29. Sturköpfe und dehnbare Begriffe

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Die Sonne hat sich bereits vollständig über den Horizont gekämpft, als der Bulli von einem in die Jahre gekommenen Traktor endlich aus seinem festgefahrenen Zustand befreit wird. Es hat sich herausgestellt, dass sogar, wenn ich in der Lage gewesen wäre zu fahren, wir durch den plötzlichen und heftigen Regen festgesteckt sind.

Erschöpft falle ich auf den Beifahrer Sitzt und Benjamin starten den Motor, nachdem er sich noch mal bei dem freundlichen Olivenbauer bedankt und ihn als Dankeschön für seine Hilfe etwas in die Hand gedrückt hat.

Ronald ist mit Lucas schon vor einer Stunde losgefahren, nachdem er ihn kurz durchgecheckt und sofort einen Zugang für eine Infusion gelegt hat.

Ich habe weder Benjamin noch Ronald je in meinem Leben gesehen, geschweige denn von ihrer Existenz gewusst und dann bin ich plötzlich in der Lage ihnen meine Leben, Lucas Leben anvertrauen.

Benjamin fährt konzentriert über die schlechte Straße und murmelt etwas davon, dass er seinem Neffen so viel Klasse gar nicht zugetraut hätte.

Ich wollte nicht zurückbleiben, wollte Lucas nicht aus den Augen lassen.

„Ich kann das verstehen, aber du kannst grad nichts für den Jungen tun", vorsichtig berührte Lucas Onkel meine Schulter und zog auf mein schreckhaftes Zusammenzucken hin sofort seine Hand weg.

„Ron weiß was er tut. Lucas ist bestens bei ihm aufgehoben. Wir zwei währen nur im Weg."

Vielleicht war es die Überforderung nach Tagen der Zweisamkeit plötzlich von fremden Männern umringt zu sein, Benjamins Worte oder Ronalds ermutigendes Lächeln, das er mir zugeworfen hat während er die Flüssigkeitszufuhr von Lucas Infusion kontrollierte, aber ich nicke. Zusammen tragen sie Lucas, der seit Stunden in einem dämmernden Habschlaf gefangen zu sein scheint in den Jeep und ich musste mitansehen wie sie der Landstraße folgen und schließlich aus meinem Blickfeld verschwinden.

„Es tut mir wirklich leid, dass wir uns auf so einen dramatischen Weg kennenlernen mussten", holt mich Benjamin nach einem besonders heftigen Ruck, als der Bulli ächzen in ein tiefes Schlagloch fährt, in das Hier und jetzt zurück.

„Mhm", bleibt meine einzige Reaktion. Ich will auf keinen Fall unhöflich sein, immerhin helfen sie uns gerade. Aber im Moment muss ich all meine Konzentration darauf verwenden nicht panisch zu werden und hysterisch die Autotür aufzureißen. In mir herrscht pures Gefühlschaos. Angst gepaart mit Panik vermischt mit Erleichterung. Paranoia, die Furcht und das Misstrauen vor Fremden. Die Erschöpfung, der Schlafmangel und über all diesen Gefühlen schwebend, wie ein Damoklesschwert, die Sorge um Lucas Zustand. Ronald hat mich zwar ermutigenden angelächelt, als er Lucas auf unserem Bett untersucht hat, aber den kurzen besorgten Blick, den er Benjamin zugeworfen hat, ist mir nicht entgangen.

„Mia, alles ist gut jetzt. Lucas wird es bald besser gehen."

Ich möchte ihm so gerne glauben, aber wer sagt mir, dass er mich nicht gerade anlügt.

So richtig verstanden, was los mit ihm ist, habe ich nicht. Um eine harmlose Grippe handelt es sich dabei aber nicht.

„Mhm."

Die Straße macht eine Linkskurve und mit jeder verstreichenden Sekunde lassen wir das Meer weiter hinter uns.

„Wir fahren jetzt noch gute drei Stunden bis nachhause. Du kannst dich ruhig ausruhen", mein Benjamin als das Durchgerüttelt der Schotterstraße endlich ein Ende hat und der Bulli beim Gefühl des glatten Asphalts unter seinen Rädern erleichtert aufzuatmen scheint.

„Hast du noch mal etwas von ihnen gehört?"

„Ron wird mich anrufen, sobald sie zu Hause ankommen und er Lucas richtig versorgen kann. Du hast mit dem Anruf schlimmeres verhindert."

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⏰ Letzte Aktualisierung: Aug 30, 2019 ⏰

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