Nobody Thinks What I Think

II

Josh
"Noch 5 Minuten." Höre ich Linda hinter mir sagen. Linda ist für den fehlerfreien Ablauf verantwortlich und hat bis jetzt auch noch keinen Fehler gemacht was den genauen Zeitplan des Bühnenprogrammes angeht. Tyler sagt immer wir bräuchten sie nicht, wir bekämen das auch ohne Linda hin, aber ich weiß dass sie der einzige Grund ist weshalb wir jede Show pünktlich auf der Bühne stehen. Sie ist wunderschön. Nicht mein Typ, aber wunderschön. Sie hat langes schwarzes Haar und bei genauerer Betrachtung erkennt man, dass sie Sommersprossen überall im Gesicht hat. Sie strahlt jeden Tag und ist immer gut gelaunt, ich kann mich gut mit ihr unterhalten und normalerweise stimmt es mich immer glücklich, wenn sie zur Tür herein kommt und mich mit ihrem breiten Grinsen daran erinnert, dass ich langsam fertig werden muss, aber heute weil Tyler nicht neben mir sitzt und ich seit der Sache mit Jenna kein Wort mit ihn gewechselt habe, beunruhigt es mich nur. Es ist nicht ungewöhnlich, dass wir separate Ankleiden bekommen, aber heute wäre es mir tatsächlich lieber gewesen ihn bei mir zu haben. Ich kenne Tyler seit 5 Jahren und ich weiß er kann in jeder Lage Musik machen, aber ich weiß auch wie sehr er Jenna geliebt hat. Es hat ihm das Herz gebrochen und ich habe ein schlechtes Gewissen, weil ich nicht für ihn da gewesen bin.
Am liebsten würde ich die heutige Show verschieben, aber es ist zu spät. Und außerdem ist heute der letzte Auftritt vor der großen Winterpause. Danach müssen wir erst einmal für 3 Monate nach Hause und ich weiß, dass Tyler das am meisten Angst macht.
Ich fahre mir ein letztes Mal durch die Haare, schnappe mir meine Wasserflasche und schiebe mich an Linda vorbei in den langen Gang. "Noch 5 Minuten, hab ich gesagt" Linda sieht mir fragend hinterher.
"Josh?!" Ihre Stimme wird immer leiser, denn ich laufe mit großen Schritten den Gang hinunter. Ich habe keine Ahnung wo Tylers Fitting room ist, es lohnt sich einfach nicht die Saalpläne für eine so kurze Zeit im Kopf zu behalten.

Als ich Tylers Raum endlich gefunden und festgestellt habe, dass er nur 2 Türen weiter gewesen wäre, bleiben mir nur noch 2 Minuten bis ich in Richtig Bühnenaufgang muss.
Tyler sitzt auf dem Boden mit dem Rücken an die Wand gelehnt und hat die Augen geschlossen. Es tut weh, ihn so zu sehen. Am liebsten würde ich ihm den Schmerz sofort nehmen, aber ich wüsste nicht wie. Ich höre Linda bereits aufgeregt an der Tür klopfen. Tylers Brust bewegt sich unregelmäßig auf und ab. Das letzte mal habe ich ihn so vor unserer ersten großen Show gesehen. Nur War es damals Jenna, die sich neben ihn auf den Boden gesetzt hat und es mir auf eine unerklärliche Weise geschafft hat Tyler zu beruhigen. Jetzt bin ich es der sich neben Tyler setzt und nach seiner Hand greift. Ohne Reaktion lässt er es zu. Ich drücke seine Hand, um ihm zu versichern, dass ich immer für ihn da bin. Wir sagen nichts und sitzen nur da, es fühlt sich an wie eine halbe Ewigkeit dabei sind es nur 2 Minuten. Es ist so still, dass wir alles hören können und langsam passt sich Tylers Atmung meiner an und sein Griff lockert sich. Jetzt ist der Moment gekommen, in dem es für ihn nichts anderes mehr gibt als den Auftritt und die Musik. Tyler steht auf, Atmet tief ein und lächelt Linda, die so eben durch die Tür getreten ist, so glaubwürdig wie möglich zu. Und wie ich ihn so ansehe merke ich ein warmes nicht definierbares Gefühl in mir aufsteigen.