20. Schrottkisten und unerwartete Retter

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Lucas hatte ein Talent fürs Planen oder besser gesagt für das theoretischen Planen. Praxis war da nicht unbedingt seine Stärke, das bekam ich früher zu spüren, als mir lieb war. Der Tag begann eigentlich ziemlich harmlos, sogar sehr schön. Lucas war beim Frühstück voller Euphorie und hat es sogar geschafft mich mit der Freude, gleich mit dem Bulli weiter fahren zu können, anzustecken. Das Auschecken sowie die letzten Lebensmitteleinkäufe verliefen problemlos und so saßen wir um 08:57 Uhr im VW Bus, bereit für den Start.

Ehrfurchtsvoll dreht Lucas den Zündschlüssel und der Motor springt mit einem kurzen Stocken an. Ich bin weder Auto kundig noch kenn ich mich mit sonstigen Motoren aus, aber wirklich gut klingt dieser hier nicht. „Bist du sicher, dass der Bus auch fährt?"

„Ja klar, wir sind ja gestern schon mal gefahren, das Baby hier schnurrt wie ein Kätzchen", meint er nur grinsend und fährt langsam vom Parkplatz los.

Dann klingt der Bus aber wie eine sehr alte Katze, mit Herzrhythmus Störungen, denke ich im Stillen. Aber wie sonst auch immer übertreibe ich sicher nur. Das hab ich mir in diesem Moment gedacht. Tja, ich hatte ja keine Ahnung oder, besser gesagt, ich hatte sogar sehr viel Ahnung. Von Messina sind wir mit der Fähre auf das italienische Festland übergesetzt und bis auf einen kurzen Kommentar, darüber, dass sich Italiener anscheinend konsequent gegen internationale Musik zu währen scheinen, war Lucas bester Laune.

Und nun wieder zu Lucas Plan, der lautetet bis nach Apulien zu fahren, genauer gesagt bis nach Gallipoli, eine Hafenstadt im Süden der Provinz, dumm nur, dass der Bus, dessen Motor, ja angeblich wie ein Kätzchen schnurrt in einem kleinen Kaff, dessen Namen ich noch nicht mal kenne, irgendwo im Nirgendwo den Geist aufgibt. Nachdem wir und schon komplett verfahren haben. Ich sagte ja eine Katze mit Herzrhythmus Störungen, in diesem Fall wäre die metaphorische Katze gerade gestorben, gerade, also vor 15 Minuten.

„Und?", frage ich Lucas, der am hinteren Ende des Busses vor der aufgeklappten Motorluke kniet und den Schaden begutachtet.

„Warte... Ich glaub...das könnte es s...", bevor er seinen Satz vollenden kann, fährt er wie von einer Tarantel gestochen zurück, der der Flüssigkeit, die ihm aus dem Motor entgegen spritzt kann, er nicht ausweichen.

„Fuck", flucht er laut und versucht sich die dunkle Flüssigkeit aus den Augen zu streichen. Ich weiß, andere auszulachen ist unhöflich, aber ich kann mein Kichern einfach nicht mehr unterdrücken und kann mir gerade noch so ein: Ich hab's ja gleich gesagt unterdrücken.

„Ich habe vorhin im Vorbeifahren eine kleine Werkstatt gesehen. Wir könnten zurückgehen und um Hilfe bitten", schlage ich vor. Lucas ignoriert aber meinen Einwand und wendet sich, anscheinend voll dazu entschlossen das Auto alleine in Gang zu bringen, wieder dem Motor zu. Ich bezweifle stark, dass er dazu in der Lage ist, ganz im Gegenteil ich nehme sogar an, dass er den Schaden mit seinen Reparaturversuchen nur noch größer macht.

Der momentane Stand also, wir wissen weder wo wir sind, noch wie wir von hier wegkommen sollen und dazu hat noch mein Begleiter auf stur geschaltet und ist besessen davon diesen Motor alleine wieder hinzukriegen.

„Wir wär's damit? Du versucht weiter das Ding wieder zum Laufen zu bringen und ich gehe derweil zur Werkstatt und frag, ob sich vielleicht ein Mechaniker das ganze Mal anschauen könnte?" Wieder bleibt eine Reaktion auf, stattdessen höre ich, wie er kräftig auf irgendein Teil im Inneren des Motors schlägt. Dann sind wir also wieder in der Trotzphase angekommen. Langsam gehen mir seine Launen wirklich auf die Nerven.

„Ich geh, dann mal", informiere ich ihn schließlich einfach und setzte meinen Vorschlag in die Tat um, nachdem ich noch mal kurz gezögert habe.

Die Umgebung erinnert mich stark an das Inland von Mallorca. Trocken und nur sehr spärlich bewachsen, zudem knallt die Sonne erbarmungslos auf meinen Kopf und mein Magen meldet sich auch noch mal lautstark zu Wort, dass er auch langsam gerne mal etwas Essen würde. Völlig nachvollziehbar, sind wir doch die letzten sechs Stunden durchgefahren und bis auf die Croissants, die wir uns als Proviant mitgenommen haben, hatten wir noch keine Gelegenheit etwas zu Essen. Mittlerweile ist es nach 15 Uhr und momentan sieht es nicht danach aus, als würde mein Magen schnell seinen Willen durchsetzen können.

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