Hass

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„Man, ihr wart ja lange unterwegs." Stellte Max fest, als Tuko und ich nach einer gefühlten Ewigkeit endlich die Wohnung erreichten. „Wenn man sich in dieser Drecksstadt nicht auskennt kommt das schon mal vor." Entgegnete ich schnippisch, befreite Tuko von Leine und Halsband, warf Jacke und Schuhe in eine Ecke und ging zum Kühlschrank. „Also erstens ist das keine Drecksstadt und zweitens kannst du Tuko einfach sagen, dass ihr jetzt nachhause geht, dann findet er den Weg normalerweise von selbst." Auch wenn ich Max nicht ansah, wusste ich genau, dass er selbst jetzt sein dämliches Dauergrinsen nicht absetzte. Ich fischte aus dem Kühlschrank einen Energy Drink, öffnete ihn und lehnte mich während den ersten Schlucken an die Theke. „Sowas hätte man mir auch mal erzählen können." Max zuckte mit den Schultern, kam zu mir in die Küche und sah nach den Pizzen. „Du hast es nicht so mit Fragen oder?" Fragend zog ich eine Augenbraue hoch. „Darf ich einen Energy Drink, Paps? Zum Beispiel." Ich zuckte mit den Schultern und nahm den nächsten Schluck von dem Zeug, das mich innerhalb von Sekunden süchtig gemacht hatte. „Na, immerhin sind die Pizzen fertig. Ich habe einen Bärenhunger!" „Ich esse nichts." Sein Dauergrinsen verschwand. „Was? Wer kann bitte Pizza ausschlagen?" Fragte er mich, während er die Pizzen aus dem Ofen holte und auf zwei großen Tellern platzierte. „Keinen Hunger." Damit verschwand ich, trotz Protesten von Tuko, der sich mir schwanzwedelnd in den Weg stellte, im Zimmer.

Ich beschloss nach zwei Stunden rumliegen etwas Produktiveres zu tun und schloss mein Handy an die Musikbox. Danach kramte ich in den Schränken nach Boxhandschuhen und probierte den Boxsack aus. „Verdammte Scheiße schämst du dich nicht? Verstehst du es nicht? Du hast mein Leben gefickt!" Dröhnte aus den Boxen und ich versenkte einen Schlag nach dem Anderen in den lackschwarzen Boxsack. Tränen stiegen mir in die Augen und ich war froh, als die Playlist das nächste Lied abspielte. „Rauf auf die Hantelbank, Kilos an die Decke werfen, Fäuste in das Glas. Komm wir boxen uns mit Scherben, Yeah!" Rappte ich mit und bekam gar nicht mit, dass sich die Tür öffnete. Konzentriert boxte ich weiter, genoss es die aufgestaute Wut und Energie loszuwerden. Den folgenden Song rappte ich komplett mit. „Er folgt nur seinem Instinkt und sein Instinkt kennt nur den Todeswahn. Ein hochkopierter, durchtrainierter, fassdressierter Dobermann!" Ich erstarrte als ein Bellen direkt neben mir ertönte. Tuko saß etwa einen Meter neben mir und wedelte, wer hätte es gedacht, freudig mit dem Schwanz. Meine Augen verengten sich zu Schlitzen, als ich Max sah, der im Türrahmen lehnte. „Schon mal was von Privatsphäre gehört?" Zischte ich und Max schüttelte den Kopf. „Du hörst ja meine Musik. Ich fühle mich geehrt." Er setzte sich, als hätte ich es ihm erlaubt, auf mein Bett und musterte mich grinsend. Ich brauchte einen Moment bis ich verstand. Stimmt, Rapper. Das hatte Feli mir ja erzählt. „Interessiert mich nicht von wem der Song ist und was du machst interessiert mich sowieso nicht, außer du meinst einfach in mein Zimmer rein zu platzen." Giftete ich, zog die Boxhandschuhe aus und schaltete die Musik aus. „Danke. Du hast auf das Klopfen nicht reagiert, also." Ich verschränkte die Arme vor der Brust und verdrehte die Augen. „Und weshalb hast du geklopft und dich nicht einfach um deine Angelegenheiten gekümmert?" Max verschränkte die Arme hinter seinem Kopf und ließ sich zurückfallen, um letztendlich auf meinem Bett zu liegen. Ich betone, MEIN Bett. „Ich dachte, vielleicht hast du Lust mit mir etwas zu unternehmen. Boxen, in die Stadt, Leute kennenlernen, zum Hafen, was du willst." Er setzte sich wieder auf und sah mich fragend, beinahe bettelnd an. „Hör mir mal zu, du hast dich mein ganzes Leben lang nicht blicken lassen und nen scheiß auf deine Vaterrolle gegeben, also brauchst du dir nicht einbilden, dass du jetzt noch jegliche Chancen dazu hättest eine Vater Tochter Beziehung aufzubauen. Kümmer du dich einfach um deinen eigenen Scheiß und lass mich in Ruhe!" Das hat gesessen. Wie versteinert sieht Max mich an und es war mir nicht möglich jegliche Emotionen an seinem Blick zu erkennen. Naja, irgendwie hatte ich doch nun mal Recht. Vielleicht war es etwas zu hart ausgedrückt, aber so ist das Leben.

Es waren bis jetzt weitere 3 Tage vergangen. Alle 3 Tage habe ich beinahe ausschließlich in meinem Zimmer verbracht und habe es nur verlassen um ins Bad zu gehen oder den Kühlschrank zu durchstöbern. Alles nur, wenn ich mir hundertprozentig sicher war Max nicht zu begegnen. Was nicht unbedingt einfach war, wenn man zusammen wohnte. Heute konnte ich ihm leider nicht aus dem Weg gehen, denn so wie er sagte, verlange die Schulleitung, dass er sich an meinem ersten Schultag auch blicken ließ und so saß ich nun also bei ihm im Auto und sah nach draußen. Max versuchte vergeblich irgendein Gespräch aufzubauen, doch damit konnte er mir gestohlen bleiben. Auf den Gängen herrschte Hochbetrieb, was es nicht sonderlich einfacher machte sich zurechtzufinden. Während ich mich nach einem Schild oder ähnlichem umsah, welches mir den Weg zum Schulleiter beschrieb verpeilte ich es komplett auf meine Umgebung zu achten und stieß mit jemandem zusammen. „Du schon wieder." Knurrte ich, als der dunkelhaarige Kerl sich bereits entschuldigte, bevor ich überhaupt verstanden hatte, was gerade passiert war. „Sorry, tut mir echt leid. Ich.." „Spar es dir und lass mich vorbei." Zischte ich giftig und verfluchte Max dafür, dass er mitgekommen war, als er die Hand auf meine Schulter legte. „Ey, kein Grund so rumzumotzen. Kannst du uns vielleicht sagen wo wir das Büro des Schuldirektors finden?" Der Junge nickte zögerlich und wich meinen hasserfüllten Blicken so gut er konnte aus, während er unsicher den Weg zum Büro erklärte. Max bedankte sich und bevor ich irgendetwas sagen konnte zog er mich schon hinter sich her. „Lass mich los!" Zischte ich und befreite mich aus seinem Griff. Er ignorierte mich und ehe wir uns versahen standen wir schon vor dem Büro. „Hör zu, ich habe nicht viel über dich gehört, aber was ich gehört habe ist vielleicht nicht gerade positiv was das Schulleben betrifft. Also bitte versuch dich hier anzupassen und mit der Situation zu arrangieren, okay?" Max sah mich mit einem durch dringlichen, aber gleichzeitig liebevollen und besorgten Blick an und ich nickte nur desinteressiert, bevor ich die Tür öffnete.

Mein Vater der Rapper und der Hund namens TukoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt