22. Kocherei

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Gut, vielleicht war ich doch etwas betrunken, aber wirklich nur ein wenig. Zumindest beharrt mein brummender Kopf darauf, als ich am Morgen kurz die Augen aufmache, da sich neben mir jemand aus dem Bett gerollt hat. Die Störung war aber so kurz, dass mein Unterbewusstsein beschließt es unter der Kategorie "Traum" zu verbuchen, ich mich umdrehe und weiterschlafe.

Dass ich definitiv einen Kater habe, merk ich erst, als ich das zweite Mal vom Schließen einer Tür geweckt werde. Die Gardinen sind zu dünn, um die immer höher steigende Sonne aus dem Zimmer auszusperren und so scheint sie mir unangenehm ins Gesicht.

Ich bin also chancenlos, starte noch mal einen letzten Versuch, indem ich mich wieder umdrehe, aber da stoße ich auf etwas Harten, hart und weich zu gleich. Noch mit einem Fuß, im Land der Träume, taste ich irritiert über dem Fremdkörper im Bett. Zuerst ist da Stoff, nasser Stoff, bis da ein Gesicht auftaucht und dieses Etwas, atmet. Als meine Finger Lippen erreichen, zucke ich zurück und bin plötzlich hellwach. Vor mir, wie soll es anders sein, Lucas, ein breit grinsender Lucas.

Augenblicklich schießt mir das Blut in den Kopf und ich vergrabe das Gesicht im weichen Kissen, frei nach dem Motto, wenn ich ihn nicht sehe, kann er mich vielleicht auch nicht sehen. Dass, diese Tatsache ein schrecklicher Irrtum ist, hat jeder von uns spätestens im dritten Lebensjahr erkennen müssen, aber ein Versuch ist es wert.

Wie peinlich!

„Guten Morgen Schlafmütze", die Matratze bewegt sich, Lucas kommt mir näher. Ich spüre seine unmittelbare Anwesenheit.

„Morgen", murmle ich in den Stoff und versuche weiter so zu tun, als wäre ich gar nicht hier.

„Du kannst mich auch gerne weiter begrabschen, wenn du willst. Ich hätte nichts dagegen", ich kann sein anzügliches Grinsen förmlich hören. Spielerisch stupst er mich an.

„Ich habe noch geschlafen okay", versuche ich mich zu verteidigen.

„Das ist mir klar, du hast dich in den zwei Stunden, wo ich weg war, keinen Millimeter bewegt."

Stutzig schaue ich auf. Meine Haare müssen sich über Nacht in ein Vogelnest verwandelt haben und der Abdruck des Bettlakens hat sich bestimmt in meine Gesichtshaut gedrückt.

„Zwei Stunden? Was hast du so lange gemacht?", mir sind es wie wenige Minuten vorgekommen, die zwischen dem ersten kurzen Aufwachen und dem zweiten vergangen sind.

Meine Augen brauchen noch einen kurzen Moment, bis sie voll ihren Dienst aufnehme, jetzt erst kenne ich auch, das verschwitzte blaue T-Shirt, die kurzen Stoffhosen und seine wild durcheinander verwuschelten Haare.

„Du warst Laufen?", stelle ich mit einem, leicht, entsetzten Unterton fest. Ich fühle mich wie eine überreife Banane oder zumindest wie ich denke, wie sich eine überreife Banane fühlen könnte, wenn sie denn Gefühle hätte, und er geht laufen, viel mehr noch, er ist danach noch top fit.

„Ja", bestätigt er mit einem schlichten Schulterzucken, als wäre es das normalste auf der Welt, nach .... keine Ahnung vielleicht 3 oder 4 Stunden Schlaf joggen zu gehen.

Zwei Stunden lang!

Das sind 120 Minuten Folter, von denen ich wahrscheinlich nicht mal 30 überleben würde.

„Warum?"

Wieder nur ein kurzes Schulterzucken. „Ist das Beste gegen Kater."

Natürlich, ich verspüre jetzt auch den unwiderstehlichen Drang laufen zu gehen.

Nicht!

Manchmal verstehe ich ihn einfach nicht, okay ich verstehe ihn sehr oft nicht. Ja, vielleicht hilft sportliche Betätigung einigen, richtig wach zu werden, ist auch irgendwie nachvollziehbar. Aber Lucas praktiziert den Sport ja fast schon exzessiv. Oder bin ich einfach nur zu faul?

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