XIV

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Tyler
Mein Herz schlägt gleichmäßig wie sonst auch immer, aber ich fühle mich als wäre ich ein Marathon gerannt, denn ich kann nicht ruhig atmen. Ich sehe einfach nur in Joshs Augen und versuche die immer größer werdende Spannung zu ignorieren. Ich hab keine Kontrolle mehr über meine Gedanken. Seit ich das Haus betreten habe denke ich an nichts anderes mehr, als an die Nacht im Hotelzimmer, unserer Berührungen an Thanksgiving, seinen nassen nackten Körper, den heimlichen Kuss und wie liebevoll er sich um mich gekümmert hat, als es mir so schlecht ging. Ich hab keine Kontrolle darüber.
Jordan hat mir erzählt, dass Linda Vergangenheit ist und ich muss zugeben ich habe mich gefreut wie ein kleines Kind. Die letzten Monate waren die verwirrendsten aber gleichzeitig wahrhaftigsten Monate meines ganzen Lebens. Ich habe mich niemals auf diese Art hinterfragt, aber wenn ich einen Menschen, den ich wirklich geliebt habe, mit Hilfe eines anderem so schnell vergessen kann, dann bedeutet dieser Mensch mir wahrscheinlich mehr als ich zu geben möchte.
Ich habe daran gezweifelt, dass Josh ähnlich fühlt, denn er hatte Linda und es ist eben nicht möglich, dass wir beide mehr wollen. Deshalb bin ich ausgezogen. Aber jetzt sitze ich hier, sehe in sein unfassbar schönes Gesicht und kann die Lust in seinem Blick nicht länger leugnen.
Mir ist schlecht vor Aufregung. Ich hab keine Ahnung was passieren wird, wenn wir den Tisch verlassen. Irgendwann müssen wir wieder alleine sein. Mir wird schlecht. Das War es wohl mit der Band, ich meine wie soll ich das Aushalten. Wir funktionieren nur als Freunde mehr nicht. Alles andere ist falsch.
Und genau deshalb, weil ich Angst vor dem habe was passiert, wenn ich meinen Stuhl verlasse, bleibe ich sitzen. Auch noch, als bereits alle aufstehen und den Tisch abräumen. Ich starre einfach auf die Tischdecke und versuche meine zitternden Hände zu verbergen.
"Tyler?" Höre ich die stimme meiner Mutter aus der Küche rufen. "Wir haben keine Milch mehr. Morgen ist Feiertag." Sie streckt den Kopf um die Ecke, "geht ihr bitte welche vom Bäcker holen?" Sie lächelt in die Runde und tut so als hätte ich die Wahl, aber wir beide wissen, dass ich gehen muss und wenn ich jetzt raten sollte wer "wir" ist dann würde ich sagen mit "wir" sind Josh und ich gemeint. Ich drehe mich auf meinem Stuhl zu Josh um, der direkt hinter mir steht und genauso überrascht aussieht wie ich. "Natürlich kein Problem, machen wir." Sagt er und greift nach seinem Pullover, denn er trägt nur ein schwarzes Top -das übrigens ziemlich unpassend für diese Jahreszeit ist, aber extrem seine Muskeln betont- . Ich bin noch nicht mal aufgestanden, da hält er mir schon meine Winterjacke entgegen. "Nicht das du wieder krank wirst." Er lächelt.
Das habe ich mir die ganze Zeit gewünscht. Ein paar ruhige Minuten für uns, in den Josh mir alles über Linda erzählen kann. Wobei sich das mit meinen Gefühlen vor einigen Minuten widerspricht.
Als wir in den Garten treten, erwischt mich die kalte Luft wie ein Schlag. Ich zucke zusammen, weil ich nicht erwartet hätte, dass sich die Luft so schnell abkühlt. Auf den Straße hat sich eine dünne Schicht Eis gebildet. Es ist faszinierend.
Josh schließt seine Augen und holt tief Luft, anscheinend empfindet er den Winter als genauso wunderschön wie ich. Ich beobachte Wie sich seine Brust langsam hebt und wieder senkt. Ich versuche ihn mir nicht wieder nackt vorzustellen, aber es geht nicht anders.
Dann plötzlich setzt er sich in Bewegung und läuft zielgerichtet die Straße hinunter. "Wir müssen uns beeilen bevor der Bäcker schließt." Sagt er um sein Tempo zu erklären.

"Wo ist eigentlich Linda?" Frage ich nach einer Weile mit gespielter Gleichgültigkeit.
Seine Augen verengengen sich. Er überlegt was er mir antworten soll.
"Wir sind nicht mehr zusammen.", plötzlich bleibt er stehen, "na ja eigentlich waren wir das nie." Er steht immer noch. Ich weiß nicht was ich antworten soll, also fahre ich mir mit den Händen durch die Haare und warte darauf, dass er weiter geht.
"Willst du irgendwie reden?" frage ich als er immer noch keine Anstalten macht weiter zu laufen. Aber er schüttelt den Kopf ohne dabei seine Blick abzuwenden.
Die Luft ist so kalt, dass ich jeden Atemzug von Josh sehen kann. Augenblicklich ist die Spannung zwischen uns wieder da. Ich sehe auf Joshs Lippen hinunter und versuche meine Aufregung zu verbergen. Ich weiß weder noch wie wir hingekommen sind noch was gleich passieren wird. Ich bin nur auf seine Lippen konzentriert. Josh atmet erneut aus und diesesmal spüre ich die warme Luft an mir, als würde ich in einer Blase stehen, in der es nur mich und Josh gibt. Mir fallen tausende Einleitung zu Dingen ein, die ich sagen könnte, aber ich stehe einfach nur still da und lasse es zu dass Josh langsam auf mich zu kommt.
Kurz bevor seine Füße gegen meine stoßen, sehe ich das Leuchten aus seinen Augen verschwinden. Er dreht sich ruckartig von mir weg und nimmt sein Tempo wieder auf, als wäre nichts passiert. Jetzt, da ich alleine, ohne Josh da stehe, als wäre nichts passiert, merke ich die Kälte noch stärker als zuvor an mir hochkriechen.

Nobody Thinks What I Think  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt