Nobody Thinks What I Think

III

Josh
Der Tyler, der bis vor ein paar Minuten noch auf dem Boden gekauert hat, existiert inzwischen nur noch in meinem Kopf. Es gib keinen spürbaren Unterschied zu den Shows bevor. Die Fans kreischen und springen, wie sonst auch immer und Tylers Stimme und Performance ist nahezu perfekt. Die Fans geben ihm eine unheimlich Energie, denn er springt und tanzt, als hätte Jenna seinen Antrag angenommen. Ich mache mir so viele Gedanken über Tylers Performance, dass ich beinah aus dem Takt gekommen wäre, was mir sonst nie passiert. Ich gebe mir also große Mühe nicht die ganze Zeit zu dem Mann zu gucken, der gerade in der Menge steht und singt. Aber mir ist klar, dass obwohl niemand der Fans von Tylers tatsächlichen Stimmung weiß, bald alle erzählen werden wie traurig er gewesen war. So etwas bleibt nicht privat, wenn man eine so große Reichweite hat wie wir. Und ich weiß, dass Tyler es hassen wird, so wie es jeder hassen würde, wenn eine so frische Trennung in die Öffentlichkeit gestellt wird und jeder darüber diskutiert. Ich hoffe, dass der Fokus in den letzten paar Minuten auf dem Liedsänger lag, denn tatsächlich komme ich noch ein zweites Mal aus dem Takt, bis ich es endlich schaffe endgültig die Probleme von Tyler aus meinem Kopf zu vertreiben. Ich spüre, wie die Energie, die ich bei jedem Trommelschlag verspüre, durch meinen Körper fließt. Diese Momente sind die schönsten für mich, wenn ich einfach abschalten kann und spielen.

Der Schweiß strömt mir über den ganzen Körper, nach dem ich zurück von dem Plateau auf die Bühne klettere. Ich fühle mich glücklich und hatte alles vergessen, bevor ich grinsend zu Tyler rüber sah und sein angespannten Gesichtsausdruck wahrnehme. Als ich mich zurück an mein Schlagzeug setzte und warte, bis Tyler vom Mikrofon zurück an sein Klavier läuft, ist mir sofort klar, dass es heute eine kleine Änderung im Programm geben wird. Die Fans jübeln und lachen, weil Tyler gerade davon erzählt hat wie wir uns im tourbus eine Toilette teilen müssen. Es ist eigentlich keine große Sache. Ich warte bis Tyler die ersten Töne gespielt hat und steige dann ein, niemandem wird auffallen, dass wir ein Lied übersprungen haben, denn die Setlist ändert sich jeden Tag, doch nervös bin ich trotzdem. Das Lied, dass er als Ersatz für "Tear in my heart "
Spielt ist Ruby. Alle schreien.

Tyler
Obwohl ich Jenna während der Show fast vergessen hätte, wird mir schlagartig bewusst, wie unmöglich es mir erscheint heute "Tear in my heart" zu spielen. Alles was ich mit Jenna verbinde, jedes einzelne Wort des Textes wird mich an sie erinnern und dazu bin ich nicht bereit. Ich weiß nicht, ob ich es je wieder sein werde, aber jetzt bin ich es auf keinen Fall. Josh sieht zu mir herüber, ich weiß nicht, ob ich es mir einbilde, aber ich habe das Gefühl er versteht auch ohne Worte dass wir dieses Lied nicht spielen werden. Ich erzähle von dem aufregenden Tourleben, während ich zu Gott bete, dass Josh sich gerade auf jedes andere Lied vorbereitet, als auf "tear in my heart".
In den letzten 38 Stunden ist mir schon genug schlechtes widerfahren, weshalb ich nun Glück habe, dass Josh fehlerfrei einsetzen kann und sich nach wenigen Sekunden meine Anspannung legt.
Der härteste Teil ist geschafft, was natürlich nicht bedeutet, dass ich mich jetzt nicht mehr zusammenreißen muss, aber es fällt mir so viel leichter die Fassung zu bewahren. Ich würde fast behaupten dieses Konzert war das einzige Konzert in dem ich so wenige Emotionen zu gelassen habe.
Es tut mir leid so zu denken, aber letztendlich ist es einfach nur Erleichterung die ich verspüre, als das rote Konfetti auf die kreischenden Fans hinab fällt. Ich verlasse auffällig langsam die Bühne, damit ich noch ein letztes Mal die Chance habe den Anblick zu genießen, bevor wir zurück nach Amerika fahren. Und ich gehe extra langsam, um den Menschen vor der Bühne zu versichern, dass alles wie immer ist und ich es nicht eilig habe von hier zu verschwinden, denn ich fühle mich als würde jeder einzelne mich plötzlich misstrauisch ansehen. In den Augenwinkel sehe ich Josh, wie er lächelt, um mir zu versichern, dass ich mir keine Sorgen machen muss. Und was ich fühle als ich ebenfalls zu ihm rüber sehe, ist Dankbarkeit.