Nur wir beide

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Nur wir beide

Elaine

Gereizt war ich aufgestanden und hatte ohne ein weiteres Wort die Küche verlassen. Es verletzte mich, dass sie alle solche Geheimnisse vor mir hatten. Sie so taten als wäre ich ein kleines Kind, was mit den Tatsachen des Lebens nicht klar käme. Doch wer kam schon mit allem klar? Jeder war mal überfordert. Jeder war mal verletzlich. Genau das machte uns doch so menschlich. Ich musste bereits um mein Leben bangen. Wie viele Mädchen mussten das in meinem Alter schon? Welche Mädchen in meinem Alter mussten einen ganzen Stamm beschützen und gegen Kreaturen kämpfen von denen die Mehrheit ihrer Mitmenschen nicht einmal etwas wusste. Man gab mir so viel Verantwortung, aber wenn es um mich selbst ging, wurde mir so viel verschwiegen. War es dann wirklich zu viel verlangt mir die komplette Wahrheit zu verraten? Es war doch mein verdammtes Recht, wenn es auch um mein Leben ging.

Ich hatte keine wirkliche Ahnung, wo ich jetzt hingehen sollte. Ich musste im Haus der Cullens bleiben und in diesem Augenblick wünschte ich mir einfach sehnlichst dieses gottverdammte Haus zu verlassen dürfen. Es fiel mir nur eine Möglichkeit wie ich die Regeln nicht einigermaßen umgehen konnte ohne sie zu brechen und trotzdem raus kam. Entschlossen ging ich die Treppe hinauf und begab mich in das nächste Stockwerk, wobei ich von Paul beobachtet wurde. In diesem Moment war es mir aber egal. 

Ich brauchte frische Luft und ich brauchte Ruhe. Ich bahnte mir weiter einen Weg durch das Haus und fand mich schlussendlich auf dem großem Balkon wieder. Die kühle Luft schlug mir entgegen als ich die Tür öffnete. Erleichtert atmete ich tief ein und ging auf das Geländer, welches sich direkt vor mir befand, zu. Meinen Blick ließ ich dabei über den Wald gleiten. Wie sehr ich das Gefühl von Freiheit bereits nach einer Nacht vermisste. Ich könnte jetzt also nur hoffen, dass sich unser Problem so schnell wie möglich löste. 

Der Duft von Laub und Tannen stieg mir in die Nase, während ich meine Arme auf das Geländer legte um mich abzustützen. Es fühlte sich für einen Moment so befreiend ein. Ein Hauch von Freiheit , auch wenn dieser nur von kurzer Dauer sein mochte. Dieser Geruch erinnerte mich an früher. Als mein Leben bei weitem noch nicht so kompliziert war. Als ich durch den Wald ging ohne mich fürchten zu müssen, weil ich von all dem noch nichts wusste. Als mich dieser ganze Scheiß noch nicht die ganze verfolgt hatte.

Vielleicht sollte ich mir einen Kalender anlegen, wo ich die Tage nacheinander abhacken könnte bis ich endlich einen Teil meiner Freiheit zurück bekam, doch leider war dafür noch kein Termin in Aussicht. Vorerst könnte ich wohl nur vergangen Tage abhacken. Der Gedanke, dass diese ganze Situation sich vielleicht über mehrere Monate hinaus zog, beunruhigte mich zunehmend. Niemals würde ich es solange aushalten.  ›Mein Vater hat nicht vor so lange zu warten‹, ertönte eine Stimme in meinem Kopf. 

Moment. 

Die war mir nur zu gut bekannt. Das war nicht möglich. Er konnte doch gar nicht in der Nähe sein. Was geschah hier gerade? Hatte ich jetzt bereits Halluzinationen? Hatte es meinen Kopf doch schlimmer erwischt als bisher vermutet? ›Du halluzinierst nicht und das weißt du nur zu gut, entgegnete er. 

Ich fand es gruselig, dass seine Stimme in meinem Kopf hallte. Es war einfach noch eine ganz andere Stufe als Edwards Gabe. Eher eine Mischung aus dessen und Nessie. Er drang noch viel weiter in meinen Kopf ein, nahm sich das Recht über meine Gedanken mit mir zu kommunizieren. Er sollte verdammt nochmal aus meinem Kopf verschwinden. Meine Gedanken in Ruhe lassen und diese ganzen Kommentare bezüglich dieser stecken lassen. Er hatte noch weniger Recht dazu wie Edward und noch viel weniger das Recht dazu wie mein Rudel. Es waren schließlich immer noch meine Gedanken und das sollte ihnen auch langsam mal klar werden!

 ›Ich dachte nur, dass es euch interessieren würde, was ich weiß‹, entgegnete er ruhig. Es war mir vollkommen egal, was er zu berichten hatte! Ich wollte meine Ruhe. Wollte alleine sein und vor allem wollte ich einmal nachdenken ohne das jemand meine Gedanken verfolgte! Wieso konnten sie es nicht verstehen?

›Deine fehlende Privatsphäre bezüglich deiner Gedanken sollte im Augenblick dein kleinsten Problem sein.‹ Wie einem das Kopfschmerzen bereitete, wenn eine fremde Stimme in deinem Kopf war. ›Mein Vater sollte dir deutlich mehr Sorgen bereiten, Elaine.‹ Wieso erzählte er mir das überhaupt? Das war bestimmt nur eine Falle um uns zu verunsichern. Um mich in die Finger zu bekommen, genau wie mich die Cullens bereits gewarnt hatten.  Anders ließ sich das Ganze nicht für mich erklären. ›Es handelt sich um keine Falle. Mein Vater weiß nichts von dem hier und er wird auch nichts darüber, sowie über deine ganzen Gedanken erfahren‹, entgegnete er, doch wieso klang es für mich so als hätte das alles einen Haken? Er plante doch irgendetwas. Wegen ihn hatte ich diese ganzen Schmerzen. Wegen ihn mussten sie so auf mich Rücksicht nehmen. 

›Ja. Ich habe eine Bedingung‹, begann er. ›Ich möchte ein Treffen. Nur wir beide. Allein.

Das konnte nicht sein Ernst sein. Erwartete er gerade wirklich dass ich einem Treffen zustimmte? Ich sollte mich alleine mit einer Person, besser gesagt einem Halbvampir treffen, der mich bereits einmal aus dem Hinterhalt angegriffen hatte. Ich wäre verrückt das zutun. Es wäre dämlich und ... Nein, es wäre einfach nur absolut dämlich.

›Du wirst dich darauf einlassen müssen, denn ohne dieses Gespräch wird das für keinen von uns gut enden.Wieso sollte ich dir trauen? Warum solltest du mir helfen wollen? Das klingt absurd. ›Wenn du dich mit mir triffst, erkläre ich dir alles. Alles was du über uns wissen willst, aber dafür musst du mir auch meine Fragen beantworten‹, forderte er. Es war irre, was er von mir verlangte. Alles in mir schrie danach sofort zu verneinen. Es einfach abzulehnen. Den Anderen zu verraten, was gerade hier vor sich ging. Doch ein kleiner Teil von mir wollte wissen, was er zu sagen hatte. Was er mir über den Vampir sagen konnte, der meinen Tod wollte. Der meiner Familie drohte.

Meine Augen suchten den Wald ab. Irgendwo müsste er doch zusehen sein, wenn er in meinen Gedanken sein konnte, konnte er auch nicht weit von hier sein. ›Darf ich das als ein »Ja« verstehen?‹  Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte. Würde ich dem Treffen zustimmen, würde ich zumindest nicht die ganze Zeit bei den Cullens herumsitzen. Ich könnte vielleicht helfen oder im schlechtesten Fall alles noch viel schlimmer machen als es eh schon ist. Ich wusste nicht einmal, wie ich aus dem Haus kommen sollte ohne das einer von ihnen mein verschwinden bemerkt. Vermutlich würde ich jegliches Vertrauen von ihnen verlieren, weil ich mich nicht an die Regeln hielt. Aber ich konnte einfach nicht mehr herumsitzen. Ich musste etwas tun. 

›Morgen Abend?    

Ja.


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