Und wie man sich auf mein Gefühl verlassen konnte. Polignano a mare ist ein wahrer Schatz, wenn man denn eine kleine Stadt als Schatz bezeichnen kann. Doch für mich ist dieser Ort genau das, ein Schatz, wenn man so will eine Goldmünze oder eine Perle, in Apulien. Ich war ja schon auf den ersten Blick begeistert von diesem Ort und nach einem kleinen Rundgang schaffe ich es auch Lucas zu überzeugen. Natürlich, nach einem kleinen verdienten Mittagsschlaf in unserem neuen Hotel.
Die Altstadt thront wie ein Adlernest auf den Kalkklippen direkt über der Adriaküste, traditionell weiß gekalkte Häuser und enge Gassen prägen den Ort und verleihen ihm einen intimen Charakter. Nach jeder Abzweigung der unzähligen schmalen Gassen trifft man auf neue Details und wunderschöne Aussichten auf das Meer, die man bestaunen kann.
Neben der spektakulären Lage sind die vielen Grotten, die den Felsen, auf dem die Stadt steht, durchsetzen, die Hauptattraktion des Ortes. Direkt unter den Häusern ist die Küste vom Meer so ausgespült, dass man meint, der durchlöcherte Fels könne das Gewicht der Stadt nicht länger tragen und würde jeden Moment einstürzten.
Doch das Highlight ist wohl der spektakuläre Stadtstrand. In der Mitte der Stadt scheinen, das Meer so kraftvoll gewesen zu sein, dass es in der Lage war die Felsen auseinander zu reißen und in eine Schlucht zu verwandeln. Dort unten, zwischen den Klippen und den Häusern, die bis zum Abgrund reichen, befindet er sich, der Kiesstrand mit dem glasklaren Wasser.
Genau auf dieses Meer blicke ich jetzt, von einem Restaurant, das in so einer Grotte liegt. Ich habe nicht den blassesten Schimmer, wie es Lucas geschafft hat hier einen Tisch für uns zwei zu bekommen, sogar direkt am Wasser, das nur wenige Meter unter uns sich im ungleichmäßigen Rhythmus an den Felsen bricht. Was ich aber weiß ist, dass ich ganz sicher falsch gekleidet bin. Denn ein Restaurant mit so einer spektakulären Lage, für die es sogar weltweit berühmt ist, wie ich gerade erfahren habe, ist natürlich ein Nobelrestaurant. So kann Lucas endlich mal wieder in seinem Gewohnten Umfeld speisen und ich, mit Hot-Pants und meinem hellblauen T-Shirt, versinke so tief in meinem Stuhl, wie ich nur kann.
„Du musst dich einfach nur gerade hinsetzte."
Ich schaue zu Lucas, der mich schmunzelnd beobachtet.
Auf meinen fragenden Blick antwortet er schlicht: „Wenn du so tust als ob du hierhergehörst, dann glauben dir die anderen das auch. Das ist alles."
„Du hättest mich aber trotzdem vorwarnen können, dass hier Abendgarderobe Pflicht ist", murmle ich während ich mich, etwas, wiederwillig aufsetzte. Unruhig blicke ich mich um, und ich könnte schwören, dass die Frau mit dem hässlichen, aber edel wirkenden Hut, am Tisch hinter uns gerade mit vorgehaltener Hand, mit ihrem bärtigen Ehemann, der gerade sehr damit beschäftigt ist sich die Vorspeise aus seinem Gestrüpp über und unter der Lippe zu puhlen, über mich lästert.
„Na gut, wird nicht wieder vorkommen. Nächstes Mal geb ich dir bescheid", sagt Lucas und schlägt die Speisekarte auf.
„Das hätte auch nicht wirklich was gebracht, da ich nicht mal was Passendes mithätte", gebe ich zu, reise meinen Blick vom leise lachenden Ehepaar los und richte ihn stattdessen ebenfalls auf die vor mir liegende Karte. Die Preise sind sogar ganz akzeptabel, obwohl ich mir sicher bin, dass Lucas wieder darauf besteht mich einzuladen.
„Warum, machst du dir überhaupt über sowas Gedanken? Du bist schön und jung, die meisten Frauen hier würden für deine Figur und deine Haut töten. Besonders die aufgespritzte Oma hinter dir mit dem schrecklichen Hut und dem toten Tier um den Hals."
Ich halte inmitten meiner Bewegung inne und versuche krampfhaft gegen das Blut anzukämpfen, das in meinem Kopf steigt. Hoffentlich sieht man in dem gedämmten Licht nicht, wie rot ich werde, kommt kurz der Gedanke in mir auf. Er wird aber sofort von der alles überstrahlenden Frage abgelöst ob Lucas mir grad wirklich ein Kompliment gemacht hat, sogar ein riesen großes.
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Sun
Teen FictionDen Abschluss in der Tasche und was jetzt? Vor dieser Frage steht das Erwachsen gewordene Auswanderer-Kind Mia mitten auf der überfüllten Ferieninsel Mallorca. Einen Kellnerjob im Sunny's fürs erste, doch was nach dem Sommer passieren soll, steht in...