So verbringen wir einen ereignisreichen Tag voller neuer Erlebnisse und Eindrücke, ein Tag wie noch viele folgen sollten. Doch das wusste ich in diesem Moment nicht, ich hatte keine Ahnung was mich die nächsten Wochen noch erwarten würde. Meine einzigen Gedanken am Abend kreisten um das Bett im kleinen Hotel. Das Doppelbett und die unausweichliche Frage nach unserem Schlaf-Arrangement. Da war er wieder, ein Moment wo mir die Realität wieder vor Augen führt wie leichtsinnig und dumm ich doch war.
Ich bin einfach so mit jemanden, den ich flüchtig kannte in ein komplett fremdes Land geflogen. Aber das Lucas doch mehr Feingefühl besitzt, als man ihm auf den ersten Blick zutraut, hat er sofort darauf bestanden wieder auf dem Sofa zu schlafen, und ich war ihm unglaublich dankbar. Der Gedanke mit ihm im gleichen Bett zu schlafen fühlt sich beängstigend an.
Dank dem anstrengenden Tag falle ich innerhalb kürzester Zeit in einen tiefen Schlaf und werde erst wieder um acht Uhr morgens von Lucas Handywecker in die Realität zurückbefördert.
Ein kurzer Blick auf mein Handy zeigen mir eine Hand voll unbeantworteter Anrufe von Jenny zusammen einigen Nachrichten.
„Was erlaubst du dir eigentlich!"
„Wo verdammt noch mal bist du? Komm soforrt nach Hauuse!"
„Magermilch du kannst wass erwaretn!"
Autokorrektur sei Dank, bringt mich diese Drohung sogar kurz zum Schmunzeln.
„Mia!"
„Mia-Sophie. Ich warte"
Nach weiteren Schimpftiraden und Fluchwörtern, die nur zum teil richtig geschrieben sind, stocke ich. Die letzte Nachricht, gesendet vor vier Stunden, mitten in der Nacht.
Ich hatte nicht vor auf ihre Nachrichten oder Anrufe einzugehen. Doch jetzt tippen meine, noch etwas starren Finger langsam über die virtuelle Tastatur auf meinem Bildschirm:
„Ja."
Da wir gestern noch beschlossen haben Andreas Tipp anzunehmen und über den Ätna nach Taormina zu fahren brechen wir unsere Zelte in Catania ab, um uns in Taormina eine neue Bleibe zu suchen. Von dem freundlichen Besitzer des Hotels hat Lucas eine Adresse für eine Firma die Autos vermietet bekommen, die in ganz Sizilien verstreute Filialen besitzt, wo wir überall den Wagen zurückgeben können. Ich wäre ja dafür gewesen mit dem Bus zu fahren, aber Lucas besteht auf sein Recht einen fahrbaren Untersatz zu haben, sonst würde er sich so eingeschränkt fühlen. So schlimm wären öffentliche Verkehrsmittel auch wieder nicht, was hätte ich die letzten Jahre sonst gemacht? Denn einen Führerschein besitze ich auch mit 19 Jahren noch nicht.
Der Mietwagen stellt sich als einen blauen, etwas in die Jahre gekommenen, Fiat Panda heraus, den Lucas skeptisch mustert, schließlich aber doch den Vertrag unterschreibt und den Schlüssel an sich nimmt.
„Zumindest gibt es eine Klimaanlage", meint er schulterzuckend.
Zehn Minuten später, finden wir heraus, dass das Auto zwar die angepriesene Anlage besitzt, diese aber kaputt ist, eine Tatsache, die der Verleih "vergessen" hat zu erwähnen. So werden die Fenster heruntergefahren und ein erster kleiner Tiefpunkt ist erreicht.
Lucas ist genervt.
Er ist im allgemeinen ziemlich schnell von etwas angepisst. Auch mein Versuch, die Stimmung mit dem Radio zu bessern, schlägt fehl, da das ebenso kaputt ist. Die Fahrt verläuft also schweigend. So habe ich zumindest ausgiebig Zeit mich umzusehen. Ich hätte erwartete, dass Sizilien ein trockenes Land ist, doch was ich jetzt sehe, sind grüne Wälder und Hänge voller Weintrauben und Orangenbäumen, die hell durch das dichte Blätterwerk hervorblitzen. Doch immer mal wieder wird die idyllische Landschaft durch schwarze Gesteins Zungen unterbrochen. Lavaströme, aus früheren Ausbrüchen, wo es die Natur noch nicht geschafft hat sie in ihre Welt zu integrieren. Sie wirken wie Narben auf dem Bode. Doch in einigen Jahren werden hier genauso Gräser, Sträucher und Bäume wachsen wie sonst überall, so lange der Vulkan es zulassen wird.
DU LIEST GERADE
Sun
Ficção AdolescenteDen Abschluss in der Tasche und was jetzt? Vor dieser Frage steht das Erwachsen gewordene Auswanderer-Kind Mia mitten auf der überfüllten Ferieninsel Mallorca. Einen Kellnerjob im Sunny's fürs erste, doch was nach dem Sommer passieren soll, steht in...