Spring

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„Und fang!" Ich warf das Leckerli in Tukos Richtung und klatschte Applaus, als er es in der Luft fing. „Bald können wir zum Zirkus gehen." Der Pitbull wedelte begeistert mit dem Schwanz und ich wollte ihm gerade ein weiteres Leckerli zuwerfen, da pikste mir jemand in die Seite und kitzelte mich. Dem Lachen nach zu urteilen handelte es sich um Max und ich quietschte auf, als er mich kurz hoch hob. „Hier geht niemand." Lachte er und ich strich mir eine Strähne hinters Ohr, als ich wieder festen Boden unter den Füßen hatte. „Aber gib zu, wir hätten Potential." Tuko bellte zustimmend und Max konnte nicht anders als lachend zu nicken. „Apropos Potential. Das Konzert beginnt gleich. Ich weiß nicht ob du es vergessen hast, aber ich brauche dich für den Auftakt." Ich boxte ihm spielerisch gegen die Brust. „Das würde ich niemals vergessen." Gefolgt von Max und Tuko sprang ich aus dem Tourbus und schlenderte über das Gelände. Eine Gänsehaut schlich sich über meine Haut, als ich in der Ferne die Fans hörte. „Ich bin glaube ich gerade das glücklichste Mädchen auf der Welt." Stellte ich fest und sah mit einem ehrlichen Lächeln auf den Lippen zu Max, der zustimmend nickte.

Ja, wer hätte es für möglich gehalten? Jacky Diehn sagte, dass sie das glücklichste Mädchen auf Erden sei. Und sie meinte es sogar ernst. Ich hätte es nie für möglich gehalten, aber ich fühlte mich wohl. Mehr als das. Und ich stand das erste Mal an einem Punkt, an dem ich mir sicher war, dass es nur noch bergauf gehen konnte. Die Wunden waren nicht verheilt, nein. Das würde noch einige Zeit in Anspruch nehmen, aber das war okay. Tiefe Wunden brauchten ihre Zeit. Ich hatte Zeit gebraucht. Ich hatte mich austesten müssen. Ich hatte die Welt und die Menschen kennenlernen müssen. Und wenn die Sonne so auf mich hinab schien war ich mir sicher, dass alles was in der Vergangenheit passiert war, auch der Vergangenheit angehören würde. Egal wie sehr ich weinte und flehte, Damian kam nicht zurück. So wares nun mal. So war der Tod. Unberechenbar. Oft hatte ich mir gewünscht zu sterben. Oft hatte ich es versucht zu erzwingen. Doch ich sollte leben. Ich sollte weiterleben, während Damian der Weg ins Jenseits ermöglicht worden war. Heute stand ich hier und hatte meine gesunde Angst vor dem Tod zurückgewonnen. Er war da, immer. Aber ich würde ihn nicht suchen. Nicht heute und auch nicht morgen. Zumindest war genau das mein Ziel. Ich würde mich bessern. Ich würde es nicht nur versuchen. Ich würde es machen. Ich würde Worten Taten folgen lassen. Doch ich würde mich nicht verändern. Denn das sollte man nicht. Man sollte sich bessern und sich weiterentwickeln, aber niemals verändern. Denn irgendwo dort draußen gibt es immer jemanden, der einen so liebt, wie man ist. Das war mir bewusst geworden. Ich hatte meinen Platz gefunden, vorerst. Ob er immer direkt neben Max sein würde wusste ich nicht. Aber vorerst würde er es sein.

Wir verstanden uns gut, Max und ich. Es war zwei Wochen her, dass er mich auf dem Bahnsteig abgefangen hatte. Zwei ganze Wochen. Es kam mir wie eine Ewigkeit vor und doch war es so unglaublich nah. Ich weiß nicht genau was uns zusammengeschweißt hatte, aber vielleicht waren es einfach die ehrlichen Worte, die uns gezeigt hatten, wie wertvoll wir für einander waren. Vielleicht würde das ganze Desaster wieder von vorne beginnen, aber das glaubte ich nicht. Wir hatten uns endlich zusammengerauft. Voller Höhen und Tiefen, waren wir doch zusammengeblieben, da durfte uns doch ein wenig Ruhe vergönnt sein, oder?    Wenn man auf einer Tour von Ruhe sprechen konnte natürlich.

„Jacky?"Max wedelte mit seiner Hand vor meinem Gesicht herum und riss mich somit aus meinen Gedanken. „Bereit?" Ich sah mit zittrigen Händen zu Pia, die mir aufgeregt zu winkte und dann zu Rico, der direkt neben mir stand und mich mit seinem liebevollen Blick seelenruhig musterte. Tuko hingegen tapste aufgeregt auf der Stelle und hasste uns womöglich dafür, dass wir ihn nicht mit auf die Bühne nahmen, aber er war hinter der Bühne eindeutig besser aufgehoben. Stolz sah ich zu Max. „Ja." Seufzte ich aufgeregt und schloss noch einmal kurz die Augen. „Hab dich lieb, Damian." Flüsterte ich so leise, dass nur ich es hören konnte und dann ging es los. Mit Max und Rico an der Hand lief ich auf die Bühne und ich staunte nicht schlecht, als ich die riesige Menge an Fans sah, die vor Freude tobten. Wir nickten uns nochmal zu und gingen einen Schritt nach vorne. Einen Schritt in Richtung der Fans. Einen Schritt weiter weg von der Vergangenheit. Einen Schritt in meine Zukunft.

Also spring, spring, spring, spring, spring, spring! Genieß den freien Fall in das Licht, in das Licht!"








THE END

Mein Vater der Rapper und der Hund namens TukoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt