Schließe dieses Mal die Wohnungstür hinter mir ab und schnappe mir eine Weinflasche. Nun, wir haben zwar schon im Restaurant angestoßen, aber da mich der liebe Ben an mein Trauma erinnert hat, brauche ich jetzt noch mehr Alkohol, um die schrecklichen Bilder wieder los zu werden. Trotz der vielen Jahre habe ich manchmal Albträume und Flashbacks. Zu oft hatte Raoul, mein Vater, mich an gegrabscht, mir seinen stinkendem Atem ins Gesicht gehaucht. Mir aufgelauert, wenn ich geduscht hatte und an sich herum gefummelt. Er hat's noch nicht mal heimlich getan, nein, ich habe immer wieder fluchtartig den Wohnwagen verlassen müssen. Schließlich habe ich dann in den Hotels geduscht. Oder gar nicht. Ich dachte, wenn ich stinke, rührt er mich nicht an, doch ich hatte falsch gelegen. Am Abend der Fast- Vergewaltigung- oder war es eine?- hatte ich zwei Wochen lang nicht geduscht gehabt. Der ganze Wohnwagen hatte muffig gestunken und ich hatte mal wieder dröhnig auf der Sitzbank gelegen und eine Telenovela geschaut. Raoul war herein getorkelt und hatte gemeckert, warum das Abendbrot noch nicht fertig gewesen wäre. Ich hatte entgegnet, dass wir keinen Peso mehr hätten, da er ja vor zwei Stunden mit dem ganzen Geld verschwunden gewesen wäre. Nun war er reumütig geworden, hatte sich über mich gebeugt und gejault, wie leid ihm alles getan hätte. Er sei doch der Kerl und hätte für mich sorgen müssen. Wenn ich ihm nur etwas entgegen kommen würde, wäre er auch motiviert genug, abstinent zu werden. Ich war angewidert von ihm weg gerückt und hatte ihm wiederholt an den Kopf geworfen, dass er das lassen solle, weil ich seine Tochter und nicht seine Frau wäre. Doch mein Erzeuger hatte nur gelacht und war über das Tischbein gestolpert. Er war auf mich gefallen, wo er sofort angefangen hatte, mich zu küssen und meine damals schon üppigen Brüste zu kneten. Nun, ich hatte schon mit dreizehn Jahren weibliche Rundungen bekommen und mit siebzehn hatte ich so kurvig wie eine Erwachsene ausgesehen. Klar, dass die Männer das Sabbern gekriegt haben! Nun, Raoul hatte an mir herum gesabbert und da er so massig gewesen war, hatte ich echt Schwierigkeiten gehabt, ihn von mir runter zu bekommen. Ich hatte geschrien und ihn geboxt, aber mein Herumgebuckele hatte ihn nur noch mehr erregt. Ich hatte seinen harten Penis an meinem nackten Oberschenkel gespürt und sofort daran gedacht, dass ich meine Jungfräulichkeit nicht an dieses versoffene Schwein verlieren wollte! Mein Erzeuger hatte meine Beine mit Gewalt auseinander gedrückt, während im Hintergrund die Heldin der Serie mit mir um die Wette gebrüllt hatte. Ich kann mich an jedes Wort erinnern, dass sie gesagt hatte.
!Eres un seres viles, Pedro! Si hubiera admitido nunca a usted!*
Dann hatte Raoul seinen Hose aufgeknöpft. Mit letzter Kraft hatte ich mich hochziehen und ihm mein Knie in den Unterleib rammen können. Ich war unter dem Tisch durchgekrochen, zur Tür gerannt und in der dunklen Einöde verschwunden, wo wir gecampt hatten. Ein Wahnsinn, dass ich unterwegs nicht noch einmal überfallen worden war! Nein, ich war auf keine Menschenseele getroffen, bis ich in der nächsten Stadt, Tordera, angekommen war. Völlig ausgezehrt, verdreckt und müde war ich in einer Straßenecke eingeschlafen. Etwas später war ich von einer Stimme geweckt worden, die deutsch gesprochen hatte.
„Wußte nicht, dass auf dieser Ecke Drogenabhängige herumlungern." hatte eine junge Frau gesagt und hatte aufgeblickt.
„Nun, die gibt's ja wohl überall. Armes Mädchen." hatte der Kerl dazu erwidert, der sie schützend im Arm hielt.
„Ich bin kein Junkie." hatte ich leise entgegnet.
„Mein Gott...du bist Deutsche?"
Die Frau hatte überrascht ihre Augen aufgerissen. Ich hatte genickt und mich mühselig hochgezogen.
„Ja. Ich komme aus Lüneburg. Mein Name ist Elena Petersen und ich habe den Fehler gemacht, meinen spanischen Vater besuchen zu wollen."
Dann war ich in Tränen ausgebrochen. Das Pärchen hatte mich ins Krankenhaus gebracht, wo ich durch gecheckt worden war. Ich hatte einer Polizistin den Vorfall mit meinem Vater geschildert. Sie hatte mich gefragt, ob ich ihn anzeigen wollte, doch ich hatte den Kopf geschüttelt.
„Sólo quiero volver a mi familia en Alemania!**" hatte ich geschluchzt.
Ich muss so ein elendes Bild abgegeben haben, dass mich das deutsche Pärchen mit zu sich genommen, mir Essen gegeben und mir einen Flug nach Deutschland gebucht hatte. Natürlich hatte ich versprochen, ihnen das Geld sofort zurück zu zahlen, wenn ich dort ankommen würde. Was ich auch getan hatte. Oma und Veronika hatten mich vom Flughafen abgeholt und sich sehr über mich erschrocken. Ich hatte ein viel zu weites Kleid getragen, das mir Tanja, die Touristin, geliehen hatte, denn ich war ziemlich abgemagert gewesen. Ich war bei Tante und Onkel in Kiel geblieben, zum Glück hatte ich mein Abi nachholen können. Und ich hatte dem kleinen Ben spanisch bei gebracht, das ich nach den anderthalb Jahren in Spanien wie meine Muttersprache beherrschte.
Auch jetzt spreche ich es regelmäßig, denn mein Boss ist Spanier. Ich werde ihn morgen anrufen müssen. Morgen. Langsam fallen mir die Augen zu und ich bete, das ich vor Alträumen verschont bleibe.
*Du bist ein niederträchtiges Wesen, Pedro! Hätte ich mich bloß niemals mit dir eingelassen! (Babelfish)
** Ich will nur zurück zu meiner Familie nach Deutschland
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trío de tango
General FictionTango zu Dritt. Wo sich diverse jugendliche Heldinnen aus weltweit bekannten Stories schon öfter wieder gefunden haben, wird für Elena eine Herausforderung. Sie ist der Sprössling einer wohlhabenden norddeutschen Großfamilie, die ein Gut in der Nähe...