27. I don't give a FU**

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„Komm schon, auf drei", ruft Lucas mir von unten zu. Rudernd hält er sich über Wasser und lässt mich keine Sekunde aus den Augen.

Ich für meinen Teil habe vor ca. 3 Minuten, als Lucas vor mir von dieser - deutlich kleineren – Klippe runter gesprungen ist, verloren. Natürlich haben wir auf mein Drängen vor dem Sprung gründlich das Wasser darunter erkundet – Sicherheit geht über alles – und beschlossen, dass es sicher wäre. Von meinem Enthusiasmus ist nichts mehr übrig, viel mehr ist er in den negativen Bereich gerutscht. Was habe ich mir noch mal dabei gedacht, als ich Lucas Idee vom Klippenspringen zu gestimmt habe? Ja genau! Nichts.

Zugegeben seine Überredungsstrategie war verdammt gut. Bei dem Geschwafel von Vertrauen, Überwindung von Ängsten und das noch alles gemeinsam erleben, kann man doch gar nicht "Nein" sagen, überhaupt wenn er mich zwischen durch immer wieder mit kleinen Küssen abgelenkt hat, da hätte er mir auch erzählen können, er würde Priester werden und ich hätte es nicht bemerkt und brav weiter genickt.

Was ist nur mit mir passiert?! Ich mutiere zu einem Zombie der von seinen Schmetterlingen im Bauch kontrolliert wird.

„Ich glaub, das war doch eine ganz schön dumme Idee!", antworte ich ihm und beuge mich vorsichtig etwas weiter nach vorne um in die Tiefe zu blicken. Von unten sah der Felsvorsprung, auf dem ich just in diesem Moment stehe, vorhin überhaupt nicht hoch aus, sonst hätte ich doch nie zugesagt. Aber jetzt!

„Spring einfach!"

Der hat gut reden! Als ob das so einfach wäre.

Vorsichtig tasten sich meine Zehen etwas weiter nach vorne. Der kleinen Steine stechen unsanft in meine Fußsohlen und die Schürfwunde an meinem rechten Schienbein brennt noch vom Salzwasser.

Warum ist das so hoch?

„Ich kann das nicht!"

„Doch!", versucht er mich zu beruhigen, „Wir zählen einfach zusammen bis drei und dann springst du."

Ohne mein Einverständnis zu diesem Plan kund zu tun beginnt er zu zählen.

„Eins...zwei, ..."

„Stopp!", kreische ich panisch. Ich kann das nicht!

Von unten höre ich sein Seufzen.

„Okay, kein Problem, du musst natürlich nicht springen. Geh einfach wieder den Weg runter. Soll ich raufkommen und dir helfen?", bietet er an, doch ich kann die Enttäuschung aus seiner Stimme hören. Schließlich habe ich es ihm doch versprochen.

„Nein, schon gut, das kriege ich alleine hin." Vorsichtig trete ich den Rückweg an, Schritt für Schritt bis ich plötzlich innehalte. Bin ich wirklich so feige?

Was genau hält mich davon ab von dieser Klippe zu springen? Ich habe sie mir genau angeschaut, hab das Meer darunter studiert, weiß eigentlich, dass nicht wirklich viel passieren kann. Warum springe ich also nicht einfach? Bin ich wirklich so feige? Ich war schließlich, diejenige die sich auf einen Trip auf unbestimmte Zeit und einem unbekannten Ziel mit einem völligen Fremden eingelassen hat!

Es reicht! Ich will kein Angsthase sein, will nichts mehr verpassen, will verdammt noch mal das Leben genießen. Abrupt drehe ich mich um und beginne zu laufen. So schnell mich meine Beine tragen können sprinte ich auf den Abrunde zu und als ich den Boden unter den Füßen verliere und die Luft in meinen Ohren rauscht, kreische ich, bis ich unter Wasser tauche und plötzlich nur noch Stille herrsche.

Regungslos verharre ich kurz Unterwasser. Ich zwinge mich dazu meine Augen zu öffnen. Das Salzwasser brennt aber, die Farben und Schemen, die ich erkenne, beruhigen mich. Hier unter bleibt die Zeit stehen. Alles wirkt so ruhig und doch weiß ich, wenn ich genau hinschauen würde, würde ich Leben finden. Kleine und größere Fische, die in Schwärmen umher sausen. Muscheln, Krebse, Seegurken, eine nie enden wollende Liste an Leben.

SunWo Geschichten leben. Entdecke jetzt