Als wir nach einer gefühlten Ewigkeit endlich angekommen waren versuchte ich möglichst unbeschadet meine Tasche in die Wohnung zu tragen, während Tuko freudig an mir hoch sprang. Max amüsierte sich lieber darüber, als seinem nervigen Köter zurückzuweisen. „Mach doch mal was!" Zischte ich, als er die Tür aufschloss. „Wieso? Du hast keine Angst vor ihm und hast ihn noch nicht begrüßt. Kein Grund ihn zu ermahnen." Genervt stellte ich die Tasche im Flur ab und wurde direkt von Tuko zu Boden gerissen. Freudig schlabberte der mir durchs Gesicht und sprühte nur so vor Freude. „Tuko!" Zischte ich und versuchte ihn so gut es ging von mir fern zu halten. Erleichtert atmete ich auf, als Max seinen viel zu aufdringlichen Köter von mir runter hiefte. „Jetzt bist du offiziell ins Rudel aufgenommen worden." Ich verdrehte die Augen und rappelte mich auf. Der Typ und der Köter konnten mir gestohlen bleiben. „Wo schlafe ich?" Fragte ich genervt und Max deutete mir ihm zu folgen. Sein Grinsen war nicht eine einzige Sekunde von seinem Gesicht gewichen. „Ich dachte mir, ein rosa Gitterbett gefällt dir, so als Mädchen. Hoffe du magst die Farbe." Er lachte, als er meinen entnervten, aber geschockten Blick, sah und öffnete dann eine Tür. „Ich glaube das Zimmer ist ganz okay. Da hast du deine Ruhe und kannst mir beim Musik hören auch nicht auf die Nerven gehen." Ich nickte und sah mich um. Das Zimmer hatte eine Dachschräge, was mich sehr ansprach und auch sonst war es eigentlich ganz cool. Alles dunkel gehalten, das Bett ein großrahmiges Doppelbett, der Kleiderschrank schön groß, ein Schreibtisch inklusive Computer und Laptop, ein Flachbildfernseher und eine Playstation. So viel hatte ich in meinem ganzen Leben nicht besessen. Beim Boxsack blieb mein Blick hängen. „Den nehme ich die Tage noch ab, keine Sorge." Erklärte Max, doch ich schüttelte den Kopf. „Den behalte ich." Überrascht sah er mich an und ich schob vorsichtshalber noch ein „Bitte" hinterher. Er zuckte mit den Schultern und stellte den Koffer ab. In diesem Moment huschte Tuko an mir vorbei und sprang auf mein Bett. „Ey, das ist mein Bett. Verzieh dich!" Keifte ich und umfasste den, vor Freude schwanzwedelnden, Hund mit beiden Händen und versuchte ihn vom Bett zu ziehen. Doch Tuko krallte sich fest und nach großer Bemühung gab ich es auf. „Keine Sorge, du kannst deine Zimmertür ja nachts zu machen." Genervt wechselte mein Blick zwischen dem Dauergrinser Max und dem Dauerwedler Tuko. Wie sollte ich es hier jemals länger als einen Tag aushalten? Ich wusste wirklich nicht wie ich das durchhalten sollte, aber hatte ich eine andere Wahl? Erstmal wohl eher nicht.
Die Wellen brachen an den spitzwinkligen Felsen, die aus dem Wasser ragten. Ich stand an der Klippe und meine Haare wehten im Wind. Mit geschlossenen Augen stand ich da und atmete die frische Meeresluft tief ein. Kein Fünkchen Kummer lag in meiner Seele. Kein Funke Pessimismus prägte mich. Kein Tropfen Blut war dem Teufel versprochen. Ich war grenzenlos frei. Plötzlich hörte ich ein Schreien. Mein Blut gefror, mein Magen zog sich zusammen und ich krümmte mich voller Schmerzen. Vor Schwindel torkelnd, wich ich einige Schritte von der Klippe zurück und was ich sah, als ich mich aufrichtete, sog mir die Luft aus den Lungen. Eine Silhouette eines blonden Jungen war am Rand der Klippe zu sehen, an diesem Ort, wo ich vorhin noch gestanden hatte. Sein Atem war ruhig und entschlossen. Ich spürte, dass er nicht ganz bei sich war. Irgendetwas an ihm kam mir bekannt vor und ich ging einige Schritte zur Seite, um ihn von der Seite sehen zu können und tatsächlich. Diesen Jungen kannte ich. „Damian." Flüsterte ich und konnte kaum noch stehen, so entsetzlich schwach waren meine Beine plötzlich. Was machte mein bester Freund, mein ein und alles dort? „Weil mich jeder gehasst hat." Sagte er ruhig, seine Stimme klang dunkler als sonst. Viel leerer. „Flieg. In die Welt des Friedens, des Glücks. Erlös dich von diesen Schmerzen. Diese Welt ist es nicht wert." Raunte eine Stimme, die verlockend klang, aber andererseits auch pure Abneigung in mir erzeugte. Damian wich einen Schritt zurück und sein Atem stockte. „Diese Welt ist es nicht wert." Raunte die Stimme wieder und ich glaubte, sie kam vom Himmel. Dann atmete Damian tief durch, murmelte etwas Unverständliches und ließ sich fallen. Mein Herz stand still, dann rannte ich zum Vorsprung, sah ihn in den unberechenbaren Wellen verschwinden und zitterte am ganzen Körper. „Damian!" Schrie ich so laut ich konnte und sah nach Oben. Die Silhouette eines Wesens war in den Wolken zusehen. Es war nicht zu beschreiben, aber sein Blick, die Lache, welche über mich einbrach und seine Atmosphäre klang ganz nach einem. Dem Teufel höchstpersönlich. „Nein. Nein!" Schrie ich und stand auf. Die Schwerkraft zog meinen Körper zu Boden, doch ich ging dagegen an. „Wie kannst du nur?!" Schrie ich, sein Blick streifte mich, das hässliche Lächeln verschwand nicht aus seinem Gesicht. „Monster!" Schrie ich lauthals und brach zusammen.
Ein Erdbeben erschütterte die Erde. Nein warte. Kein Erdbeben.
Ich öffnete panisch die Augen und sah Max in die Augen, der mich beinahe ebenso panisch ansah. Ich war schweißgebadet, zitterte am ganzen Körper und durchlebte in etwa alle Gefühle, die es auf diesem Planeten zu fühlen gab. „Tuko hat solange gebellt bis ich aufgewacht bin und du hast so entsetzlich geschrien." Stotterte Max und setzte sich neben mich. Neben ihm streckte Tuko sich über die Bettkante und hörte erst jetzt auf zu bellen. Dann brachen die Tränen über mich hinein und ich weinte. Ich weinte unerbittlich. Voller Überforderung, voller Hass, voller Angst, voller Wut, voller Furcht, rannen sie über meine Wangen und ich ließ die Umarmung von Max nur zu, weil ich nicht in der Lage war mich dagegen zu wehren.
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Mein Vater der Rapper und der Hund namens Tuko
FanfictionJacky. Sie wurde geschlagen, verachtet und bespuckt. Ihr bester Freund hat sich das Leben genommen. Sie kommt ins Heim und lebt mit ihren zurückgebliebenen Wunden der Vergangenheit. Sie will aufgeben, doch dann kommt er. Maximilian Diehn. Ihr Vater...