächste Morgen stand an und wir machten uns fertig. Heute würden wir eine Besichtigung machen. Und da wir in Bangkok waren, hatten wir viel an Auswahl. Besonders Lust mit Okan hatte ich nicht, aber schließlich waren wir im Urlaub und diese Zeit wollte ich genießen, mal abgesehen davon, dass es mir elend seit der Hochzeit ging.
Zwei Tage vergingen und es wurde immer öder. Ich hatte kurz gesagt die Schnauze voll von hier. Okan war feiern, was auch besser war und ich im Hotel blieb. Nachdem Essen lief ich ins Zimmer, duschte und stieg auf dem Balkon.
Meine Haare schwebten förmlich wegen dem Wind herum, doch die Brise tat so gut, dass ich meine Seele baumeln ließ und seelenruhig nach draußen blickte.
"Dunya?", hörte ich hinter mir lallen und sah ein wenig erschrocken nach hinten. Okan. Stockbesoffen.
"Okan?", sprach ich ein wenig zurückhaltend.
"Dunyam", hauchte er und kam mir nahe.
"Geh ins Zimmer Okan", sprach ich höflich, doch seine Hand klammerte sich an meinem Arm und er zog mich mit sich ins Zimmer.
"Es sind schon mehrere Tage vergangen und du gibst dich mich nicht her. Wir sind garnicht offiziell Mann und Frau", zischte er voller Wut, als er mich gegen die Wand schubste und mir an den Hals fasste.
"Okan", stotterte ich ängstlich und versuchte mich zu lösen.
"Lass es bitte", sprach ich unter Tränen.
"Wann darf ich dich endlich durchnehmen he?! Wann du Hure?", schrie er und ich spürte einen ziehenden Schmerz an meiner Wange. Er hatte mich geklatscht.
"Antworte mir! Wieso ziehst du dich bei dem Thema zurück?", fragte er bissig und ich schnaubte nach Luft.
"Ich flehe dich an Okan, tu mir nichts", presste ich voller Furcht aus mir, als seine Hand zu meiner Taille wanderte und er mein Shirt hochhob. Mein Verstand gab rot und ich schlug meine Hände von ihm. Alles ging so schnell. Er hatte mich unter Kontrolle, weil er so stark war. Meine Stimme war so laut am schreien, während mein Verstand nicht aufgab und ich meine Hände, als auch Füße gegen ihn anwendete. Er verprügelte mich regelrecht und ich fiel zu Boden, als er meinen Kopf traf. Erschöpft von seinen harten Schlägen lag ich am Boden und sah schwach, wie seine Beine in meine Richtung steuerten. Der kalte Boden sorgte für ein Zittern und die Angst verdoppelte das Vibrieren meiner Haut. Durch meinen dünnen Schlafanzug fühlte ich mich so geschwächt und ungeschützt.
"Ich flehe dich an", flüsterte ich weinend und lag zusammengekauert auf dem eiskalten Boden, der mich erfrieren ließ.
Er spuckte auf meinem Arm und schlug die Tür hinter sich zu.
Buraks Sicht:
Heute hatte ich mir für etwa drei Stunden freigenommen, weil wir Dunya abholen würden und ich seit der ganzen Woche nichts von ihr gehört hatte. Am Flughafen stand ich zappelig mit den Händen in meinen Taschen vergruben. Mein Vater rechts von mir und mein Onkel links von mir. Der Rest war Zuhause geblieben. Von Weitem sah ich das Paar kommen und sah schon Dunyas Miene, als würde sie jeden hier gleich umbringen. So wütend, aber dennoch traurig. Kurz begrüßten wir uns alle und mir gefiel es garnicht, dass sie ihre Blicke gesenkt hielt und keinen Mucks von sich gab. Die Flitterwochen sind also garnicht gut ausgegangen, wie erwartet.
"Mit welchem Auto seid ihr gekommen?", fragte Okan.
"Mit unseren zwei Autos. Burak kann euch fahren", sprach mein Vater und ich verdrehte die Augen genervt.
Ich nahm Dunya ihre Koffer aus der Hand und schleppte diese zum Auto. Danach setzte sich Okan nach vorn und Dunya nach hinten.
Niemand sprach. Das Einzige, was ich spürte, waren ihre Blicke im Rückspiegel zu mir, während ich das Gleiche tat und ihre Augen studierte. Wieso war sie heute so ruhig drauf? Vielleicht war sie auch einfach nur so müde vom Flug.
"Wie war euer Urlaub?", fragte ich die Dame hinten und hob meine Augenbraue in die Höhe.
"Grottenschlecht", sprach sie verärgert und ich fing an zu lachen. Okan fand es jedoch nicht belustigend und sah zu ihr.
"Spaß, es war schön. Sehr sogar", und prompt wurde die Lage wieder ernst wie vorhin. Bei denen Zuhause angekommen half ich bei Dunyas Koffern und gesellte mich im Wohnzimmer. Okan ging einfach mit dem Grund, seine Freunde wieder zu sehen.
"Ich wunder mich, wieso er uns allein lässt", runzelte ich meine Stirn und auch sie schien nicht allzu begeistert davon zu sein. Okan hatte bestimmt was vor oder er spionierte uns gerade. Irgendwas davon.
"Was ist los mit dir?", fragte ich sie.
"Nichts."
"Wenn eine Frau so eine Frage mit 'Nichts' beantwortet, dann lügt sie."
Kurz seufzte ich und legte meine Ellbogen gestützt auf meinen Knien.
"Hat er dir was getan?"
Sie schüttelte ihren Kopf und ich konnte ihr nicht glauben, doch ich beließ es dabei. Ich würde es sowieso nicht aus ihr bekommen, was die Wahrheit ist, weil Okan sie anscheinend zu sehr einschüchtert.
"Möchtest du was trinken?", lenkte sie vom Thema.
"Hol irgendwas", antwortete ich und sie verschwand. Sie war hübscher geworden und noch brauner, als sie schon war.
Sie kam mit zwei Getränken und setzte sich neben mich.
"Nichts ist beim Alten geblieben, merkst du es nicht?", fragte ich sie, nachdem ich es nicht aushielt.
Sie sah gerade aus nach vorn und ich verfluchte mich.
"Ich hab nicht damit gerechnet, Okans Ring am Finger zu tragen. Ich hab nie damit gerechnet", flüsterte sie leise mit Trauer.
Ihr Handy vibrierte und sie zuckte es heraus. Ich sah von der Seite, das sie eine SMS hatte, doch sie zeigte es mir nicht, las es sich durch und wurde abrupt blass.
"Was ist das?", fragte ich skeptisch.
"Nichts Wichtiges. Seher halt", lächelte sie falsch und ich entzog ihr das Handy aus der Hand. Weil ich viel größer als sie war, las ich mir die Nachricht durch und machte große Augen.
Ich hoffe du hast dich von deinem Urlaub erholt. Viel Zeit bleibt dir immerhin nicht, du kleine Schlampe. Und wieder einmal schicke ich dir neue Bilder und für dich neue Erinnerungen.
"Gib mir das Handy!", schrie Seher und versuchte danach zu greifen.
Ich drückte auf das Bild und sah ein Bild im Krankenhaus. Anscheinend war das Seher als Baby, die in den Armen ihres Vaters lag. Die Mutter war nicht drauf, nur die zwei. Hinten erkannte ich Sehers Tante.
"Was ist das?", fragte ich frustriert und sie zuckte mit den Schultern. Ich war total baff nach dieser SMS. Irgendjemand hat Hass auf sie und ich bin mir sicher, dass sie schon öfters solche Nachrichten enthalten hat.
"Seher spuck endlich aus", wurde ich ungeduldig und fasste sie an ihre Schultern.
"Wer ist das?", fragte ich sie und sie sah kurz vorm Weinen zu Boden.
Lange atmete ich aus, weil ich mich kaum unter Beherrschung hatte.
"Du sagst mir wer das ist. Sofort. Ansonsten-
"Ansonsten was?", fragte sie.
"Ansonsten fühle ich mich gezwungen, die unbekannte Nummer zu orten."
"Das wirst du nicht schaffen, weil die Person ihren Standort falsch angegeben hat. Ich hab es schon probiert."
"Was ist dabei rausgekommen?"
"Dass sie Person von Amerika aus mir schreibt-
"Hast du Verwandte oder ähnliches in Amerika?"
"Nein."
"Fällt dir spontan eine Person ein, die dir sowas antun könnte?"
Erneut schüttelte sie ihren Kopf.
"Was ist mit Okan oder deinem Onkel?"
"Nein. Wieso sollten die sowas tun. Ich bin mir sicher, dass sie das nicht sind."
"Seit wann bekommst du sowas schon?"
"Das geht seit Monaten."
"Hast du die restlichen Nachrichten?"
"Nein."
Ihre Hände zitterten leicht.
"Sei ehrlich Dunya. Du hast irgendwo doch wohl noch was liegen. Umso mehr Material, umso schneller finde ich es heraus, wer die diese Nachrichten schickt."
Sie seufzte, doch verschwand. Wenig später kam sie mit einem kleinen Karton und ich öffnete diesen.
Haufenweise Briefe, gestapelt aufeinander.
Ich las mir jeden Brief durch und konzentrierte mich nur darauf. Wer auch immer die Person sein mag, sie kannte Dunyas Familienkreis sehr gut, da die Person alle Familenbilder hatte.
"Könntest du dir vorstellen ein Geschwister zu haben?"
"Nein."
"Deine Mutter ist ja bei der Geburt gestorben. Was ist mit deinem Vater?"
"Er ist auch ums Leben gekommen. So hat mir das zumindest mein Onkel erzählt."
"Hast du jemals deren Grabstein besucht?"
"Nein."
Tränen stauten sich in ihren Augen.
"Du machst mir unnötig Hoffnungen."
"Nein, nein. Ich hab nur gefragt. Überlass du mir die Sache. Darf ich einer der Briefe mitnehmen?", fragte ich sie und sie nickte.
"Erzähl es aber Niemanden."
Kurz lächelte ich und bekam Mitleid mit ihr. Wer auch immer ihr drohte, er würde mich am Hals haben. Mein inneres glühte vor Wut wegen all den Drohungen und Beleidigungen.
"Sollen wir was essen gehen?", fragte ich sie und sie zögerte erst.
"Nagut. Aber ich ziehe mich schnell um."
"Geh doch so."
"In einem Jogginganzug?!", fragte sie mit großen Augen, was so süß aussah und ich nickte.
"Ja. Steht dir sogar", gab ich ehrlich von mir und sie grinste rot anlaufend.
Wir stiegen in meinem Wagen und wir fuhren los.
Mein Handy klingelte und ich nahm ab. Es war Ramazan.
"Willst du heute kommen oder garnicht?"
"Ich vermute garnicht. Habe was zu erledigen. Oder ist es wichtig?"
"Nein, heute ist garnichts los. Deshalb wollte ich dir Bescheid geben, einfach erst garnicht zu kommen. Mache jetzt auch Feierabend."
"Okay."
Keine Sekunde verging und erneut hörte ich mein Handyklingeln. Ali.
"Was geeeeht", hörte ich aus der Leitung und ich musste zugeben, dass ich meine Freunde seit langer Zeit nicht zu Gesicht bekommen hatte.
"Nichts bei dir?", fragte ich ihn.
"Wir fahren gleich alle in die Bar. Lass uns treffen."
"Ich weiß nicht genau. Warte mal kurz."
Ein Blick huschte zu Dunya, die mich fragend anblickte.
"Willst du in die Shishabar? Und danach könnten wir gefüllte Pizza essen."
"Ich hasse solche Orte, aber okay. Aber bitte lass uns nicht so lange da bleiben."
Zufrieden nickte ich und parkte Minuten später neben der Bar.
Wir betraten die gemütlich orientalisch eingerichtete Bar und fanden auch Ali, Miro, Sirac und Fero.
"Bruder", schrie Fero und umarmte mich.
"Beruhig dich", lachte ich und gab jedem einen Handschlag.
Sie sahen zu Dunya und verstummten. Ich bemerkte sofort wieso, aber sagte nichts dazu. Sie begrüßten sie kurz und wir gesellten uns am Tisch.
Die Pfeifen, die wir bestellt hatten, kamen an und währenddessen redeten wir.
"Ich wurde einfach aus meinem Job rausgeworfen. Wieso? Weil ich was mit dem Weib am laufen hab, auf die mein Chef steht. Was für ein Scheiss", fluchte Fero und wir lachten laut.
"Schlimmer war es, dass du von der besten Freundin des Mädchen kassiert hattest. Wie hieß sie? Zeynep?"
"Oh. Ja", meinte Fero.
Fero legte viel Wert darauf, Beziehungen zu sein. Ob er es ernst meinte, war uns ein Rätsel, denn so ernst er die Beziehung nahm, endete diese.
"Und Dunya? Wie läuft deine Ehe mit Okan?", fragte plötzlich Ali, weswegen jeder ruhig wurde.
"Gut", meinte Dunya leise.
"Was ich mich frage ist, was eine verheiratete Frau mit einem Mann in einer Shishabar zu suchen hat", kam aus Miros Mund und ich schnaubte nach Luft.

Der charmante PolizistWo Geschichten leben. Entdecke jetzt