Privat sind meine Gedanken schon lange nicht mehr
Elaine
Ich hatte meine Lippen zusammengepresst und nickte bestätigend. Im Augenblick traute ich meinen Worten nicht ganz über den Weg. Denn diese neue Situation weckte eine Seite in mir, die mit all dem, was hier geschah, absolut nicht einverstanden war und sich am liebsten einfach komplett aus dem Staub machen würde. Doch ich wollte mich an diese Regeln halten, denn ich verstand den Ernst der Lage. Sollte ich meine Augen vor meinem Problem wirklich verschließen? Nein, das war eindeutig nicht die Lösung dafür.Ich sollte endlich lernen auf die Menschen, Wolfswandler oder Vampire zuhören, die mir nur gutes wollten. Die mir halfen, mich unterstützten und mich vor allem beschützten. Das war der Hauptgrund, warum ich dieses Mal die Regeln einhalten würde. Ich würde sie auf sie hören, auch wenn es mir schwer fiel. »Dann ist gut«, sagte Edward plötzlich.
Natürlich. Er verfolgte meine Gedankengänge. Versuchte herausfinden, ob ich irgendwelche Pläne schmiedete, die mich in Gefahr brachten. Er würde nichts finden.
»Könnt ihr Jake ausrichten, dass wir zurück nach La Push gegangen sind?«, fragte schließlich Embry in die Runde, während Quil unruhig neben ihm stand. Sie hatten sich noch nicht ganz so daran gewöhnt in der Nähe der Cullens zu sein, wie Jake, meine Geschwister und ich. Für uns war es bereits eine Normalität. Gerade aus dem Punkt, dass Bella vielleicht in nächster Zeit unsere Stiefschwester werden könnte.
Ja, um ehrlich zu sein, vermutete ich sogar, dass Charlie bereits mit meiner Mutter verlobt war, doch leider hatte ich noch keinen Beweis dafür gefunden. Obwohl Edward wusste, doch bestimmt etwas darüber. Er sieht mich bereits so auffällig an. Ich würde einfach im Verlaufe dieses Abends einfach mal darauf ansprechen.
»Klar, machen wir«, antwortete Leah schließlich und blickte dabei ausdruckslos zu den Beiden, die sich nun ihren Weg aus dem Haus bahnten. Gut, jetzt waren es nur noch zwei Wolfswandler und acht Vampire im Raum. Anscheinend verringerte sich die Anzahl der Personen im Raum wirklich. Endlich mal etwas gutes für mich. Auch wenn es sich dabei nur um eine Kleinigkeit handelte, die für die meisten Anderen völlig belanglos gewesen wäre.
Das Kichern Nessies war durch das gesamte Haus zu hören, während sich die Anderen wieder ihren Dingen zu wandten. Carlisle fuhr zur Arbeit, während Esme und Rosalie in ihren Zimmer verschwanden. Nur Edward, Emmett, Jasper, Alice, Leah und ich befanden uns noch im Wohnzimmer.
Edward sah sich gemeinsam mit Emmett ein Footballspiel im Fernsehen an, während Alice sich leise mit Leah unterhielt. Jasper hatte sich auf der Couch neben mir platziert, doch ich konzentrierte mich auf meine Schwester. Erstaunt darüber, dass sie ihren anfänglichen Hass gegenüber den Cullens abgelegt hatte und diese nun akzeptierte und respektierte. Für mich war einfach ein schönes Gefühl zusehen, dass meine Schwester auch endlich mal unbeschwert mit einer anderen Frau reden konnte, außer mit mir.
»Du fragst dich sicherlich warum, Emmett und ich uns bereit erklärt haben deine Begleiter zuspielen?«, kam es plötzlich leise von Jasper. Auch wenn es im Moment mehr keine Rolle für mich gespielt hatte, fragte ich mich dessen aber wirklich. Gerade weil ich mit Jasper eigentlich nie so viel zu tun gehabt hatte.
Unauffällig nickte ich. »Ja, dass tue ich.«
Irgendwie erfüllte es mich mit Stolz, dass der sonst so stille und unauffällige Jasper das Gespräch mit mir suchte. Eigentlich war es total unlogisch, dass ich mich so erfreute, doch Jasper hatte etwas so beruhigendes und angenehmes an sich, dass man seine Anwesenheit nicht schlecht finden konnte. Er wirkte kontrolliert und ruhig, zeigte sich stets selbstsicher. Vielleicht lag es ja einfach nur daran, dass er seinen Durst kontrollierte oder es lag einfach an seiner Gabe. Er spürte schließlich alle Gefühle, da sollte man seine eigenen doch beherrschen können, oder?
»Also bei Emmett ist es ja offensichtlich«, meinte Jasper leicht grinsend. Oh ja, das war es auf jeden Fall. Er liebte es einfach seine Kraft zur Schau stellen zu können. Für ihn bedeutete es einfach jede Menge. Aber irgendwie wollte er halt auch herausstechen, während vier seiner Geschwister besondere Gaben hatten, hatte er schließlich nur seine Kraft, weshalb er sie gerne präsentierte.
»Ich hab mich dazu, eigentlich aus einem ganz einfachen Grund, bereit erklärt«, begann er noch immer ruhig, während ich zu ihm sah. »Du strahlst eher eine Ruhe aus. Deine Gefühle zeigen sich zurückhaltender als alle anderen. Selbst Bellas Gefühle spüre ich deutlicher als deine. Es ist manchmal so als würdest du eine Zeit lang nichts fühlen, doch mir bietet es die Chance meine eigenen Gefühle zu spüren. Ich habe so nicht mehr nur die Gefühle der Anderen, die ich wahrnehme«, erklärte er mir, was mich jedoch mehr verwirrte.
Eigentlich fühlte ich immer jede Menge. Gerade in solchen Momenten. »Ich glaube, dass es daran liegt, dass ich gelernt habe meine Gefühle mehr für mich zu behalten. Das muss ich machen seitdem ich mich verwandeln kann, denn meine Gefühle sind noch das einzige, was nicht alle aus meinem Rudel wissen. Meine Gefühle sind noch ganz alleine meine.« Ja. Meine Gefühle konnte ich wenigstens noch für mich behalten. Sie waren einfacher zu kontrollieren als Gedanken.
»Scheint so. Auf jeden Fall ist es für mich um einiges angenehmer in deiner Nähe, statt in Rose.« Er verzog kurz den Mund zu einem unaufälligen, schiefen Grinsen. »Ich liebe sie, als wäre sie meine Schwester, aber sie ist so negativ eingestellt und so habe ich wenigstens immer einen guten Grund um ihre Nähe ein wenig zu meiden.«
Ich verstand, was er meinte. Da hatte er bei mir die besten Chancen, denn Rosalie mied uns Wolfswandler noch immer, obwohl Jake eigentlich seit zwei Jahren fast seine gesamte Freizeit bei ihnen verbrachte, konnte sie sich einfach nicht mit uns abfinden. Übelnehmen tat ich es ihr jedoch nicht. Wir waren halt natürliche Feinde und sollten uns eigentlich ziemlich abstoßend finden, wofür ja schon der Geruch der Vampire für Wolfswandler zeigte (umgekehrt galt dies natürlich auch).
»Also bin ich so etwas wie... Ach mir fällt kein Vergleich ein, aber ich weiß, was du meinst. Sie kommt halt einfach nicht gerne in meine Nähe oder in die meiner Geschwister«, hielt ich fest und musste mir das Grinsen nun wirklich verkneifen. »Halt nicht wirklich in die Nähe von uns Wolfswandlern.« Sie bildete halt den Paul in weiblicher Form und als Vampir.
»Oh ja, das stimmt allerdings. Sie folgt halt mehr ihren Instinkten und traut anderen nicht mehr wirklich über den Weg. Alles wegen ihrer Vergangenheit«, stellte Jasper fest. Er war eigentlich voll in Ordnung. Für so sympathisch hätte ich ihn nicht gehalten, wenn ich nur diese stille Seite von ihm kennen würde.
»Ihr habt halt alle eure Vergangenheit, doch solltet ihr euch vielleicht ein wenig mehr auf das hier und jetzt konzentrieren«, entgegnete ich feststellend. Oh man, das klang gerade viel zu philosophisch.
Leise lachte Jasper auf. »Das könnte eindeutig von Carlisle oder Edward kommen. Solche Dinge sagen die beiden nämlich auch ständig.« Erst jetzt fiel mir auf, dass Edward uns beobachtete. Ich hatte meine Gedanken vergessen. Was er jetzt wohl von mir dachte, obwohl ich hatte bereits viel schlimmere im Sinn gehabt und doch kannte er diesen Gedanken bestimmt.
Es grenzte bereits an einem echten Wunder, wenn Edward mal nicht wusste, was ich dachte, weil eigentlich schaffte er es immer viel zu tief in meinen Kopf einzutauchen. Einmal hatte er mich sogar dazu gebracht an etwas bestimmtes zu denken, weil er herausfinden wollte, wo ich mich befand. Er nutzte seine Gabe, dann halt in manchen Situationen komplett aus. Zum Beispiel, wenn ich mal wieder verschwand und probierte Zeit für mich zu finden. Jedes Mal machte ich meine Rechnung da ohne ihn.
»Da hast du wohl recht«, pflichtete Edward ihm bei und setzte sich dabei zu uns auf die Couch. Ach schienen meine Gedanken nun wieder interessant für ihn zu werden oder waren es eher die Gedanken Jaspers? »Deine«, beantwortete er mir dann gleich.
»Edward. Du weißt, dass man so etwas nicht macht«, ermahnte ihn Jasper, doch mir war es mittlerweile vollkommen egal.
»Ist nicht so schlimm Jasper. Privat sind meine Gedanken schon lange nicht mehr.«
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WolfsBlood
FanfictionZwei Jahre nach dem Tod ihres Vaters verwandelt auch Elaine Clearwater sich zum ersten Mal und muss sich nun langsam an ihr neues Leben gewöhnen. Ihre Geschwister unterstützen sie dabei so gut es nur geht. Schnell jedoch muss Elaine feststellen, das...